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Schiedsrichter im Mittelpunkt: Auswertung strittiger Szenen – 15. Spieltag | 2. Liga

In der 2. Bundesliga geht es mal wieder ums Handspiel. Außerdem analysieren wir zwei harte Zweikämpfe im Strafraum und eine Entscheidung mit Fußballverstand. Sechs Situationen schauten wir uns genauer an.

1.FC Nürnberg 2:3 FC St. Pauli (SR: Sven Waschitzki)

Zu Beginn eine Szene, die nach dem Regelwerk klar nicht korrekt gelöst wurde: Philipp Ziereis klärte im eigenen Strafraum vor dem einschussbereiten Manuel Schäffler mit dem Bein auf Kopfhöhe. Trotz allem ging es nur mit Eckball weiter und jeder fand sich damit ab. Eigentlich hätte es einen indirekten Freistoß für Nürnberg am Fünfmeterraum geben müssen, was in dieser Szene offensichtlich schräg anmutet. Regeltechnisch hätte es hier einen indirekten Freistoß geben müssen, da der Verteidiger von St. Pauli mit dem Beim auf Kopfhöhe den Ball klärte, dabei aber auch dem Kopf von Schäffler sehr nahe kommt. In der Praxis will hier aber keiner einen Freistoß, sodass weiterspielen im Sinne des Ermessensspielraum des Schiedsrichters die bessere Entscheidung ist. So müssen eben manche Situationen einfach mit gutem Fußballverstand gelöst werden und nicht nur durch das Regelwerk. [TV-Bilder – ab 02:30 Minute]

Lars Ritzka und Erik Shuranov verhakten sich im Strafraum des FC St. Pauli, worauf Ritzka das Bein wegzog und den Nürnberger damit aushebelte. Schiedsrichter Sven Waschitzki ließ weiterlaufen und blieb auch nach Beratung mit VAR Daniel Schlager dabei. Hier hätte auf Elfmeter für Nürnberg entschieden werden müssen. Der Abwehrspieler von St. Pauli zog komplett unnatürlich seinen Fuß nach und brachte so den Nürnberger Angreifer zu Fall. Da kann nur die Absicht gewesen sein, den Nürnberger zu Fall zu bringen. Der Spieler fällt auch natürlich, das Beinstellen ist ursächlich für das Fallen von Shuranov. Aus der Schiedsrichterperspektive ist es kaum zu sehen, aber eine Sache für VAR Schlager. Der muss hier dem Schiedsrichter am Monitor die Hintertorkamera zeigen. Mit dieser Perspektive hätte Waschitzki sicher auf den Punkt gezeigt. Das ist in der Zusammenfassung super zu sehen. Aus der ersten Perspektive sieht man überhaupt nicht, was passiert ist. Über die Hintertorkamera wird es deutlich. [TV-Bilder – ab 04:50 Minute]

SC Paderborn 1:1 Hansa Rostock (SR: Deniz Aytekin)

Calogero Rizzuto bearbeitete Sven Michel im eigenen Strafraum intensiv, worauf dieser zu Boden ging. Schiedsrichter Deniz Aytekin blieb hiervon aber recht unbeeindruckt. Es gab hier zwei eindeutige Kontakte, die auch sicher nicht ganz sauber waren. Beim anschließenden Sturz war es dann auch wohl eher Intuition des Referees, da wenig Dynamik vorhanden war und die Situation irgendwie gewollt wirkte, als ob der Paderborner nur darauf aus war, den Kontakt anzunehmen. Am Ende war es nachvollziehbar, den Strafstoß nicht zu geben. [TV-Bilder ab 01:40 Minute]

Nico Neidhardt bewegte seinen Arm aktiv in eine Hereingabe, was den Strafstoß für Paderborn zur Folge hatte. Klare Situation, die der unmittelbar dahinter stehende Assistent Markus Sinn auch sofort korrekt anzeigte. [TV-Bilder – ab 04:20 Minute]

Karlsruher SC 4:0 Hannover 96 (SR: Robert Hartmann)

Lukas Hinterseer kam nach einer Ecke an den Ball und traf ins Tor. VAR Pascal Müller trübte die Freude allerdings schnell, da er erkannte, dass der Hannoveraner den Ball mit dem Arm berührte. Da jeder Armkontakt des Torschützen mit dem Ball strafbar ist, nahm Schiedsrichter Robert Hartmann das Tor zu Recht zurück. [TV-Bilder – ab 02:30 Minute]

Hamburger SV 3:0 FC Ingolstadt 04 (Timo Gerach)

Rico Preißinger berührte den Ball auf der Strafraumlinie mit dem ausgestreckten Arm, Schiedsrichter Timo Gerach ließ aber weiterlaufen und änderte seine Meinung auch nach Beratung mit VAR Florian Lechner nicht. Ein Handspiel soll nicht strafbar sein, wenn es aufgrund der Laufbewegung entstand. Jetzt könnte man dagegen argumentieren, dass der Ingolstädter hier mit einer solchen Armhaltung genau ein Handspiel in Kauf nehmen würde, aber dann würden wir sicher nie auf eine vernünftige Handspielregelung kommen. Hier lag Schiedsrichter Gerach richtig im Sinne der Spieler, keinen Strafstoß zu geben. [TV-Bilder – ab 00:50 Minute]

Anmerkung: Wir sind auf das Material der Zusammenfassungen angewiesen. Falls euch noch eine Szene aufgefallen ist, schickt uns gerne Videomaterial und wir liefern eine Erklärung nach.

[FS/SS]

Felix Stark

Felix Stark aus Ingolstadt studiert Jura. In seiner Freizeit ist er leidenschaftlicher Fußball-Schiedsrichter, gehörte zum Lehrteam der Schiedsrichtergruppe Ingolstadt und pfeift zudem in der Floorball-Bundesliga. Aus beruflichen Gründen zog es ihn weiter nach Bayreuth. Er ist Teil des IG Schiedsrichter-Kompetenzteam, wo er die Spieltagsanalyse der 2. und 3. Liga übernimmt.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Couchschiedsrichter

    Zum Spiel Nürnberg Sankt Pauli
    Nein!
    Ich begrüße es zwar, dass hier endlich Mal „gefährliches Spiel“ aufgegriffen wird. Allerdings, dass damit zu kommentieren, dass „Weiterspielen im Sinne des Ermessensspielraum des Schiedsrichters die bessere Entscheidung ist“ ist schlicht nicht haltbar.
    Der Schiedsrichter hat die Regeln umzusetzen und nicht zu bewerten Punkt! Liegt gefährliches Spiel vor, hat dies einen indirekten Freistoß zufolge. Dass Regeln von Schiedsrichtern oder Schiedsrichter-Lergängen „interpretiert“ werden, ist mit schon länger ein Dorn im Auge, insbesondere bei dem Thema Handspiel und gefährlichem Spiel.
    Bei Hand wurde über Jahre hinweg auf die Frage nach Absicht verzichtet und nur über Armhaltung oder Ähnliches argumentiert, obwohl die Absicht noch Bestandteil der Regel war. (Bei vielen Handaktionen war ohne Weiteres zu erkennen, dass keine Absicht vorlag, dennoch wurde nur eine Bewertung der Armhaltung vorgenommen.)
    Ähnliches gilt für Gefährliches Spiel. Bei der Umsetzung der Schiedsrichter auf dem Feld könnte man meinen, gefährliche Spiel wäre gänzlich aus dem Regelwerk herausgenommen worden. Tekklings mit Sohle voran etc. sind mittlerweile gängig, ohne dass hier die Regel gefährliches Spiel angewendet wird, ebenso bei Fallrückziehern.
    Die gegebene Begründung, „So müssen eben manche Situationen einfach mit gutem Fußballverstand gelöst werden und nicht nur durch das Regelwerk.“ halte ich für sehr grenzwertig. Hier geht es um den Schutz der Spieler!! Für den Fall, dass der Kopf mit den Stollen getroffen wird, hätte dies mit hoher Wahrscheinlichkeit eine schwerwiegende Verletzung des Gegenspielers zur Folge. Da ist eine Regelauslegung nach dem Motto: Man kann ja Mal ein Auge zudrücken, solange nix passiert, sicher nicht die richtige Einstellung.
    Auch die Begründung, dass sich die Spieler mit der Entscheidung abgefunden hätten ist sehr grenzwertig.
    Bei Herrn Aytekin bzgl. Gelbrot gegen Dahoud gab es eine riesige Disskussion zum Thema Respekt gegenüber den Entscheidungen des Schiedsrichters und jetzt wird argumentiert, solange nicht protestiert wird, passts schon?
    Dies bedeutet doch nichts anderes, als solange der Spieler nicht protestiert, er dann in dieser Situation auch keinen Freistoß bekommt.
    Was möchte man denn nun Spieler die protestieren oder nicht?

    Nur meine Meinung,

    der Couchschiedsrichter

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