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Konferenz fordert VAR – Diskussionen um die klare Fehlentscheidung

Am 24. Spieltag wurden die DFB-Schiedsrichter ordentlich gefordert, insbesondere in der Konferenz gab es in jeder Partie teilweise sogar mehrere spielentscheidende und strittige Szenen. Besonders traf es Schiedsrichter Tobias Reichel, der in der Schlussphase bei Gladbach gegen Wolfsburg dreimal diskutabel entschied und dabei zweimal Unterstützung von seinem VAR Günter Perl bekam.

Bayer 04 Leverkusen – DSC Arminia Bielfeld 3:0 (SR: Martin Petersen)

Große Diskussionen gab es nach einer halben Stunde, als Alario den Führungstreffer für die Werkself erzielte. Der Ball sprang vom Arm Paulinho, der sich selber anschoss zum Torschützen. Ein absichtliches Handspiel lag hier auf keinen Fall vor, allerdings verstanden ganz viele nicht, wieso sich VAR Felix Zwayer nicht wegen eines Offensivhandspiels meldete. Es gab zurecht keinen Eingriff. Die Regel wird zur diese Saison konkretisiert. Ein Handspiel ist nur noch prinzipiell strafbar, wenn es unmittelbar vor dem Tor erfolgte, also der Schütze selber den Ball an den Arm oder die Hand bekommt. Das ist hier nicht der Fall. Über die aktuelle Regelung lässt sich diskutieren, die Entscheidung von Petersen und Zwayer war auf alle Fälle korrekt. [TV-Bilder ab 3:11]

FC Union Berlin – FSV Mainz 05 3:1 (SR: Bastian Dankert)

Der Unioner Angreifer Prömel liegt am Boden und versperrt im entscheidenden Moment eben nicht die Sicht von Zentner auf den Ball.

Eine knifflige Abseitssituation hatten FIFA-Schiedsrichter Bastian Dankert und seine Assistenten Rene Rhode und Marcel Unger schon früh in der Partie zu bewerten. Auf dem Platz entschieden sie sich zunächst dazu, den Treffer von Haraguchi in der siebten Minute nicht zu geben, doch VAR Guido Winkmann meldete sich zurecht und bat die Unparteiischen zum On-Field-Review. Konkret ging es um den Berliner Prömel, der beim Schuss von Haraguchi vor Zentner am Boden saß. Hier galt es am Monitor zwei entscheidende Aspekte zu bewerten. Erstens: War Prömel am Ball? Schwer zu sagen, nach den verfügbaren Bildern ist aber stark davon auszugehen, dass er nicht mehr am Ball war. Zweitens: Griff Prömel aus seiner Abseitsposition heraus in die Partie ein oder behinderte den Mainzer Schlussmann? Nein. Denn Prömel geht nicht zum Ball und befindet sich auch nicht in einem Zweikampf mit einem Gegenspieler. Außerdem ist er nicht in der Sichtlinie des Keepers und behindert diesen auch so nicht, dadurch das er einfach nur da sitzt. Am Ende traf Dankert mit seinem Team die absolut richtige Entscheidung bei einer wirklich kniffligen Abseitsszene. [TV-Bilder ab 0:25]

SC Freiburg – Hertha BSC 3:0 (SR: Sven Jablonski)

Wenige Minuten später in der Konferenz zeigte Schiedsrichter Sven Jablonski in Freiburg auf den Punkt, als Sallai im Zweikampf mit Gechter im Berliner Strafraum zu Fall kam. In der ersten Wiederholung werden hier ziemlich viele auf den Punkt zeigen, da bin ich mir ganz sicher. Auch mir wäre es hier zu gegangen. Doch schaut man sich die Situation besonders im Beinbereich genau an, sieht man, dass nur ein ganz marginaler Kontakt am Oberschenkel vorlag. Am Fuß trafen sich die beiden überhaupt nicht. Und dann passt das Fallmuster von Sallai irgendwie überhaupt nicht mehr zu dem Kontakt. Hier spricht sehr viel dafür, dass die Berührung nicht ursächlich für das Fallen des Freiburger Spielers ist. Weiterspielen wäre auf alle Fälle die bessere Entscheidung gewesen.

Doch jetzt kommt bekanntlich in der Bundesliga noch der VAR ins Spiel. Hätte der Videoassistent Dr. Robert Kampka hier eingreifen müssen? Schwierig zu sagen, denn ein Kontakt liegt vor. Andererseits ist dieser wirklich nicht ursächlich für das Fallen des Spielers. Also würde ich hier durchaus schon von einer klaren Fehlentscheidung sprechen, darüber lässt sich aber im Rahmen des Ermessens des Schiedsrichters diskutieren. Der zweite Punkt ist, dass ich stark davon ausgehe, dass Jablonski aus seiner Perspektive einen Kontakt am Fuß wahrgenommen hat, der aber nicht bestand. Und genau dann hätte Kampka ihn zum On-Field-Review schicken müssen. Ob das wirklich so war, ist an dieser Stelle hier Spekulation. Denn der DFB hat keine Begründung dieser Entscheidung bzw. für den Nicht-Eingriff angeführt und die Kommunikation zwischen Schiedsrichter und VAR ist bekanntlich nicht transparent. [TV-Bilder ab 1:41]

Borussia Mönchengladbach – VfL Wolfsburg 2:2 (SR: Tobias Reichel)

In der Partie zwischen Gladbach und Wolfsburg gab es gleich drei für den VAR besonders relevante Szenen. Die erste betrifft den VfL-Angreifer Max Kruse, der im Gladbacher Strafraum beim Versuch abzuschließen von Kone deutlich an Knöchel getroffen wurde. Eigentlich ein klarer Fall von Treten, doch der Wolfsburger Stürmer läuft erst noch weiter und spielt mit dem getroffenen Fuß danach noch unmittelbar zweimal den Ball. Schiedsrichter Reichel ließ weiterspielen und auch VAR Günter Perl griff nicht ein. Betrachten wir den Kontakt für sich, ist das ein Foul. Das Kruse sich erst später fallen lässt, löst nicht das Treten als Vergehen auf, spricht dennoch dafür, dass der Tritt nicht ursächlich für das spätere Fallen war. Hätte sich nun also VAR Perl melden müssen? Ich denke nicht, denn Reichel hat die Szene wohl auf dem Feld wahrgenommen und da das Treten nicht ursächlich war in der Spielsituation, liegt auch keine Fehlentscheidung vor. Ein Grenzfall. [TV-Bilder ab 6:10]

Perl meldete sich dann wenige Minuten später, als es um die Frage Gelb oder Rot für den Wolfsburger Verteidiger Lacroix ging. Der befand sich zuvor im Zweikampf mit Thuram und spielte den Ball beim Fallen ganz deutlich und absichtlich mit der Hand. Das Handspiel selber ist unstrittig. Doch verhindert er damit eine klare Torchance? Schiedsrichter Reichel entschied sich zunächst komplett gegen eine Karte, war recht unverständlich ist, denn mindestens Gelb für die Verhinderung eines aussichtsreichen Angriffs ist hier recht offensichtlich nötig. Auch das hätte VAR Perl nicht gereicht, denn er schickte Reichel zu Review wegen einer fehlenden roten Karte. Zu dieser entschloss sich der Schiedsrichter dann auch. Am Ende eine nachvollziehbare Entscheidung, da der Gladbacher Angreifer Thuram wirklich durch gewesen wäre. Das Handspiel ist hier ähnlich wie ein Beinstellen zu sehen. War der Eingriff auch korrekt? Ja und zwar in beiderlei Hinsicht. Zum einen ist es eine klare Fehlentscheidung und zu anderen bin ich mir sicher, dass Reichel die Situation im Gesamten nicht komplett und korrekt wahrnahm auf dem Feld.

Doch in der fordernden Schlussphase musste Reichel noch einen weiteren Gang in die Review-Area antreten, als die Gladbacher zunächst über den später 3:2 Führungstreffer in der Nachspielzeit durch Ginter jubelten. Doch lag in der Entstehung ein Foul von Herrmann gegen Roussillion vor, als der Gladbacher im Mittelkreis den Ball eroberte? Ja, recht deutlich. Denn Herrmann trifft hier nicht den Ball, sondern nur den Mann. Roussillion dagegen ist ein Stück vor Herrmann am Ball und trifft ihn letztlich auch ausschließlich. Perl griff hier erneut korrekt ein und Reichel traf am Monitor letztlich die richtige Entscheidung: Kein Tor und direkter Freistoß für den VfL Wolfsburg.

SpVgg Greuther Fürth – 1. FC Köln 1:1 (SR: Robert Schröder)

Hier kam es 20 Minuten vor Schluss zu einer strittigen Strittige Elfmeterszene, als der Fürther Angreifer Dudziak schnell über die linke Seite in den Kölner Strafraum einzog und nach einem Kontakt am Knie mit dem Kölner Verteidiger Kilian zu Fall kam. Schröder entschied hier auf Eckball und zeigte an Ball gespielt, was auf alle Fälle hier nicht stimmte. Es ist am Ende ein Kann-Elfmeter, für den aus meiner Sicht mehr spricht, als für den Strafstoß in Freiburg. Wir befinden uns hier im Ermessensspielraum des Schiedsrichters. Eine klare Fehlentscheidung liegt nicht vor, dennoch deutet das „Ball-Zeichen“ von Schiedsrichter Schröder schon darauf hin, dass er hier einen Kontakt von Kilian am Ball wahrnahm, was eine falsche Wahrnehmung und damit einen Eingriffsgrund darstellen würde. Ob Schröder deswegen selbst bei einem On-Field-Review auf den Punkt gezeigt hätte, ist aber sowieso fraglich. [TV-Bilder ab 6:15]

Fazit: Ein komplexes Wochenende für die DFB-Schiedsrichter in der 1. Bundesliga. Besonders in der Konferenz gab es viele enge Szenen, von denen wieder ein absoluter Großteil, teilweise mit Hilfe des VARs richtig bewertet wurde. Am Ende sind es aber die drei Strafraumszenen in Freiburg, Gladbach und Fürth, die für große Diskussion sorgten und einmal mehr zeigen, dass im Fußball eben ein Ermessensspielraum besteht. Dieser macht es teilweise schwierig Szenen und deren Entscheidungen wirklich zu vergleichen und sorgt dafür, dass der VAR eben aufgrund der nicht vorliegenden klaren Fehlentscheidung nicht eingreifen kann.

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Simon Schmidt

Sportjournalist Simon Schmidt aus Bayern stieg 2020 bei IG Schiedsrichter ein. Seither ist er Mitglied des Kompetenzteams. In seiner Freizeit engagiert er sich als Fußball-Schiedsrichter und ist leidenschaftlicher Fußball-, Formel 1- sowie Technik-Fan.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Thomas Spies

    Berlin Mainz Verständnisfrage Der Torwart konnte das abfälschen des Balles nicht sehen, da der Spieler im Sichtfeld saß . Wird hier nicht passiv zu aktiv? Das er beim Schuß nicht eingreift ist klar.

    1. Simon Schmidt

      Grundsätzlich wäre das so, wenn der Spiele sich allgemein im Sichtfeld des Torwarts befinden würde. Ich bezweifle aber ehrlich gesagt Ihre Feststellung. Denn Prömel liegt hier am Boden, Zentner sieht auch seiner Position aus alles relevante in dieser Szene. Er kann halt schlichtweg nicht mehr reagieren, weil der Ball einfach viel zu nah am Tor vom eigenen Mann abgefälscht wird. Prömel hat hier meiner Ansicht nach keinen Einfluss auf den Ausgang der Szene und wird deshalb auch nicht aktiv. (ss)

    2. Simon Schmidt

      Ich kann hier nur empfehlen das Bild aus der Hintertorkamera zu stoppen, als der Unionen Spieler abschließt und als der Mainzer Verteidiger den Ball berührt und somit abfälscht. Da ist die Sichtlinie zum Ball (um genau die geht es bei der Bewertung der Sichtfeld oder besser Linien Behinderung) nicht durch Prömel versperrt, sondern wenn überhaupt durch den eigenen Mann. Der Unionen Angreifer liegt am Boden und ist dadurch überhaupt nicht in der Perspektive von Zentner. (ss)

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