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Nach Spielabbruch in der Gruppenliga: Ärger mit dem Staffelleiter

Symbolbild: Wegen Regens kein Spiel mehr möglich. [Bild: picturealliance/dpa]
Die Partie in der Gruppenliga Kassel zwischen dem VfR Volkmarsen und dem TSV Mengsberg wurde von Schiedsrichter Durica Dzijan witterungsbedingt abgebrochen.

Wie vielerorts so prasselte auch in der Henkelmann-Arena am Wochenende reichlich Regen herunter – zu viel für den Platz. Bereits schon vor dem Spiel wurden sämtliche große Pfützen (sowie in den beiden Fünfmeterräumen, große Maulwurfshügel entfernt und der neu abgekreidet. Mitte der ersten Halbzeit war der Platz erneut sehr matschig und viele Spieler rutschten aus. Zur Pause entschied dann Schiedsrichter Durica Dzijan vom SV Büren, dass kein kontrolliertes Spiel mehr möglich ist und er die Gesundheit der Spieler gefährdet sehe, da sich auf dem Platz erneut große Wasserlachen bildeten, die

a) auch an den Seitenlinien eine reibungslose Spielleitung für die Assistenten Nicolas Hasse und und Henning Möbius nicht mehr möglich machten und

b) der Ball aufgrund der Wasserlachen an manchen Stellen nicht mehr rollen konnte und durch den strömenden Regen auch aufgehalten wurde.

In der fünfzehnminütigen Halbzeitpause wurde auf Besserung gewartet die aber leider nicht eintrat, sodass sich der Schiedsrichter zum Spielabbruch entschloss. Nun informierte er den Staffelleiter, der daraufhin mit einer Drohung gegenüber dem Unparteiischen reagierte, wenn er dieses Spiel nicht fortsetzen würde, sorge dafür, dass er kein Weiteres in Hessen mehr erhalten werde, schrieb der Unparteiische in einer „IG-Schiedsrichter“ vorliegenden Meldung im Spielbericht. Darauf beendete der Schiedsrichter das Gespräch.

Zum Zeitpunkt des Spielabbruchs lautete das Ergebnis 1:1. Die Volkmarsener waren in der vierten Minute durch Jari Kuhaupt früh in Führung gegangen, und Jannik Herbold erhöhte auch schon auf 2:0, welches zum Ärger des VfR nicht zählte, da der Referee ein vorangegangenes Foulspiel ahndete. Nach einer Viertelstunde konnte Fabian Hett für die Gäste ausgleichen – letztlich alles Makulatur.

Bevor ein Schiedsrichter ein Spiel aufgrund der Platzverhältnisse abbrechen kann, müssen folgende Abbruchkriterien erfüllt sein:

Zunächst müssen  „…alle zumutbaren Mittel, das Spiel fortzusetzen, erschöpft sein“. Zu diesen Mitteln gehört es, die Spielführer zur Fairness und zum Respekt gegenüber der gegnerischen Mannschaft aufzufordern. Bei störenden Einflüssen durch die Zuschauer muss der Ordnungsdienst einschreiten. Und bei einer Verschlechterung der Platzverhältnisse oder einem aufziehenden Gewitter muss der Unparteiische die Frist von 30 Minuten beachten, ehe er das Spiel abbricht. Nicht selten kommt es vor, dass das Sportgericht dem Schiedsrichter nach einem Spielabbruch dennoch anlastet, nicht alle zumutbaren Mittel eingesetzt zu haben, das Spiel ordnungsgemäß fortzuführen.

Das zeigt, in welchem Problemfeld sich der Schiedsrichter befindet und welche Hindernisse sich auftun, wenn er ein Spiel vorzeitig beendet. Das Regelwerk gibt nämlich keine genaue Definition für die Formulierung „alle zumutbaren Mittel“. Die Überlegung, ein Spiel abzubrechen, ist daher situationsabhängig und wird von jedem Schiedsrichter anders gesehen und empfunden.

Funktionäre, Verbandsvertreter und schließlich auch die Sportrichter müssen akzeptieren, dass eine solche Entscheidung in letzter Konsequenz vom subjektiven Empfinden eines jeden einzelnen Unparteiischen abhängig ist. Dennoch gibt es auch eindeutige Vorgaben zum Spielabbruch, an die sich alle Schiedsrichter halten müssen. Diese werden in einem DFB-Lehrbrief deutlich.

Wann darf ein Schiedsrichter abbrechen?

  • Verschlechterung des Wetters, sodass die Platzverhältnisse ein ordnungsgemäßes Spiel nicht mehr zulassen (Wasser auf dem Platz, Blitzeis, Schneefall)
  • Dichter Nebel
  • Irreparable Beschädigung eines Tors
  • Ausfall des Flutlichts

Im Jahr 2008 kam es in der Bundesliga bei der Partie Nürnberg gegen Wolfsburg (Video) zu einem Spielabbruch. Warum es damals nicht weiter ging und was bei einem Spielabbruch zu beachten ist, hat der damalige Schiedsrichter Dr. Jochen Drees auf dfb.de erläutert:

Trainer und Spielführer ins Boot holen

„Ein Spielabbruch ist dann notwendig, wenn das Spiel unter regulären Bedingungen im Sinne des Sports nicht mehr durchgeführt werden kann und natürlich auch, wenn die Gesundheit der Spieler durch die äußeren Einflüsse gefährdet ist.“

Herr Drees, ein Spielabbruch wegen Regens, wie Sie ihn 2008 beim Bundesliga-Spiel in Nürnberg hatten, ist sicherlich die Ausnahme. Warum ging es damals nicht mehr weiter?

Jochen Drees: Nachdem es unmittelbar zu Spielbeginn so heftig angefangen hatte zu regnen, war die Durchführung unter regulären, sportlichen Bedingungen schon zum Ende der ersten Halbzeit grenzwertig. Der Ball blieb in Wasserlachenliegen, wurde bei Pässen unberechenbar schnell, die Spieler hatten keinen festen Stand mehr, und normale Laufwege waren nicht mehr möglich. Auch nachdem wir die Halbzeitpause um 30 Minuten verlängert hatten, war kein Nachlassen des Regens absehbar, und es hatten sich zunehmend Pfützen gebildet – dann musste ich das Spiel damals leider abbrechen.

Was muss man als Schiedsrichter beachten, bevor man zur finalen Maßnahme eines witterungsbedingten Spielabbruchs greift? Wann ist der Punkt erreicht, dass nichts mehr geht?

Drees: Sicherlich dann, wenn das Spiel unter regulären Bedingungen im Sinne des Sports nicht mehr durchgeführt werden kann und natürlich auch, wenn die Gesundheit der Spieler durch die äußeren Einflüsse gefährdet ist. Einen festen zeitlichen Rahmen würde ich aber nicht benennen, wenn sich eine Besserung der Bedingungen abzeichnet. Dann kann es auch länger als 30 Minuten dauern.

Wer darf bei der Frage, ob ein Spiel endgültig abgebrochen wird, eigentlich mitdiskutieren? Kommunizieren Sie vor dieser Entscheidung beispielsweise auch mit Spielern und Verantwortlichen?

Drees: Grundsätzlich ist das die alleinige Entscheidung des Schiedsrichters. Ich würde aber raten, die Trainer und Spielführer, aber auch den Platzwart mit ins Boot zu holen. Je mehr Personen die Gründe für einen Spielabbruch nachvollziehen können, umso größer ist die Akzeptanz dieser sicherlich unpopulären Entscheidung. Aber Vorsicht! Natürlich darf man sich bei seiner Entscheidung nicht von taktischen Überlegungen der Mannschaften – wie Spielstand und verbleibende Restspielzeit – beeinflussen lassen.

Welche Antwort empfehlen Sie auf die Frage, warum ein Spiel abgebrochen wurde, wenn Vereinsverantwortliche oder lokale Medien Sie konkret danach fragen?

Drees: Da würde ich ganz offen die Gründe meiner Entscheidungsfindung kommunizieren. Der Schiedsrichter wird sich die Entscheidung zum Spielabbruch nie leicht machen und braucht da nichts zu verheimlichen.

Auch mit sogenannten „Einflüssen von außen“ haben Sie schon mal Erfahrungen gemacht, als vor acht Jahren bei einem Zweitliga-Spiel in Essen Feuerwerkskörper aufs Spielfeld flogen. Was kann ein Schiedsrichter tun, um trotz Aggressionen von außen ein Spiel über die Bühne zu bekommen und den Spielabbruch zu verhindern?

Drees: Ich würde vor dem Hintergrund einer Gefährdung von Spielern, Offiziellen und friedlichen Zuschauern immer eine Spielunterbrechung anraten und gegebenenfalls auch die Mannschaften vom Feld führen. So entzieht man diesen Chaoten erst einmal die Bühne. Dann würde ich über Vereinsvertreter die Platzordner, den Sicherheitsdienst und die Polizei für Ruhe und Ordnung sorgen lassen.

Bespielvideo Unwetter in Hessen am Wochenende:

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