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Video-Assistenten und die Detektive

Der Traum des HSV von der Rückkehr in die Bundesliga nimmt Konturen an: Die Rothosen gewannen am Donnerstag das Relegations-Hinspiel bei Hertha BSC verdient mit 1:0. 

Was für eine komplexe Szene in der 32. Minute in Berlin! 

Robert Glatzel war im gegnerischen Strafraum nicht vom Ball zu trennen und konnte schließlich aus 13 Metern abziehen. Der Abschluss wurde von Pekarik mit dem Arm abgefälscht und kam extrem scharf aufs Zentrum, wo Christensen trotz Richtungswechsel des Balls mit einem starken Reflex per Fußabwehr klären konnte.

Video-Assistent Dr. Robert Kampka schaute sich die Szene nochmal an. Hat Pekarik den Ball doch mit dem Unterarm berührt und nicht mit dem Oberarm? Harm Osmers wurde zur Seitenlinie zitiert, um sich die sehr knifflige Szene noch einmal anzuschauen. Doch es ging nicht nur um das Handspiel des Berliner Pekarik, sondern auch um einen Kontakt des Balles am Arm des Hamburgers Rohr. Nach mehrmaligen ansehen, traf er zum Jubel der Herthaner die Entscheidung: Kein Handelfmeter und stattdessen gab er einen direkten Freistoß für Berlin rauswärts.

Ganz wichtige Detailarbeit von Dr. Robert Kampka, Schiedsrichter Osmers auch ein mögliches Handspiel des Hamburgers zuvor zu zeigen und nicht nur das Handspiel im Strafraum zu überprüfen.

Zur 1. Situation: Da ist der Arm des Hamburger Spielers nicht unnatürlich weit draußen, der Ball kam wirklich unerwartet und in dem Moment zog er den Arm weg. Es schaute nur etwas komisch aus, weil er ihn danach mit der Hacke spielte. Hier ist deshalb für uns weder eine Absicht zu unterstellen noch eine wirkliche unnatürlich Vergrößerung der Körperfläche, die dazu führt, dass er den Ball spielt.

Zur 2. Situation: Hier ist die Sache etwas anders. Der Berliner Spieler warf sich bewusst in den Ball, um den möglichen Schuss zu blocken. Damit ist sein linker Arm deutlich unnatürlich weit draußen. Somit lag eine Vergrößerung der Körperfläche durch eine unnatürliche Armhaltung vor. Da er den Ball zunächst mit dem Unterarm berührte, ist dieser Kontakt relevant und nicht danach Brust und Oberarm. Somit hätte es regeltechnisch einen Handelfmeter geben müssen.

Das Dilemma von Schiedsrichter und Video-Assistent

Der Video-Assistent war hier auf alle Fälle sehr genau auf der Spurensuche, das Handspiel ist aber in der Spielsituation schon noch unmittelbar und daher für die Überprüfung relevant. Trotzdem stellt sich hier natürlich die Frage, wie viele Zwischenstationen zwischen einer Elfmeterszene und einem Handspiel/Foulspiel im Vorfeld liegen dürfen.

Hertha wurde für das deutlichere Handspiel belohnt und hat so einen Freistoß statt einer gegnerischen Ecke bekommen. Das wirkt auch nicht wirklich gerecht und für uns hätte jeder Zuschauer verstanden, dass das Handspiel von Rohr nicht strafbar war. Insgesamt ist die getroffene Entscheidung nicht wirklich „“what football expect“.

Ein Strafstoß bei vorherigem Handspiel, dass bei vertretbarer Auslegung als strafbar beurteilt werden kann, wäre sicher diskutabler gewesen. Insgesamt keine einfache Szene für Osmers, dies in kurzer Zeit zu bewerten.

Fazit: Der direkter Freistoß rauswärts ist zwar im vorliegenden Fall aus Sicht des Schiedsrichters eine verständliche Entscheidung, aber regeltechnisch nicht gut zu begründen, da keine unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche vorlag. Es wirkte, als wäre Harm Osmers nicht unfroh gewesen, diese Situation zu nutzen, um keinen Elfmeter geben zu müssen, von dem er nicht absolut überzeugt ist. Das Handspiel von Pekarik hat schon deutlich mehr die Kriterien erfüllt, als das von Rohr. Klammern wir mal diese Situation aus, hat Harm Osmers im Spiel dennoch eine gute Leistung gezeigt.

Simon Schmidt

Sportjournalist Simon Schmidt aus Bayern stieg 2020 bei IG Schiedsrichter ein. Seither ist er Mitglied des Kompetenzteams. In seiner Freizeit engagiert er sich als Fußball-Schiedsrichter und ist leidenschaftlicher Fußball-, Formel 1- sowie Technik-Fan.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Robert Schreck

    Ein grundsätzliche Frage zur 2 Scene:
    Wo soll sich der Arm des Spielers befinden wenn er sich in den Schuss wirft?
    Das ist doch eine ganz normale Armhaltung.
    Anders geht es doch nicht.

    1. Arthur Langer

      Das ist fast immer so. Leider ist es dann bei den SR oder VAR Glücksache wie entschieden wird. Meiner Meinung ist mehr als die Hälfte der Entscheidungen falsch. Niemand läuft mit den Armen in der Hosentasche.

  2. Mike Trybusch

    Im Grunde ist es ja egal, wie entschieden wird. Wichtig wäre, dass dann immer gleich geurteilt wird. Ohne diese „Kann“- Handspiel-Entscheidungen gegen den HSV im Nordderby gegen Bremen wäre nämlich der HSV nicht in der Relegation sondern eventuell Bremen. Und der (korrigiert mich, wenn ich was falsches gelesen habe) bekennende Werder Bremen Fan Osmers hätte die Relegation vielleicht nicht pfeifen dürfen. Aber so ist der Sport. Überall, wo 1+1 nicht gleich 2 ist, sondern hier mal 1,5 und da mal 2,5 wird es immer solche Entscheidungen geben. Zum Glück sind wir nicht beim Boxen. Obwohl mache Hertha Aktionen stark an Kickboxer erinnerten.
    Euch allen ein schönes Wochenende

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