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Morddrohungen, Hassbotschaften und „zwei Türen“: Zwayer legt sein Seelenleben offen

Am Freitagabend erschien die aktuelle Folge von „Meine Geschichte“ mit FIFA-Schiedsrichter Felix Zwayer bei Sky. In der Folge erzählt Zwayer von den üblen persönlichen Folgen nach dem Spiel Dortmund gegen Bayern im vergangenen Dezember und deutet sein Karriereende an. Außerdem beteuert er, dass er nie Geld angeboten und angenommen hätte.

Die Anfang der Woche veröffentlichten Teaser der Folge „Meine Geschichte“ mit dem Berliner FIFA-Schiedsrichter Felix Zwayer schlugen in der deutschen Sportszene ein wie eine Bombe. Zum ersten Mal sprach Zwayer mit einem Journalisten. Das Exklusiv-Interview bekam der Sky-Moderator Riccardo Basile mit seinem Format „Meine Geschichte“. Zuvor traf er in diesem Format bereits die Bundesliga-Schiedsrichter Deniz Aytekin, Manuel Gräfe und Patrick Ittrich.

Das Gespräch lässt sich in zwei Teile strukturieren. Im ersten geht es um das Spiel Borussia Dortmund gegen Bayern München [TV-Bilder] im Dezember und der persönlichen Folgen daraus für Felix Zwayer. Im zweiten spricht Basile Zwayer auf seine Beteiligung im Hoyzer-Skanal und das DFB-Urteil gegen Zwayer [DFB-Sportgerichtsurteil] damals an.

Im ersten sehr emotionalen Teil beschreibt Zwayer die Folgen nach der Spielleitung im Dezember. Er wurde von der Polizei Berlin über eine Morddrohung gegen seine Familie in den sozialen Netzwerken informiert und musste zahlreiche üble E-Mails ertragen. Der Moment als er zum Europa League-Spiel am Mittwoch darauf abreiste und seine Frau in Tränen ausbrach sei für ihn immer noch unbeschreiblich. Als Schlussfolgerung zieht Zwayer, dass es so alles keinen Sinn mehr mache. Er nehme sich jetzt erstmal so viel Zeit wie er brauche und werde dann eine Entscheidung treffen, ob er seine Karriere fortsetzt. Die Beschreibung von Zwayer deutet aber doch auf alle Fälle daraufhin, dass er einem Karriereende aktuell nicht ablehnend gegenüber steht.

Ich hab vor mir einen Raum der hat zwei Türe. Der eine Weg führt mich zurück auf den Fußballplatz und der andere Weg führt mich in ein ganz tolles erfülltes Privatleben, ohne diesen Druck, ohne diesen Stress.“

FIFA-Schiedsrichter Felix Zwayer

Erwägt nach dem Spiel Dortmund gegen Bayern die Pfeife an den Nagel zu hängen.

Die Entscheidung werde er mit den Menschen, die ihm am nächsten stehen ohne Druck frei treffen. Bis heute wünsche er sich noch ein persönliches Gespräch mit Jude Bellingham. Er finde es schade und fühle sich vom BVB missverstanden. Das Gespräch hat BVB-Geschäftsführer Hans Joachim Watzke bisher abgelehnt, da Zwayer diesen Wunsch auch gegenüber der Bild-Zeitung geäußert hat. Diese Begründung könne er nicht verstehen.

Am Samstag kündigte Watzke vor dem Spiel des BVBs gegen Hoffenheim an, dass sie Zwayer nun doch kontaktieren werden, um eine Aussprache herbeizuführen. Fraglich ist nur, ob es für ein Comeback nicht schon zu spät. Es ist zu befürchten, dass er im Falle eines Comebacks von Teilen der Fanszene nicht mehr akzeptiert wird und sein Auftreten zum Spießrutenlauf werden.

Die Aussage von Jude Bellingham hält er für nicht hinzunehmbar. Es sei eine sehr sehr schlimme Anschuldigung. Die Bestrafung durch den Verband sieht er als unerlässlich an.

Die 40.000 € helfen keinem Menschen und schaden auch keinem Menschen. Ich fände es besser, wenn man es initiiert, dass die Beteiligten über die Sache sprechen.

FIFA-Schiedsrichter Felix Zwayer

Über die Anschuldigung vom BVB-Spieler leitet Basile für die letzten zehn Minuten der Folge über zum Hoyzer-Skanal (zweiter Teil des Gesprächs).

Zwayer spricht in der Folge über die beiden Andeutungen von Robert Hoyzer gegenüber ihm, die man seiner Meinung nach heute einordnen können, ohne das Wissen damals aber zu umkonkret gewesen sein. Er habe zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht wahrgenommen, dass Hoyzer mit ihm ein Spiel manipulieren wolle. Die zweite Andeutung von Hoyzer gab es in einem Anruf bei einem Spiel, wo Zwayer aber nicht Hoyzer beteiligt war. Hoyzer soll die Aussage getroffen haben: „Bis jetzt passt mein Schein.“ Zwayer habe Hoyzer damals abgewiesen und gesagt, er solle ihn in Ruhe lassen. Dennoch sei es ein Fehler gewesen es nicht früher anzusprechen und ihn nicht früher zu konfrontieren. Zwayer widerspricht jedoch danach den Fakten im Urteil des DFB-Sportgerichts.

Robert hat mir niemals Geld angeboten und auch niemals Geld gegeben.

FIFA-Schiedsrichter Felix Zwayer

Das Urteil hat Zwayer dennoch akzeptiert. Ein Brief seines Anwalts an den DFB offenbart, dass Zwayer damals das Urteil alleine aus „verfahrenstechnischen Erwägungen“ akzeptiert habe. Hoyzer gab an, Zwayer das Geld ohne weitere Beteiligte in einem Hotelzimmer übergeben zu haben. Somit steht hier Aussage gegen Aussage und es gäbe wohl keinen weiteren Beleg. Für Zwayer sei es damals laut eigenen Aussagen aussichtslos gewesen, seine Unschuld zu beweisen. Da das Urteil auch beinhaltet, dass ihm keine Spielmanipulation nachgewiesen werden konnte und er die Schiedsrichtertätigkeit wiederaufnehmen könne, hat er dieses Urteil akzeptiert. Nach dieser Aussage endet das Gespräch nach ungefähr 28 Minuten.

Am Samstag äußerte sich der Geschäftsführer Sport und Kommunikation der DFB Schiri GmbH Lutz Michael Fröhlich zu den Aussagen von Felix Zwayer bei „Meine Geschichte“. Er spricht gegenüber Felix Zwayer „volle Unterstützung vom DFB aus, egal wie lange er sich Zeit nehmen möchte und wie die Entscheidung am Ende ausfällt„. Die Ereignisse nach der Partie Dortmund gegen Bayern hält er für „nicht akzeptabel“. Laut Fröhlich „stimmt etwas grundsätzlich in der Gesellschaft nicht mehr, wenn ein Schiedsrichter nach einer Spielleitung Morddrohungen erhält„. Das ganze Statement findet Ihr hier.

Fazit: Insgesamt eine sehr konstruktive und gute Folge von „Meine Geschichte“ die etwas Licht ins Dunkle bringt. Allerdings wirft das Format zwischendurch mehr Fragen auf, als es insgesamt beantwortet. Gerade der Hoyzer-Skandal hat einen Umfang, der in kein 30 Minuten TV-Format passt.

Die ganze Folge von „Meine Geschichte findet ihr hier.


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Simon Schmidt

Sportjournalist Simon Schmidt aus Bayern stieg 2020 bei IG Schiedsrichter ein. Seither ist er Mitglied des Kompetenzteams. In seiner Freizeit engagiert er sich als Fußball-Schiedsrichter und ist leidenschaftlicher Fußball-, Formel 1- sowie Technik-Fan.

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