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Schiedsrichter im Mittelpunkt: Auswertung strittiger Szenen – 1. Spieltag | 3. Liga

Bereits am ersten Spieltag gab es aus Schiedsrichtersicht viele interessante Szenen zu bewerten. Dabei gehen wir regeltechnisch, bzw. spieltaktisch in die Tiefe und hoffen, dabei ein wenig das Verständnis erweitern können, warum die Unparteiischen entsprechend entschieden haben. Insgesamt schauten wir uns sieben Szenen genauer an.

TSV 1860 München 1:0 Würzburger Kickers (SR: Franz Bokop)

Löwen-Keeper Tom Kretzschmar legte sich den Ball zum Abstoß bereit und berührte ihn dabei, als er bereits ruhig lag, noch einmal mit dem Fuß. Dann schlug er den Ball gegen anlaufende Kickers weg. Schiedsrichter Franz Bokop unterbrach das Spiel und verhängte einen indirekten Freistoß für Würzburg wegen zweimaligem Spielen des Balles.
Hierzu sagt das Regelwerk zwar schon, dass entsprechende Sanktion zu treffen ist. Vorgelagert stellen wir uns allerdings eine andere Frage: War der Ball denn überhaupt schon im Spiel? Ein Ball befindet sich im Spiel, wenn er mit dem Fuß gespielt wird und sich eindeutig bewegt.

Klar lässt sich eine eventuell minimale Rollbewegung im TV-Bild schwer erkennen. Wir können hier jedoch keine solche ausmachen und damit wäre auch keine Spielstrafe in Form des indirekten Freistoßes möglich gewesen. Vielmehr hätte der Abstoß aufgrund der anlaufenden Angreifer wiederholt werden müssen. Abgesehen davon verhielt sich Bokop hier nicht wirklich clever: Auch aus taktischer Sicht setzt man sich in der Spielleitung unter Druck, wenn man mit solch unklaren Entscheidungen eingreift. Was auch immer Kretzschmar und sein Verteidiger tun wollten, nach einem Abstoß sah das jedenfalls nicht aus. Als Unparteiischer kurz Präsenz zeigen, die Angreifer aus dem Strafraum zu schicken und die Verteidigung an die zeitgerechte Spielfortsetzung zu erinnern, wäre empfehlenswert gewesen. [TV-Bilder – ab 02:50 Minute]

Merveille Biankadi drang in den Würzburger Strafraum ein und wurde von Leon Schneider bedrängt. Dann kam der Angreifer zu Fall, erhielt den gewünschten Strafstoßpfiff aber nicht. Vielleicht würden die Angreifer ja mal mehr Strafstöße erhalten, wenn sie nicht immer meinen würden, es den Unparteiischen verdeutlichen zu müssen. So kann man Schiedsrichter Bokop hier gut verstehen, wenn er auf die Annahme des Beins von Schneider nicht einging, denn Biankadi musste hier noch nicht fallen. Nachvollziehbare Entscheidung, das Spiel laufen zu lassen! [TV-Bilder – ab 01:30:30 Minute]

Wenig später lief Biankadi erneut in den Strafraum und wurde von Christian Strohdiek gestellt. Wieder blieb die Pfeife von Bokop stumm und dieses Mal lag er klar richtig. Handelsübliche Härte des Würzburgers, bei der keinerlei aktives Stoßen, oder Beinstellen zu erkennen ist. [TV-Bilder – ab 01:52:50 Minute]

FSV Zwickau 1:2 Borussia Dortmund II (SR: Nico Fuchs)

Immanuel Pherai blieb in zwei Kopfballduellen hartnäckig und holte sich jeweils den Ball, den er im gegnerischen Strafraum nochmal bekam und ins Tor schoss. Doch waren die vorausgehenden Zweikämpfe sauber? Schiedsrichter Nico Fuchs erkannte jedenfalls kein Foulspiel und lag damit im Bereich des möglichen! Natürlich ist es aber auch schwer, bei der Bewertung von Zweikämpfen im Mittelfeld auf Einzelszenen einzugehen, denn diese liegen im Bereich der Linie des Unparteiischen. Damit stehet ein Bewertungsrahmen zur Verfügung, über den die Aktionen von Pherai, der einfach entschlossener als seine Gegenspieler war, keinesfalls hinausgingen. Absolut vertretbar, das Spiel weiterlaufen zu lassen! [TV-Bilder – ab 01:10 Minute]

Niklas Dams kam gegen den durchgebrochenen Lars Lokotsch eindeutig zu spät und sah für sein Foulspiel die rote Karte wegen der Verhinderung einer klaren Torchance. Korrekte Entscheidung von Schiedsrichter Fuchs, denn es konnte kein weiterer Verteidiger mehr eingreifen und auch die leicht nach links gerichtete Laufrichtung des Zwickers war immer noch zentral genug, um von Zug zum Tor zu sprechen. [TV-Bilder – ab 03:30 Minute]

1.FC Kaiserslautern 0:0 Eintracht Braunschweig (SR: Dr. Martin Thomsen)

Michael Schultz grätschte gegen Jean Zimmer und traf hierbei eindeutig den Ball, ehe er im Rutschen seinen Gegenspieler schmerzhaft am Oberschenkel traf. Schiedsrichter Dr. Martin Thomsen ließ weiterlaufen, was nachvollziehbar war. Die Aktion fand an einem Ort statt, wo ein Foulspiel an eine „Notbremse“ erinnern würde. Zimmer konnte allerdings zu keiner Zeit eine Chance kreieren, denn der Ball war ganz wo anders. Zudem spielte Schultz eindeutig den Ball und der folgende Kontakt war eher in der Kategorie „Unfall“ einzuordnen. Technisch gesehen kann man zwar ein Foul pfeifen, praktisch gesehen halten wir es aber mit Thomsen, der das Spiel laufen ließ. [TV-Bilder – ab 01:55:10 Minute]

FC Viktoria Berlin 2:1 Viktoria Köln (SR: Florian Exner)

Nach einem weiten Einwurf bekam Lukas Pinckert den Ball an den Arm, worauf die Gäste Strafstoß forderten. Schiedsrichter Florian Exner beeindruckte das wenig, denn hier lag nichts Strafwürdiges vor. Denn der Berliner legte seinen Arm so weit, wie möglich an und die vorherige Armhaltung lässt sich mit der Körperbewegung erklären. Korrekte Entscheidung! [TV-Bilder – ab 02:09:40 Minute]

Felix Stark

Felix Stark aus Ingolstadt studiert Jura. In seiner Freizeit ist er leidenschaftlicher Fußball-Schiedsrichter, gehörte zum Lehrteam der Schiedsrichtergruppe Ingolstadt und pfeift zudem in der Floorball-Bundesliga. Aus beruflichen Gründen zog es ihn weiter nach Bayreuth. Er ist Teil des IG Schiedsrichter-Kompetenzteam, wo er die Spieltagsanalyse der 2. und 3. Liga übernimmt.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Marco Werner

    Schultz zieht in der Situation absichtlich das Bein hoch um Zimmer zu treffen deutlich zu erkennen keine Notbremse aber ein Foul zu 100 Prozent.

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