Das Landesarbeitsgericht Köln eröffnet Schiedsrichtern des Deutschen Fußball-Bundes die Chance, ihre Forderungen gegen den Verband auf juristischem Weg durchzusetzen.
Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit einer wegweisenden Entscheidung den Rechtsweg für DFB-Schiedsrichter zu den Arbeitsgerichten frei gemacht. Laut eines nun veröffentlichten Urteils vom 16. Juni sollen Referees etwaige Forderungen gegen den Deutschen Fußball-Bund künftig auf juristischem Weg einklagen dürfen. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig, da das Gericht eine Rechtsbeschwerde zugelassen hat.
Angestoßen hatte dies mit Francisco Lahora ein 28 Jahre alter Unparteiischer, der wegen seines Alters im Vorjahr nicht für die DFB-Schiedsrichterliste in der 3. Liga vorgeschlagen worden war. Deshalb hatte der Referee einen Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geltend gemacht.
Der DFB bestritt die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte und begründete dies damit, dass auch im Fall der Aufnahme in die Schiedsrichterliste kein Arbeitsverhältnis begründet worden wäre. Das Landesarbeitsgericht Köln kam nun jedoch zu der Auffassung, dass das vom Kläger angestrebte Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sei, da eine persönliche Abhängigkeit vom Verband bestehe.
Die Begründung des Landesarbeitsgerichts: https://www.justiz.nrw/presse/2025-07-21
Die im sportlichen Leistungsbereich unwissenden Juristen des Landesarbeitsgerichts Köln geben durch ihre Entscheidung allen Schiedsrichtern einen Freibrief, die sich im Stande fühlen bis 55 oder länger in der Bundesliga pfeifen zu können. Eine unhaltbare Entscheidung, die von der nächsthöheren Instanz mit Sicherheit kassiert wird.
Das Urteil bedeutet auch, der DFB darf keine Auswahl der Qualifikation eines Schiedsrichters mehr vornehmen, was das Leistungsprinzip völlig aushebelt. Jeder DFB-Schiedsrichter könnte fortan eine höhere Einstufung in die Bundesliga einklagen. Totaler Schwachsinn. Wo haben diese Juristen irgendwann ihr Staatsexamen abgelegt?
Beispiel: Manuel Gräfe kann jetzt seine Forderung an den DFB noch über das 52. Lebensjahr ausdehnen, wenn er sich, wie er mehrfach gesagt hat, weiterhin in der Lage fühlt, ganz oben zu pfeifen.
Eine juristisch äußerst interessante Fragestellung ergibt sich im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot gemäß AGG in diesem Fall auch, sollte die rechtliche Einordnung des Profi-Schiedsrichterwesens als Arbeitsverhältnis rechtskräftig bestätigt werden, beispielsweise insbesondere aufgrund der wirtschafltlichen Abhängigkeit. In einem solchen Fall wären die arbeitsrechtlichen Bestimmungen – insbesondere auch die des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes – uneingeschränkt anwendbar. Dies hätte weitreichende Implikationen für die geschlechterübergreifende Einsatzpraxis im Profifußball. Da bereits weibliche Schiedsrichterinnen in der Herren-Bundesliga tätig sind, könnte aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz unter Umständen abgeleitet werden, dass auch männliche Schiedsrichter grundsätzlich zur Leitung von Spielen in der Frauen-Bundesliga berechtigt sein müssten. Die derzeitige Praxis, wonach ausschließlich weibliche Schiedsrichterinnen im Profibereich der Frauen-Bundesliga als Scheidsrichterinnen eingesetzt werden, könnte daher auf ihre Vereinbarkeit mit dem Diskriminierungsverbot nach § 7 AGG überprüft werden. Ein solcher Punkt birgt erhebliches rechtliches Konfliktpotenzial und dürfte in der arbeitsrechtlichen und gleichstellungsrechtlichen Diskussion noch für erhebliche Dynamik sorgen…… Das wird spannend!!!
Jan B.: Den Sachverhalt sehr genau erklärt. Ich möchte wissen, ob der DFB oder die DFL nach diesem Urteil überhaupt noch die Kontrolle über den Schiedsrichterbereich ausüben können. Man stelle sich vor, ein Schiedsrichter klagt gegen eine Spielansetzung, weil ihm diese nicht gefällt und erhebt die Forderung, ein höherklassiges Spiel zu bekommen.
@Dieter Albrecht: Eine derartige Klage, wie von dir beschrieben, würde ja nur zugelassen werden, wenn es Punkte gibt, die beispielsweise AGG betreffend nicht rechtskonform sind. Über Leistung lässt sich ja ein Aufstieg, Abstieg oder auch Nichtaufstieg korrekt begründen. „Einfach nach oben klagen“, ist daher nicht. Es muss schon eine entsprechende Untermauerung mit rechtskonformen Begründungen sein, die einen entsprechenden Rechtsverstoß bspw. gegen das AGG darstellen.
@Dieter Albrecht: Wo das Urteil nach deiner Aussage jedoch das Leistungsprinzip aushebelt, erschließt sich mir nicht.
Das ist rechtlich, wenn es durchgehen sollte, auch ausschließlich auf den Profi-Bereich anwendbar, sprich ab 3. Bundesliga aufwärts. Im Amateurbereich gibt es keine Vertragsverhältnisse zwischen Verband und Schiedsrichter*innen.
Jan Beck, es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, könnte aber durchaus Nachahmer finden. Gibt es denn überhaupt arbeitsrechtliche Vertragsverhältnisse? Speziell in der 3. Liga gibt es alljährlich eine hohe Fluktuation beim Auf- und Abstieg. Das Problem ist nur so zu lösen, dass alle Schiedsrichter – als Profis – vom DFB/DFL als Angestellte beschäftigt werden.
Weitere Fragen: Kann einem Schiedsrichter gekündigt werden, wenn er den Leistungsansprüchen nicht genügt? Wie lange darf er pfeifen? Gibt es eine Höchstaltersgrenze? Hat das Gericht all diese wichtigen Punkte auch berücksichtigt?
Es gibt keine vertraglichen Anstellungsverhältnisse im Profi-Bereich bei den Schiedsrichtern. DFB-Schiedsrichter sind vertraglich nicht angestellt. Es gibt Verträge, aber auch diese bestätigen das, dass es sich nicht um eine Angestelltentätigkeit handelt. Das Urteil sieht aber aufgrund der Gesamtumstände und weiteren, nicht vertraglich geregelten Rahmenbedingungen einige Punkte, die eine Arbeitnehmereigenschaft fiktiv begründen können. Weiter damit einhergehend würden sich, wenn das Urteil rechtskräftig wird, noch viele Fragen auftun, die ggf. arbeitsrechtlich zu bewerten sind.