Du betrachtest gerade Wie der VAR den Schiedsrichter rettete – ohne es zu dürfen

Wie der VAR den Schiedsrichter rettete – ohne es zu dürfen

Die Szene war nicht spielentscheidend, aber kurios: Beim 6:0 des FC Bayern gegen RB Leipzig erzielten die Gäste ein Tor, das Minuten später doch nicht zählt – zu Recht.

Die Szene spielte sich in der 66. Minute in der Bundesliga-Auftaktpartie zwischen dem FC Bayern und RB Leipzig ab. Die Leipziger bekamen einen Freistoß in der eigenen Hälfte zugesprochen. Abwehrspieler Castello Lukeba führte den direkten Freistoß aus – aber nicht korrekt. Statt den ruhenden Ball direkt zu einem Mitspieler zu spielen, legte er ihn sich ein paar Mal selbst vor und führte fast ein kleines Dribbling aus. Erst dann bugsierte er die Kugel lang nach vorne, wo Antonio Nussa das vermeintliche Tor für Leipzig erzielte.

Schiedsrichter Florian Badstübner und das komplette Schiedsrichter-Team hatten den Regelverstoß bei der Ausübung des Freistoßes aber übersehen – der Treffer zählte zunächst. Vielen im Stadion fiel der Fehler nicht auf. 

Die Bayern-Profis auf dem Feld um Joshua Kimmich hatten die Mogelei aber mitbekommen und beschwerten sich nach dem Tor heftig beim Schiedsrichter. Daraufhin nahm Badstübner den Treffer zurück. Zwischen Tor und Rücknahme vergingen über vier Minuten.

Das Schiedsrichter-Team beugt die Regeln – ein wenig
„Ich habe schon gemerkt, dass der Schiri nach dem Freistoß angepfiffen hat und der (Leipziger) Spieler einfach los gedribbelt ist. Da habe ich gedacht, das geht doch nicht“, erzählte Kimmich nach dem Schlusspfiff. „Am Ende bin ich schon froh, dass er den Mut hatte, das zurückzunehmen. Kimmich sah für sein energisches Reklamieren die gelbe Karte.
Was den Fall kurios macht, ist die Tatsache, dass das Schiedsrichter-Team sich erst beim Video-Assistenten erkundigen musste, ob ein Regelverstoß vorlag. Der VAR Tobias Welz bestätigte den Verstoß. Doch nach den Regeln durfte der VAR gar nichts zu der Szene sagen. Das war auch Grund, warum er sich vorher nicht zu Wort gemeldet hatte.
Das VAR-Protokoll sieht lediglich die Überprüfung der Angriffsphase vor einem Treffer auf relevante Verstöße zu. Ein Freistoß aus der eigenen Hälfte, der erst nach mehreren Ballberührungen zum Tor führt, gehört nicht dazu. „Die anschließende Torerzielung ist vom VAR gecheckt worden, aber die Art der Ausführung eines Freistoßes im Vorfeld eines Tores zu überprüfen, gehört streng genommen nicht zu seinen Aufgaben“, bestätigte Alexander Feuerherdt als Leiter Kommunikation und Medienarbeit der DFB Schiri GmbH dem „Kicker“.
Szene ist nicht spielentscheidend für FC Bayern
Doch Badstübner und sein Team waren kreativ, um ihren Fehler zu korrigieren. Der Unparteiische lief erst zu seinem Assistenten Markus Schüller am Spielfeldrand und fragte ihn „offiziell“, ob er einen Regelverstoß gesehen hätte. Schüller (er wusste wohl über Funk durch den VAR, dass es ihn gegeben hatte) sagte etwas und Badstübner annullierte das Tor der Leipziger.
Strenggenommen unterlief Badstübner bei der Spielfortsetzung ein weiterer Regelverstoß. Er zeigte an, dass der Ball bei Lukebas Ausführung nicht geruht habe und gewährte Leipzig eine Wiederholung des Freistoßes. Richtig wäre aber ein indirekter Freistoß an selber Stelle für die Bayern gewesen, da die Bilder zeigen, dass der Ball ruhte und die folgende Mehrfach-Berührung des Balles von Lukeba sicher nicht unabsichtlich passierte.
Am Ende hatte der Vorfall keine Bedeutung. Als Leipzig das vermeintliche Tor erzielte, lag das Team mit 0:4 zurück. Am Ende stand eine Klatsche von 0:6 für die Sachsen.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Achilles Franke

    Sorry, aber Regelverstoß bleibt Regelverstoß. Erst recht bei zweien hintereinander. Klar passieren Fehler, auch vom Schiri-Gespann. Aber es bleiben Fehler. Die nicht mit „war ja nicht spielentscheidend“ klein geredet werden können. Das ist überhaupt ein Argument, das nur der Fehlermacher und die Siegermannschaft nutzt. Keiner weiß, wie ein Spiel sich nach einer anderen Entscheidung weiterentwickelt hätte.

  2. Abdullah

    Brutal wie da einfach der Assistent und der vierte Offizielle geschlafen haben. Ich gehe mit das ein Regelverstoß ein Regelverstoß ist und das man das nicht klein reden sollte, aber das Spiel wäre niemals gekippt

    1. Achilles Franke

      Okay, dann können wir ja zukünftig auch einfach jedes Spiel nach einem, ich sag mal 3:0 abpfeifen. Passiert ja eh nichts mehr.

  3. Christian Anders

    Also der Regelverstoß war doch nicht die Ausführung des Freistoßes an sich, sondern der zweite Kontakt des selben Spielers, oder liege ich da falsch? Dieser gehört dann auch unmittelbar zum Angriff, der zum Tor führte und müsste daher meines erachtens auch zu einem Eingriff des VARs führen dürfen. Ich kann die Aussage des DFBs daher nicht nach vollziehen. Oder gibt es aktuell andere Anweisungen, wann und wie dee VAR eingesetzt wird? Ein Doppelkontakt beim Elfmeter führt doch auch zum Eingriff vom VAR!?

  4. Robin Schiroky

    Aus regeltechnischer Sicht war der Eingriff des VAR in dieser Situation nicht korrekt. Einerseits erfolgte die Intervention ohne ausreichende Grundlage für einen sogenannten „klaren und offensichtlichen Fehler“, sodass bereits hierin der erste Regelverstoß zu sehen ist.

    Darüber hinaus wurde die anschließende Spielfortsetzung falsch gewählt. Anstelle einer Wiederholung hätte die Partie gemäß den Fußballregeln mit einem indirekten Freistoß für den FC Bayern München fortgesetzt werden müssen. Grund dafür war das zweimalige Spielen des Balles durch denselben Spieler, ohne dass ein anderer Akteur den Ball berührte. Dieses Vorgehen stellt einen klaren Verstoß gegen die Ausführungsbestimmungen dar und ist zwingend mit einem indirekten Freistoß zu ahnden.

    Damit lagen in der Szene zwei Regelverstöße vor: erstens die nicht gerechtfertigte VAR‑Intervention und zweitens die regelwidrige Spielfortsetzung.

    1. Karsten Dähn

      Also, ich verstehe immer noch nicht, warum überall der VAR-Eingriff als nicht korrekt und somit als Regelverstoß angesehen wird. Ich habe mir heute extra das VAR-Protokoll im Regelwerk zu Gemüte geführt. Dort steht, daß folgende Vorfälle überprüft werden dürfen bzw. sollen:
      „Vergehen durch das angreifende Team beim Herausspielen oder Erzielen eines Tors (Handspiel, Foul, Abseits etc.)“
      Da der Leipziger Spieler sofort nach der fehlerhaften Freistoßausführung den langen Pass auf den Torschützen spielt, sehe ich dies als gegeben (Vergehen beim Herausspielen eine Tores) an und damit auch den bzw. einen VAR-Eingriff als gerechtfertigt.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.