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Anton Dinslaken, Schiedsrichter beim Fussballverband Mittelrhein, (📸 fupa.net)

Provinzposse in Heinsberg

Eine Provinzposse hat sich jüngst im Fußballkreis Heinsberg im Verband Mittelrhein ereignet. Der Schiedsrichter des Kreisligaspiels VfL Übach-Boscheln gegen SV Scherpenseel-Grotenrath II (1:3), wurde von einem Verantwortlichen des Heimvereins beschuldigt, am Spielfeldrand durch unsportliches Verhalten auffällig geworden zu sein.

Ihm wurde zur Last gelegt, sich in der Halbzeitpause im Gespräch der Gästemannschaft zugewandt, eine Zigarette geraucht und dazu einen Glühwein getrunken zu haben.

Der Verein Übach-Boscheln legte Beschwerde beim Staffelleiter ein, der diese sogleich an den Schiedsrichterausschuss und das Sportgericht des Kreises Heinsberg weiterleitete. Schiedsrichter Anton Dinslaken aus Baesweiler bestätigte den Konsum der Zigarette, wies aber den Vorwurf des Genusses eines alkoholischen Getränkes strikt zurück. Er habe nur kurz am Becher genippt. Dabei bemerkte er, dass es sich um Glühwein handelte und habe diesen nicht getrunken.

Der Kreisschiedsrichterausschuss Heinsberg hätte den Fall mit einer Zurückweisung der ohne Beweise geführten Beschwerde erledigen müssen. Es ist absolut üblich, dass sich jeder Schiedrichterausschuss ausnahmslos hinter seine Schiedsrichter stellt. Nicht so im Kreis Heinsberg. Der Fall wurde an die große Glocke gehängt und dem Kreissportgericht zur Entscheidung überlassen.

Was nun passierte, kann eher als eine Geschichte aus dem Tollhaus bezeichnet werden. Das KSG setzte auf Antrag des Angeschuldigten eine mündliche Verhandlung an, zu der mehrere, von beiden Seiten benannten Zeugen geladen wurden, die zuvor bereits eine schriftliche Aussage gemacht hatten. Damit nicht genug: Sowohl der Beschwerdeführer als auch der betroffene Schiedsrichter beauftragten dazu noch einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen.

Die mündliche Verhandlung nahm einen Zeitraum von mehr als zwei Stunden ein. Das Ende gleicht dem bekannten Hornberger Schießen. Der Schiedsrichter wurde, ja musste freigesprochen werden. In der Urteilsbegründung heißt es im Wortlaut: „Die im Raum stehenden Vorwürfe können nicht zweifelsfrei dem Beschuldigten nachgewiesen werden. Dieser ist daher freizusprechen.“ Die Kostenbelastung ergibt sich aus der Entscheidung. Sie fallen der Kreis-/Verbandskasse zur Last.

Als langjähriger Sportgerichtsvorsitzender stelle ich fest: Das Kreissportgericht Heinsberg hat gemäß den Vorschriften der Recht- und Verfahrensordnung (RuVO) in Verbindung mit der Schiedsrichterordnung (SRO), das Verfahren korrekt abgewickelt.

Am Ende stellt sich dennoch die Frage: War dieser immense Aufwand wegen einer absoluten Nichtigkeit notwendig? Mitnichten! Der Schiedsrichterausschuss Heinsberg muss sich den Vorwurf gefallen lassen, mit einer einfachen Zurückweisung, wie es üblich ist, die Beschwerde nicht selbst erledigt zu haben. Das Resümee: Außer Spesen nichts gewesen.

Bleibt als Fazit: Der Kreis Heinsberg hat mit der unter Mitwirkung des Kreisvorstandes gesteuerten Posse für große Beachtung in der Öffentlichkeit gesorgt.

Dieter Albrecht

42 Jahre freier Mitarbeiter beim Stader Tageblatt und Sport-Informations-Dienst, Köln, als Journalist. 20 Jahre aktiv als Schiedsrichter bis zur 5. Liga.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Anton Dinslaken

    Referenzverfahren (Beschwerde gegen einen Schiedsrichter):

    Spielbericht und Zusatzbericht an Staffelleiter und Ansetzer geschickt.
    (Zusatzbericht zum DFB Stopp Konzept 83 SM – Grund: Anspucken eines Gegenspielers).

    Beschwerden des Heimvereins.
    Staffelleiter postet in den Amtlichen Mitteilungen gegen mich eine Anschuldigung zu unsportlichem Verhalten.
    Zusatzbericht des Schiedsrichters und Spucken nicht beachtet.

    Die Zuständigkeit war jetzt zu klären (Schiedsrichter Ausschuss oder Sportgericht):
    Meine Rechtsmeinung, die von Dieter Albrecht und Rechtsanwalt Simons:
    Der Schiedsrichter-Ausschuss ist für Beschwerden gegen Schiedsrichter zuständig.

    Trotzdem Verfahrenseröffnung beim Sportgericht.
    (Stellungnahme vom FVM zur Zuständigkeit wurde bis heute nicht vorgelegt).
    Schriftliches Verfahren, Antrag auf Mündliche Verhandlung.
    Schriftliche Aussagen von Zeugen. Der Gastverein entlastet mich in Zeugenaussagen!

    Erst in mündlicher Verhandlung wird der Zusatzbericht des Schiedsrichter besprochen!
    Verfahren gegen Spucker in mündlicher Verhandlung beschlossen.
    Verfahren wird abgetrennt.

    Zeitgleich wurde dem Beschwerdeführer des Heimvereins eine „Unterlassungserklärung“ zugeschickt.
    Zum Thema: Unwahrer Behauptung!

    Deckungszusage der ARAG Rechtsschutzversicherung zu:
    – Unterlassungserklärung.
    – evtl. Strafverfahren.
    Keine Deckungszusage ARAG Rechtsschutzversicherung zu:
    – sportgerichtlichem Verfahren als Beschuldigter.

    Das Verfahren gegen einen Schiedsrichter war und ist ein Referenz-Verfahren.
    – Ich wollte die Zuständigkeit bei Beschwerden gegen Schiedsrichter klären.
    (nach wie vor steht die Rechtsmeinung im Raum – ein Schiedsrichter Ausschuss ist für Schiedsrichter zuständig).
    – Zudem wollte ich den Rechtsschutz für Schiedsrichter klären.
    – Beschwerden gegen Schiedsrichter sollten nicht in den Amtlichen Mitteilungen erscheinen.
    – Im Referenzverfahren sollte abgewendet werden, dass nicht Tür und Tor offen steht, bei Beschwerden gegen Schiedsrichter.

    Die IG Schiedsrichter war daran interessiert, dass Thema, weil alle Schiedsrichter betreffend, zu veröffentlichen!

    Gruss Anton Dinslaken (Schiedsrichter).

    1. Holger Körner

      Danke Anton Dinslaken was Du alles für das Schiedsrichter Wesen in den letzten Jahren getan hast ist Klasse von Dir ⚽️ Du bist ein TOP Schiedsrichter und Dir liegt das Schiedsrichter Wesen am Herzen, Du setzt Dich für die Schiedsrichter Kameraden seit Jahren voll ein ❤️ denke Ich und von Dir gibt es leider die so sind wie Du viel zu wenige ⚽️

  2. Anton Dinslaken

    Danke an Dieter Albrecht für seine Zusammenfassung des Sachverhaltes, die ohne mein Zutun verfasst wurde.

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