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Brychs souveräner internationaler Abschied vor großer Bühne

Italien steht im Finale der Europameisterschaft 2020. Im Halbfinale konnte sich die Squadra Azzurra gegen starke Spanier nach einem 1:1 nach regulärer Spielzeit und Verlängerung schließlich mit 4:2 im Elfmeterschießen durchsetzen. In der regulären Spielzeit brachte Chiesa (60.) die Italiener zunächst in Führung, bevor Morata (80.) kurz vor Schluss für die Spanier ausglich. Der deutsche Schiedsrichter Dr. Felix Brych konnte sich mit einer sehr guten emphatischen Leistung über 120 Minuten und einem spannenden Elfmeterschießen von der internationalen Bühne verabschieden. 

Das erste Halbfinale der EURO2020 wurde geleitet vom Münchner Schiedsrichter Dr. Felix Brych. Ihm assistierten wie gewohnt Mark Borsch und Stefan Lupp. Vierter Offizieller war der Russe Sergei Karasev. Als Ersatz-SRA fungierte sein Landsmann Igor Demeshko. Das Videoassistenten-Team wurde angeführt von Marco Fritz aus Korb. Ihm assistierten Christian Dingert (VA-A1), Christian Gittelmann (VA-A2) und Bastian Dankert (VA-A3). 

Die Partie begann in den ersten Minuten sehr offen. Beide Teams gingen direkt sehr intensiv in die Zweikämpfe und so kam es zu Beginn zu recht vielen Ballbesitzwechseln. Dann waren es aber vor allem die Spanier, die den Ball auch mal länger halten konnten und mehr Spielanteile hatten. Die erste große Chance in der Partie hatten folgerichtig auch die Spanier in der 13. Minute, als Pedri einen super Ball in den gegnerischen Strafraum auf Oyarzabal spielte, der aber wenige Meter vor dem Tor den Ball nicht annehmen konnte. EM-Rekordschiedsrichter Brych ging direkt mit einer klaren Linie in die Partie und pfiff wenige Foulspiele konsequent raus. Trotz der äußersten Emotionalität in der Partie hatte er eine sehr gute Akzeptanz. Nach guten 20 Minuten hatten Italiener ihre riesen Chance! Emerson bekam einen Ball tief hinter die spanische Abwehr gespielt und konnte dann am herauseilenden spanischen Keeper Simon vorbeigehen. Anschließend legte der italienische Verteidiger quer auf Barella, der aber zu lange zögerte und so die Schusschance auf ein unbesetztes Tor vertändelte. Im Anschluss blieben aber die Spanier das dominante Team. Olmo hätte wenige Minuten später das 1:0 machen können, seinen Schuss aus wenigen Metern parierte Italiens Torwart Donnarumma klasse. Nach einer guten halben Stunde ging Brych direkt kommunikativ auf häufig foulende Spieler zu und machte klare Ansagen. Einzelne Zweikämpfe hätte man in der ersten Halbzeit auch anders bewerten können, insgesamt passte aber die Linie und die Akzeptanz war voll vorhanden. Unzufrieden waren die Spanier schließlich aber mit dem pünktlichen Halbzeitpfiff von Brych. Sie hatten gerade einen Angriff im Mittelfeld gestartet, waren aber noch an der Mittellinie. Insgesamt war der pünktliche Schlusspfiff schon verständlich, es gab eigentlich keine besonderen Unterbrechungen. Dennoch hätte man den Halbzeitpfiff wahrscheinlich eleganter lösen können.

Die zweite Halbzeit begann ähnlich wie die erste. Beide Teams waren sofort wieder da und gaben alles, am Ende hatten nach wenigen Augenblicken aber wieder die Spanier die Spielkontrolle. Schiedsrichter Brych blieb auch weiterhin konsequent und zog in der 51. Minute die erste gelbe Karte der Partie für Sergio Busquets, der Immobile abräumte. Gerade im Hinblick auf die Anzahl der Fouls des Spaniers eine sinnvolle Einstieg in die Karten. Die Spanier hatten wieder deutlich mehr Ballbesitz und konnten sich zeitweise die Italiener so hinlegen wie so wollten. Die Gegner standen jedoch sehr sicher und wurden durch Konter immer wieder kurz aber effektiv vorne gefährlich. So kam nach 53 Minuten Chiesa zu einem weiteren Abschluss für die Italiener. Die Spanier kamen zwar insgesamt zu mehr Abschlüssen, häufig stellten diese allerdings den italienischen Keeper Donnarumma vor keine großen Herausforderungen. In der 60. Minute passierte schließlich, was passieren musste! Die Italiener gingen nach einem schnellen Angriff, eingeleitet von ihrem Torwart durch Federico Chiesa in Führung. Dieser bekam vor dem gegnerischen Strafraum den Ball, ließ seinen Gegenspieler mit einem Haken stehen und schloss schließlich platziert ins lange Eck ab. Spaniens Schlussmann Simon hatte hier keine Chance. Nachdem Gegentreffer wurden die Spanier noch aktiver, die Italiener zogen sich noch mehr zurück und lautesten auf Konter. 5 Minuten nachdem Gegentor hatte wieder Oyarzabal die riesen Chance für die Spanier. Koke flankte von der Strafraumgrenze klasse an den langen Pfosten, Oyarzabal bekam bei seinem Kopfball aus 5 Metern jedoch keinen Druck auf den Ball. So blieb es beim bitteren Rückstand aus Sicht der Spanier. Nach 68 Minuten gelang der Squadra Azzurra wieder ein gefährlicher Konter. Berardi kam weniger Meter vor Simon aus relativ spitzem Winkel zum Abschluss, sein Schuss war am Ende aber viel zu unplatziert. Der spanische Keeper wurde förmlich abgeschossen und konnte den Ball klären. Da sah schon alles nach einem knappen Sieg der Italiener aus, als die Spanier in der 80. Minute den Ausgleich machten! Alvaro Morata wurde klasse im Strafraum der Italiener von Olmo angespielt und konnte sich dann aus wenigen Metern eine Ecke aussuchen. Donnarumma spekulierte auf das rechte Eck, Morata schloss ganz cool ins linke ab. Es war am Ende der verdiente Ausgleich. Zwei Minuten später hätte sich das Spiel nach einer spanischen Ecke fast gedreht, am Ende verpasste Laporte die Kopfballverlängerung von Busquets am langen Pfosten knapp. In der 86. Minute passierte Brych der erste nennenswerte Fehler in diesem Halbfinale als Jorginho seinem spanischen Gegenspieler voll auf den Fuß trat. Das Einsteigen war absolut rücksichtslos und hätte zwingend eine gelbe Karte nach sich ziehen müssen. Kurz darauf wollten die Spanier einen Handelfmeter als Chellini den Ball im eigenen Strafraum mit der Hand aufhielt. Das Handspiel war jedoch keinesfalls absichtlich, der Italiener stützte sich mit dem Arm im Fallen ab und bekam dann den Ball unerwartet an diesen hinter dem Körper. Hier lag Brych mit Weiterspielen vollkommend richtig. Nach 3 Minuten Nachspielzeit pfiff Brych zur Verlängerung.

So begann kurz darauf die Verlängerung. Für Spanien war es die dritte Verlängerung im dritten K.O. Spiel bei dieser EM. Beide Teams wirkten mittlerweile sehr müde, das Tempo der ersten 90 Minuten konnte nicht fortgesetzt werden. In der 97. Minute zog Brych die zweite gelbe Karte der Partie für den Italiener Rafael Toloi, eine durchaus berechtigte Verwarnung. Insgesamt waren die Spanier wieder aktiver und kamen zu den ersten Chancen. In der 98. Minute hätten es die Spanier nach einem gut geschossenen Freistoß von Olmo machen können, am Ende gelang ihnen aber wieder mehrfach der letzte Schuss nicht. So blieb es nach 105 Minuten beim 1:1 zur Halbzeit der Verlängerung.

Die Italiener wurden danach wieder etwas besser und aktiver vor dem gegnerischen Tor. In der 110. Minuten lag der Ball schließlich im Tor von Simon, doch sofort kam die Fahne von SRA2 Stefan Lupp, der eine Abseitsstellung korrekt erkannte. Eine gute Leistung vom gesamtem #TeamBrych in diesem Halbfinale. Zwei Minuten vor Schluss verwarnte Brych noch Bonucci für einen rücksichtslosen Tritt an Morata. Auch diese Entscheidung war vertretbar. In der Verlängerung passierte nicht mehr viel, sodass es nach 120 Minuten ins Elfmeterschießen ging.

Der erste italienische Schütze verschoss direkt, der Spanier Olmo nutzte die Chance zur Führung für Spanien nicht und schoss drüber! Die nächsten beiden Schützen konnten ihre Elfmeter beide verwandeln, sodass es nach 4 Schüssen 1:1 stand. Auch die nächsten beiden Schützen Bonucci und Thiago konnten jeweils treffen, es blieb mit dem 2:2 weiter offen. Doch dann verschoss Morata, während die Italiener trafen und so den Matchball mit dem 5. Schuss hatten. Jorginho trat an und verwandelte lässig rechts unten. Italien stand damit im Finale! Am Sonntag geht es wieder im Wembley Stadion gegen den Sieger des morgigen Halbfinale zwischen England und Dänemark.

Hab mir die Szene in der 98′ nochmal angeschaut. Die Fallen halt beide hin bei dem Freistoß. Da wollte keiner Elfmeter. Elfmeter sollen auf dem Level extremst klar sein. S.g. ’soft penalties‘ will keiner. Und auf den gezeigten TV-Bildern ist auch speziell nichts regelwidriges zu erkennen. Beide Fallen hin und interessieren sich mehr für die resultierende Torchance als für einen möglichen Strafstoß. [TV-Bilder]

„Naja mit Sicherheit nicht sauber aber den Strafstoß wollte keiner“ , so DFB-Lehrwart Lutz Wagner.

Fazit: Eine insgesamt gute Leistung von Brych in seinem letzten Spiel auf der großen internationalen Bühne. Die Spielleitung war insgesamt stimmig, die Zweikampfbewertung passte größtenteils. Die Akzeptanz hatte der Münchner Schiedsrichter über die gesamte Partie hinweg. Die Assistenten konnten ebenso beide voll überzeugen, das sei auch nochmal explizit erwähnt.

Simon Schmidt

Sportjournalist Simon Schmidt aus Bayern stieg 2020 bei IG Schiedsrichter ein. Seither ist er Mitglied des Kompetenzteams. In seiner Freizeit engagiert er sich als Fußball-Schiedsrichter und ist leidenschaftlicher Fußball-, Formel 1- sowie Technik-Fan.

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