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Hätte es hier Rot geben müssen?

Eine Szene aus der Bundesliga-Partie 1. FSV Mainz 05 gegen den 1. FC Köln steht aktuell sehr im Fokus. Hätte Schiedsrichter Deniz Aytekin in der 42. Minute Stefan Bell Rot und nicht Gelb zeigen müssen? Hätte VAR Pascal Müller eingreifen müssen? Wir werfen mal einen genaueren Blick auf die Szene.

Der Ball vom Mainzer Innenverteidiger Kilian weit aus der eigenen Hälfte nach Wiederanpfiff.

Das Spiel zwischen Mainz und den Kölnern schreibt die 42. Minute, als Kölns Kilian direkt nach Wiederanpfiff einen Ball weit aus der eigenen Hälfte nach vorne Richtung Mainzer Abwehrreihe schlug. Dabei rutschten mehrere Akteure unter dem hohen Ball durch, sodass es zum Laufduell und Zweikampf zwischen dem Mainzer Verteidiger Stefan Bell und Kölns Stürmer Anthony Modeste kam. Dabei zog der Angreifer los Richtung gegnerisches Tor und bekam von Bell das Knie in die Hüfte bzw. in den Rücken. Durch diesen Treffer kam Modeste zu Fall. Ein klares Beinstellen und damit auch Foul, was Aytekin zunächst korrekt mit einem direkten Freistoß als Spielfortsetzung ahndete.

Aber liegt hier ein aussichtsreicher Angriff oder die Verhinderung einer klaren Torchance vor?

Dies ist anhand verschiedener regeltechnischer Kriterien zu bewerten. Laut Regel 12 spielt die Ballkontrolle des angreifenden Spielers, der Weg und direkte Zug zum gegnerischen Tor und die Anzahl/Position der Verteidiger eine Rolle.

„Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen:

  • Distanz zwischen Ort des Vergehens und Tor
  • allgemeine Richtung des Spiels
  • Wahrscheinlichkeit, in Ballbesitz zu bleiben oder zu kommen
  • Position und Anzahl der Verteidiger“

IFAB Spielregeln; Regel 12

Zum Zeitpunkt des Foulspiels zieht Modeste auf das Mainzer Tor, bis auf den foulenden Verteidiger Bell kann kein Mainzer Gegenspieler mehr eingreifen.

Betrachten wir die Situation anhand dieser Kriterien ist festzustellen, dass Modeste nicht im Ballbesitz war, aber zu einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ohne den Tritt von Bell in Ballbesitz gekommen wäre. Der einzige Gegenspieler, der überhaupt noch eine Chance auf den Ball gehabt hätte, wäre der Mainzer Torwart Zentner gewesen. Und der ist deutlich weiter weg vom Ball und langsamer bzw. eigentlich spät dran in dieser Situation. Modeste selber war zum Zeitpunkt des Foulspiels vor seinem Gegenspieler, der den Ball nicht mehr erreichte. Dabei lief der Kölner Angreifer zum Zeitpunkt des Foulspiels gute 30 Meter zentral vor dem gegnerischen Tor. Der Ball ging in Richtung des gegnerischen Tores und nur minimal nach außen. Der Angriff zog deutlich zentral auf das gegnerische Tor. Die Wahrscheinlichkeit, dass Modeste den Ball annehmen kann und zentral auf das Tor zieht, ist sehr hoch.

Die Verteidiger waren allesamt zum Zeitpunkt des Foulspieles hinter Modeste und standen bis auf Bell deutlich weiter außen. Sie haben also einen längeren Weg Richtung eigenes Tor und hätten Modeste, der noch dazu einen Tempovorsprung hatte, mit geringerem Tempo in dieser Situation wohl nicht mehr erreicht. Bell war hier der einzige Verteidiger, der Modeste auf dem Weg zum gegnerischen Tor noch stoppen konnte. Da der Zug des Kölner Stürmers zentral Richtung gegnerisches Tor ging und Mainz-Schlussmann Zentner den Ball ziemlich sicher nicht vor Modeste erreicht hätte, liegt hier die Verhinderung einer klaren Torchance vor. Schiedsrichter Deniz Aytekin hätte den Mainzer Verteidiger Bell mit einer roten Karte des Feldes verweisen müssen.

Wie ist die Rolle des Video-Assistenten in dieser Situation zu sehen?

Für uns liegt eine klare und offensichtliche Fehlentscheidung vor. Das einzige Argument der fehlenden Ballkontrolle wird durch die hohe Wahrscheinlichkeit des eintretenden Ballbesitzes von Modeste entkräftet. Wenn wir uns die Position von Schiedsrichter Deniz Aytekin anschauen, sind wir auch relativ sicher, dass er die Situation nicht vollständig richtig wahrgenommen hat. Aytekin wurde hier offensichtlich wie nahezu jeder Spieler auf dem Platz von diesem Ball und der Situation komplett überrascht. In dieser Situation ging nach dem schwer vorhersehbaren weiten Ball der Blick erstmal auf den Zweikampf, um diesen selber zu bewerten. Die Position von Assistent 1 Christian Dietz und dem Vierten Offizieller Dr. Robin Braun ist auch nicht gut. Alles klare Gründe für ein On-Field-Review.

Fazit:

Aytekin realisierte die Situation offenbar auch erst, als der Ball zu Modeste kam und lief dann erst los. Hier liegt eine falsche Beurteilung der Szene von Schiedsrichter Aytekin und VAR Pascal Müller vor. Bell verhinderte durch sein Foulspiel eine klare Torchance von Anthony Modeste. Gerade in solchen Szenen ist das Stellungsspiel des Schiedsrichters der entscheidende Faktor. Zum Zeitpunkt des Foulspieles stand Aytekin mit 25-30 Metern Entfernung vom Kontakt zu weit weg. Hier fehlt ein weiterer VAR-Eingriff, der in dieser Situation zum einen aufgrund der klaren Fehlentscheidung, zum anderen aber auch wegen der Position von Aytekin mehr als angebracht gewesen wäre.

Insgesamt kein gutes Wochenende für die DFB-Schiedsrichter und die Video-Assistenten.

Alleine in der 1. Bundesliga vier schwere Fehler trotz Video-Assistent (fehlender Elfmeter für Bochum, fehlende rote Karte in Leverkusen, fehlender Elfmeter für Fürth und fehlende Rot in Mainz) an einem Spieltag mit neun Spielen ist schon krass. Dazu noch der Elfmeter beim Zweitliga-Topspiel, als Fehler wegen VAR-Eingriff.

Hier findet ihr die TV-Bilder zu dieser Szene [Timecode – ab 4:34].

Simon Schmidt

Sportjournalist Simon Schmidt aus Bayern stieg 2020 bei IG Schiedsrichter ein. Seither ist er Mitglied des Kompetenzteams. In seiner Freizeit engagiert er sich als Fußball-Schiedsrichter und ist leidenschaftlicher Fußball-, Formel 1- sowie Technik-Fan.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Renate Lieth

    Der 1 FC Köln ist wieder mal VERARSCHT vom SCHIEDSRICHTER und dem VAR wie schon sooooo oft . Das kotzt mich langsam aber sicher an !

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