Handspiel strafbar oder nicht?

Da das Handspiel in fast jedem Spiel zur Entscheidung vorkommt, mal ein Extra -Artikel zum Thema Handspiel

Frauen-Frauen 2022 – Halbfinale Deutschland 2:1 Frankreich, 27.07.2022, 94. Spielminute.

Ein Lehrbuch-Paradebeispiel für ein strafbares Handspiel mit Vergrößerung der Körperfläche.

Zitat aus dem DFB Regelheft Saison 2022/2023, Seite 70 + 71

„Handspiel
Für die Beurteilung von Handspielvergehen gilt, dass die Grenze zwischen Schulter und Arm (bei angelegtem Arm) unten an der Achselhöhle verläuft. Nicht jede Ballberührung eines Spielers mit der Hand/dem Arm ist ein Vergehen.

Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler:
• den Ball absichtlich mit der Hand/dem Arm berührt (z. B. durch eine Bewegung der Hand/des Arms zum Ball),
• den Ball mit der Hand/dem Arm berührt und seinen Körper aufgrund der Hand-/Armhaltung unnatürlich vergrößert. Eine unnatürliche Vergrößerung des Körpers liegt vor, wenn die Hand-/Armhaltung weder die Folge einer Körperbewegung des Spielers in der jeweiligen Situation ist noch mit dieser Körperbewegung gerechtfertigt werden kann. Mit einer solchen Hand-/ Armhaltung geht der Spieler das Risiko ein, dass der Ball an seine Hand/ seinen Arm springt und er dafür bestraft wird,
• ins gegnerische Tor trifft:
• direkt mit der Hand/dem Arm (ob absichtlich oder nicht) (gilt auch für den Torhüter),
• unmittelbar nachdem —> ER  <— den Ball mit der Hand/dem Arm berührt hat (ob absichtlich oder nicht).“

Fazit: Seit der Saison 2021/2022 wurde die Handspielregel geändert. Es wurde die Absicht Hand spielen zu wollen ins Regelwerk eingebaut. Diese Regeländerung ist für die Praxis aus meiner Sicht sehr gut. Ein Anschießen aus kurzer Entfernung durch einen Gegenspieler oder selbst anschießen (OHNE Vergrößerung der Körperfläche) ist nach Regelwerk kein strafbares Handspiel. Auch ein Abstützen mit den Armen zum Boden hin und zufälliges Berühren des Balles (oder ein Anschießen in dieser Haltung) ist nicht als Absicht zu werten.

Einzige Ausnahme ist das, auch unabsichtliche Berühren des Balles mit dem strafbar zu bewertenden Bereich des Armes, KURZ vor der Torerzielung durch den Schützen. Ein unmittelbar so erzieltes Tor wird aberkannt. Das nicht absichtliche Berühren wird dann mit einem direkten Freistoß geahndet.

Es stellt sich noch die Frage, ob ein im Gegensatz zu einem in der Tat absichtlichen Handspiel, ein durch Vergrößerung der Körperfläche erfolgtes Handspiel, mit gelber Karte abgestraft werden MUSS? Oder ob da Interpretationsspielraum vorhanden ist? Wir fürchten das auf den Sportplätzen das durch die Kollegen mal so oder so erfolgen wird.

Im neuen DFB-Regelheft 2022/2023 auf Seite 76 finden sich folgende Antworten:

Verwarnung für unsportliches Betragen
– ein Handspiel begeht, um einen aussichtsreichen Angriff zu verhindern oder zu unterbinden,
– ein Handspiel begeht, um ein Tor zu erzielen (egal ob erfolgreich oder nicht), oder erfolglos versucht, mit einem Handspiel ein Tor zu verhindern

Leider pfeifen, das ist deutlich auf vielen Plätzen zu sehen, viele Kollegen noch nach dem alten Regelwerk. Ob die Kollegen evtl. bei der Weiterbildung gefehlt haben?  Und auch viele Spieler kennen diese seit einer Saison geltende neue Handspielregel einfach nicht.

Da mag es auch schon mal vorkommen, dass ein Bundesligaschiedsrichter Felix Zwayer eine angeschossene Hand trotz VAR Unterstützung als strafbar wertet. Trotzdem ist die Regeländerung sehr gut. Was wäre Fussball auch ohne Diskussionen der Experten oder der Fans?

Wo wir gerade beim Nachkarten sind und Screenshots aus dem Länderspiel der Frauen Euro erstellt haben. Hier noch die Screenshots der angeschossenen französischen Verteidigerin kurz vor Spielende, wo auf Eckball hätte entschieden werden müssen. Die Schiedsrichterin stand eigentlich gut, aber cest la vie.

Quelle: Screenshots ZDF Sportstudio.