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Ohne Handgeld pfeift keiner

Nehmen wir den provokativen Titel mal sachlich auseinander und begründen, warum ein Verein lieber Untersollstrafe zahlt, statt neue Schiedsrichter zu werben.

Ein Adidas-Trikot kostet bei Allzweck Sportartikel 49,50 Euro, Hose 34,00 Euro, ein Paar Stutzen 10,80 Euro. Summe für ein Trikotsatz = 94,30 Euro. Das ganze mal fünf für fünf Farben multiplizieren = Summe 471,50 Euro. Das ganze für Langarm /Kurzarm mal zwei multiplizieren =  Summe 943, Euro pro Saison.

Karten bzw. Spielnotizkarten aussen vor. Und auch die Schuhe für ca. 100,00 Euro pro Paar. Aber das Funkfahnenset soll noch erwähnt werden. Kosten = 675,00 Euro. Headset = 749,00 Euro. Spintso Schiedsrichter-Uhr = 229,00 Euro.

Uns ist auch bekannt, und aus Gesprächen mit Kollegen definitiv bestätigt, dass Schiedsrichter von den Vereinen ein Handgeld in Höhe von 500 – 1.000 Euro pro Saison bekommen. Nur damit sie dort als Schiedsrichter weiter gemeldet sind. Manche Vereine verrechnen das Handgeld allerdings mit den Trikots (siehe Vereinbarung). Manche verrechnen auch nicht, zahlen das extra.

Nimmt man jetzt das Strafgeld für einen fehlende Schiedsrichter = Untersollgeld für eine ganz unten in der Kreisliga spielende Mannschaft (beim FVM) von 10,00 Euro pro Monat, Summe = 120,00 Euro pro Saison, in der Verdopplung bei mehr wie 24 Monaten keinen Schiedsrichter gestellt = Summe 240,00 Euro pro Saison und vergleicht die Kosten der Trikot Ausstattung von 943,00 Euro (das separate Handgeld mal gar nicht berücksichtigt),

dann ist der Kreisliga-Amateur-Verein pro Saison mit sage und schreibe 703,00 Euro im Plus ohne einen Schiedsrichter zu stellen.

Hat der Verein dann zu allem Unglück noch einen Schiedsrichter, der ab Bezirksliga aufwärts im Gespann pfeift, dann kommen die 943,00 Euro >>>JEDE oder jede zweite SAISON<<< für den neuesten Trikotsatz auf den Verein zu.

Logisch das ein Förderschiedsrichter auch ein Funkfahnenset haben möchte, nun die 675,00 Euro kommen dann ja nicht jedes Jahr. Dito Preis für die Headsets, wie schon erwähnt, = 749,00 Euro. Uhr 229,00 Euro. Welcher Verein finanziert das oder kann das finanzieren?

Wohl den Vereinen, welche auf Schiedsrichter zählen können, die schon älter sind. Die pfeifen ja bis zum St. Nimmerleinstag mit den Trikots, welche sie mal in der Mittelrheinliga, Landesliga, etc. getragen haben. Da sind dann ja auch meist noch Logos von früher drauf, die auf dem Platz gezeigt werden müssen.

Um Gottes Willen, der Bauch wird dicker, das Mittelrhein-Trikot passt nicht mehr, ein neues Trikot muss her. Aber bitte bescheiden, eines reicht doch. Bloß dem Verein, mit dem man lange Jahre verbunden ist, keine Kosten verursachen.  Kaufe ich mir doch selbst. Die älteren Schiedsrichter, nicht alle, verzichten dann auch auf ein Handgeld. Bei den älteren Kollegen kann man dann auch von Ehrenamtlern sprechen. Beim Rest kommen bei den Zahlungen für Trikot Ausstattung und Handgeld doch Zweifel auf. 

Ja und wer pfeift denn in der Kreisliga für ein Almosen an Spesen? Die Neuanfänger und die älteren Schiedsrichter und die welche den Aufstieg nicht geschafft oder noch nicht geschafft haben. Denn ab Bezirksliga wird es finanziell besser. Da stellen sich Kollegen (ist bekannt – die Ansetzer monieren das) auch mal schnell bei Spielausfall sonntags kurzfristig frei, um bloss nicht in der Kreisliga zu pfeifen.

Manche der Älteren „Ehrenamtler“ würden in der Tat sogar gratis pfeifen, nur um noch im Mittelkreis, dem Aufenthaltsort für ältere Schiedsrichter, stehen zu dürfen. Ein wenig Bewegung im hohen Alter soll ja gut tun (Scherz am Rande). Ohne die älteren Schiedsrichter würde das System Schiedsrichter sowieso zusammen brechen.

Zitat Gerd Lamatsch (Kellerschiri):

„In Bayern wird jedes zweite Spiel von Schiedsrichter gepfiffen, die über 60 Jahre alt sind! Dito in Bayern erhalten die neuen Schiedsrichter beim Start eine komplette Ausrüstung!“

Fassen wir zusammen:

Für einen Verein ist es lukrativer sich um gar keine Schiedsrichter oder neuen Schiedsrichter zu bemühen.

Schiedsrichter kosten dem Verein nur richtig Geld in der Ausstattung. Es ist finanziell völlig logisch lieber 240,00 Euro pro Saison Strafe zu zahlen, keinen Vereinsbeitrag zu bekommen, gratis zu Vereinsfeiern einzuladen, als Schiedsrichter auszustatten oder denen noch womöglich zusätzlich ein Handgeld zu geben.

Von oben herab wird dann mit warmen Worten propagiert, die Vereine sollten sich um Schiedsrichter bemühen. Teure Werbemassnahmen werden gestartet. Aber jetzt wird es lächerlich, der Verband kassiert das Strafgeld für das Untersoll auch liebend gerne. Da ist nicht zu erkennen, dass dieses Strafgeld in die Finanzierung des Schiedsrichterwesens, in die Unterstützung der aktiven Schiedsrichter, fliesst. 

Neben dem mangelnden Schutz der Schiedsrichter durch die Verbände, kaum noch Respekt und Wertschätzung (auch ein gesellschaftliches Problem) auf den Sportplätzen, und die niedrigen Spesen = Almosen, ist die Finanzierung der Schiedsrichter durch die Vereine für uns

das >>>Kardinal Problem<<<, warum so wenig neue Schiedsrichter von den Vereinen geworben werden.

Mal ohne Vorwurf, die Vereine in den Amateurklassen können sich einen neuen Schiedsrichter einfach nicht leisten. Ein Schiedsrichter ist einfach zu teuer. Daher besteht auch keine Motivation bei den Vereinen Schiedsrichter zu werben. Da reicht es schon sonntags Spesen zahlen zu müssen. Besser wäre noch, es käme am Sonntag gar kein angesetzter Schiedsrichter (so oft gehört). 

Aktive Schiedsrichter, die argumentativ stets behaupten, „Schiedsrichter zu sein ist doch ein Ehrenamt“, nehmen die Ausstattung vom Verein pro Saison, evtl. das Handgeld und auch die Spesen nach dem Spiel dankend an, oder gibt es auch noch Kollegen die verzichten, sich alles selbst kaufen, die Spesen spenden? Ich kenne keinen.

Schiedsrichter sind für die Amateurvereine zu teuer, da sollte mal über eine Lösung des Problems diskutiert werden. Statt teure Werbemassnahmen über den Verband und DFB für neue Schiedsrichter zu finanzieren (das löst das Problem nicht) das Geld in die Ausstattung der Schiedsrichter bei den Amateur Vereinen stecken. Bundesliga Schiedsrichter werden vom DFB ausgestattet. Die Amateur Vereine werden allein gelassen.

Machen wir auch zum Schluss noch einige Vorschläge:

  • Untersollstrafen ganz abschaffen (motiviert sowieso nicht neue Schiedsrichter zu werben).
  • jeden aktiven Schiedsrichter pro Saison mit „EINEM“ schwarzen Trikot vom Verband ausstatten.
  • Neue Schiedsrichter einmalig >>>komplett<<< vom Verband ausstatten. (Bayern macht es).
  • Evtl. Rest der Schiedsrichter Finanzierung (weitere Trikots, etc.) den Vereinen überlassen.
  • Spesen verbandsübergreifend in der Kreisliga erhöhen und auf Pauschalen umstellen.
  • Demotivierende Ordnungsgelder gegen Schiedsrichter komplett abschaffen.
  • Schutz der Schiedsrichter mit Mindeststrafen bei Tätlichkeiten verbandsübergreifend realisieren.

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Dieser Beitrag hat 9 Kommentare

  1. Andreas

    auf die absurde Rechnung oben geh ich Mal nicht ein. Die Vorschläge kann man analysieren.

    Jede Schiedsrichterei bekommt jedes Jahr ein schwarzes Trikot, bedeutet 40 Euro mal 55 000 bedeutet 2,2 Millionen jährliche Kosten. Dazu 500 Euro mal 5000 Neulinge jedes Jahr sind nochmal 2,5 Millionen. Dazu werden Einnahmen abgeschafft und der Schiedsrichter im rechtsfreien Raum gelassen. Dazu Spesenerhöhung usw. Also der Verband soll knapp 5 Millionen im Jahr investieren und auf Einnahmen verzichten? Wer finanziert denn die Luftschlösser ?

  2. Dieter Albrecht

    Das sehe ich ganz genau so. Hier soll das Problem mit nicht erfüllbaren Zuwendungen gelöst werden. Ich habe als Schiedsrichter mal mit 5 DM auf Kreisebene und 10 DM ab Bezirksebene begonnen. Meine Ausrüstung habe ich mir komplett selbst beschafft. Meine einzige Vergünstigung seitens des Vereins war die Freistellung vom Beitrag. Natürlich ist das einige Jahrzehnte her und nicht mit heute zu vergleichen.

  3. Anton Dinslaken

    Dieter Albrecht. Ich habe bewusst krass und provozierend formuliert. Und auch insbesondere die Überschrift so gewählt.

    Das Thema sollte auch mal angesprochen und diskutiert werden. Daher der Artikel. Verschweigen nützt uns ja nichts.

    Die Infos habe ich mir auch nicht aus den Rippen geschnitten. Keiner der mir bekannten Kollegen geht gratis. Beim Treff ist das Thema auch meist Gespräch.

    Immer das Wort Ehrenamt. Wer schon keinen Beitrag zahlt, und das ist Gang und gäbe, oder und noch ein Trikot bekommt, der pfeift nicht mehr gratis. Ist kein Ehrenamtler mehr.

    Ab BZL aufwärts pfeifen alle, schreiben wir fast alle, mit den neuesten Trikots.

    1976, wo ich gestartet bin, wurde glaube ich noch für den Schiedsrichter gesammelt. Jeder 1 Euro.

    Nun ja Diskussion hat begonnen……

  4. Dieter Albrecht

    Ich sehe die Beitragsfreiheit, in den siebziger Jahren, von drei DM monatlich, als eine minimale Vergünstigung. Da wir alle einmal auf Kreisebene begonnen haben, dauerte es einige Zeit, ehe die Investitionen durch die Anzahl der Spiele wieder reingekommen sind. Ich habe dafür, ist mir noch in Erinnerung geblieben, 30 bis 40 Spiele pfeifen müssen. Also spreche ich doch vom Ehrenamt. Das war damals absolut kein Nebenverdienst. Natürlich kann ich nachvollziehen, dass die Schiedsrichter 50 Jahre später besser ausgestattet werden müssen, um sie überhaupt an die „Pfeife“ zu bekommen und dann auch zu halten. Aber alles hat seine Grenzen. Vor allem die kleinen Vereine auf der unteren Kreisebene haben es nicht leicht, die Kosten für die Teilnahme am Spielbetrieb aufzubringen.

  5. Andreas

    Wir können es doch abkürzen: Anton hätte gerne von allem mehr. Ob das dann zu mehr neuen SR führt, egal, immerhin hätte der Anton dann mehr. Es ist doch keine zielführende Diskussion wenn man Vorschläge mit diesem Kostenvolumen macht. Wenn jeder sr beim DFB auf 450 Basis angestellt wäre, dann wären mehr sr da, aber das ist nicht zu finanzieren

  6. Anton Dinslaken

    Dieter Albrecht. Dir kann man ja antworten. Die Kosten des Spielbetriebes. Auch richtig erkannt. Und dann noch einen Schiedsrichter finanzieren? Das schaffen die unterklassigen Vereine einfach finanziell nicht. Da verzichten die lieber auf einen Schiedsrichter gemäß Soll und zahlen das Strafgeld.

    Ich habe den Schiri Schein mal 1976 gemacht. Gehöre also noch zu den klassischen Ehrenamtlern. Habe aber inzwischen umgedacht. Habe mir den kompletten Trikotsatz auch selbst gekauft. Ich gehe aber seit einigen Jahren auch nicht mehr gratis. Weil ich langsam weiss wie es läuft.

    Warum soll ich mich überhaupt für neue Schiedsrichter engageieren? Weil das Hobby Schiedsrichter mein Herzblut ist. Könnte mich doch zurück lehnen und schauen wie das Schiff auf die Klippen gesteuert wird. So sehe ich das. Weil die Funktionäre keinen Vorschlag akzeptieren, der nicht von Ihnen ist. In der Politik ist das ähnlich.

    Und ich mache mir, weil ich den Mund aufmache, keine Freunde. Das ist auch klar.

  7. Anton Dinslaken

    Lieber Andreas. Etwas mehr Weitblick wäre bei deinen Kommentaren gewiss gut. Lies mal die Kommentare in Facebook. Da sind auch Kommentare dabei, die genau das bestätigen. Das Thema Ausstattung der Schiedsrichter. Die Schiedsrichter wechseln zu den höher klassigen Vereinen, welche ihnen die Ausstattung bezahlen. Das können Kreisliga Vereine finanziell nicht leisten. Die zahlen dann lieber Strafgeld.

  8. Andreas

    Ich bin nicht (mehr) bei Facebook. Ist mir zu blöd. Wenn die Schiedsrichter Trikots und alles bekommen, dann liegt es wohl auch nicht daran das es zu wenig gibt. Da ich sowohl im verantwortlicher Position im SR Ausschuss als auch 2. Vorstand von nem Landesligisten war, brauchst du mir nichts von Weitblick erzählen. Deine Forderungen sind schlicht nicht umsetzbar und auch bei den Vereinen liegt das Geld nicht einfach nur herum. Es gibt für dieses Problem keine einfache Lösung. Ich kenne das Problem auch bei Jugendtrainern, Platzwarte, Jugendleiter usw. Auch da herrscht Mangel. Die Vereine sind auch Teil des Fussballkosmos und nicht nur die Schiedsrichter…Weitblick

  9. Dieter Albrecht

    Ich bin weder bei Facebook, Instagram, Twitter noch sonstwo. Statt in der Sache zu argumentieren, kommt es dort nicht selten zu Diffamierungen oder groben Beleidigungen. Das wollte ich mir ersparen. Man kann über vieles streiten, aber immer auf sachlicher Ebene. Natürlich wissen viele von uns durch jahrzehntelange Erfahrungen als aktive Schiedsrichter und der Arbeit in verschiedenen Gremien, um was es in Bezug auf Verbesserungen geht, insbesondere im Schiedsrichterbereich. Ich gehe davon aus, dass wir alle mit Herzblut und Freude aktiv waren oder es noch sind. Da ich als Anti-Fußballer total unbrauchbar war, hatte mir mein kleiner Dorfverein, der MTV Hammah, als Jugendlicher angeraten, es doch mal als Schiedsrichter zu versuchen. Das hat funktioniert. Zum Zeitpunkt meiner Prüfung war ich 18 Jahre alt. Heute nicht der Rede wert, vor 50 bis 60 Jahren schon. Die finanziellen Probleme, gerade bei den vielen kleinen Vereinen, haben wir angesprochen. Ich mache mal einen dummen Spruch: Geld fällt nicht vom Himmel. Kostet mindestens drei EURO in besagtes Phrasenschwein. Eine ideale Lösung des Problems zur Nachwuchsgewinnung von Schiedsrichtern wird es nicht geben. Das gilt gleichzeitig für viele andere Bereiche, die von euch angesprochen worden sind. Es war früher bestimmt nicht alles besser, aber es ist heute weitaus schwerer, Menschen für das oft genannte Ehrenamt in einem Sportverein zu gewinnen.

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