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Schiedsrichter im Mittelpunkt: Auswertung strittiger Szenen – 1. Spieltag | 2. Liga

Im zentralen Mittelpunkt meiner Spieltagsanalyse vom 1. Zweitliga-Spieltags geht es um das Spiel der Arminia gegen Düsseldorf, als sich Schiri Alt mit einem Elferpfiff und einer gelb-roten Karte selbst sich in dieses stellt. Aber es geht auch um eine gelbe Karte eines Schalkers. Mehr dazu: 👇

AnmerkungWir sind auf die Szenen der Zusammenfassungen angewiesen. Solltet ihr weiteres, aussagekräftiges Material besitzen, dann reichen wir eine Einschätzung gerne nach.

1.FC Magdeburg – Eintracht Braunschweig 0:1 (SR: Tom Bauer)

Szene 1: Im Mittelfeld legte sich Kevin Ehlers die Kugel zu weit vor und ging dann mit gestrecktem Bein in den Zweikampf mit Mathisen. Dabei räumte er seinen Gegenspieler mit offener Sohle ab. Der Unparteiische Tom Bauer stand nur wenige Meter entfernt und entschied auf glatt Rot! Diese Entscheidung ging voll in Ordnung und auch Ehlers beschwerte sich nicht beim Schiedsrichter. Hier muss man dem Braunschweiger zu gute halten, dass er hier von vorn kommt und den Ball spielen wollte. Da der Ball aber unglücklich aufsprang, verfehlte er diesen und traf den Magdeburger mit dem Körper. Ehlers entschuldigte sich sofort und ging mit gesenktem Kopf vom Feld. [TV-Bilder – ab 02:40 Minuten]

SV Darmstadt 98 – VfL Bochum 4:1 (SR: Dr Max Burda)

Szene 2: Nach einem Zweikampf zwischen Patric Pfeifer und Moritz Broschinski ließ Schiedsrichter Burda weiterlaufen. Der Stürmer ist frei durch und vollendete sicher zum zwischenzeitlichen 1:1-Unentschieden. In den Bildern sieht man, dass Burda recht gut positioniert dahinter steht und den Zweikampf als sauber einstufte. Selbst wenn es da eine ganz leichte Berührung von Fischer gab, ist das minimale Schieben nicht ahndungswürdig und dann rutscht der vermeintlich „Foulende“ auch noch weg, sodass der Angreifer davon ziehen konnte. Deshalb ist des regelkonform den Treffer anzuerkennen. [TV-Bilder – ab 02:50 Minuten]

Szene 3: Nach einem Freistoß von Darmstadt, gab es Proteste. Hofmann spielte den Ball klar mit der Hand über dem Kopf, doch der Schiedsrichter entschied auf Abseits von Gegenspieler Pfeiffer, was auch die Bilder belegen. Der Darmstädter steht hinter der Kette näher zum Tor, als der letzte Abwehrspieler. Da das Abseits chronologisch davor passierte, ist das im Anschluss klare Handspiel nicht mehr relevant. Glück gehabt! [TV-Bilder – ab 02:50 Minuten]

SV 07 Elversberg – 1. FC Nürnberg 1:0 (SR: Eric Dominic Weisbach)

Szene 4: Rafael Lubach wurde beim Einzug in den Strafraum von Jan Gyamerah klar zu Boden gezogen. Schiedsrichter Weisbach zeigt sofort auf den Punkt. Der VAR meldete sich und der mögliche Elfmeter wurde geprüft! Es stellte sich die Frage nach dem Ort der Spielfortsetzung – Freistoß oder Elfmeter. Entscheidend bei einem Halten ist, wo es endet. Der eigentlich gut stehende Dominic Weisbach dachte bei seiner Wahrnehmung, dass das Foulspiel innerhalb des Sechzehners war, aber hier täuscht die Perspektive von seitlich hinten. Das ist auch erkennbar, als die Kamera von der Mittellinie die Situation zeigte. Auch dort sieht es so aus, als wäre das Foul innerhalb des Strafraums. Hier kann nur die seitliche Perspektive der „Sechzehner hoch-Kamera“, die der Video-Assistent genommen hat. Allerdings war diese Kamera in Elversberg aber auch leicht nach links versetzt, weshalb auch da die Sicht schon minimal täuschen kann. VAR Johann Pfeifer war allerdings davon überzeigt, dass das Halten sehr sehr knapp vor der Strafraumlinie aufhört. Wäre das Halten auf oder über der Linie gewesen, hätte es bei dem Elfmeter verbleiben müssen. [TV-Bilder – ab 02:30 Minuten]

Karlsruher SC – SC Preußen Münster 3:2 (SR: Dr. Robert Kampka)

Szene 5: Niko Koulis foulte als letzter Mann und sah von Schiri Kampka unvermittelt den glatt roten Karton. Der Münsteraner verlor gegen den schnellen Ben Farhat den Ball und brachte den Karlsruher dann mit einem kurzen Halten am Trikot zu Fall. Da dieser zum Zeitpunkt des Fouls den Ball vor sich hatte und alleine hätte auf das Tor zu laufen können, liegt hier die Verhinderung der klaren Torchance durch Notbremse vor. [TV-Bilder – ab 02:30 Minuten]

Für uns ist Dr. Robert Kampka der Schiedsrichter des 1. Spieltags, denn er entschied bei allen wichtigen Entscheidungen in Zusammenarbeit mit seinem Team richtig und sorgte mit seiner angenehm großzügigen Linie für den Spielfluss, was die Teams denkend angenommen haben. So entwickelte sich ein offenes Fußballspiel.Hier weiterlesen.

SC Paderborn 07 – Holstein Kiel 2:1 (SR: Felix Prigan)

Szene 6: In der Anfangsphase des zweiten Durchgangs spielte Copado einen Ball zentral vor den Sechzehner. Dort sprang ihm die Kugel im Ping-Pong-Stil zwischen Bätzner und Bilbija hin und her. Die Nummer sieben bekam den Ball dabei an den Unterarm und legte ihn sich dadurch perfekt vor. Von links im Strafraum scheiterte er daraufhin noch am starken Krumrey. Doch der Abpraller landet rechts beim mitgelaufenen Engelns, der locker per Kopf abstaubte. Video-Assistent Benjamin Cortus entdeckte dieses Handspiel auf den Bildern und schickte Referee Prigan an den Monitor. Nach Ansicht der Bilder nahm er folgerichtig den Treffer wieder zurück. Korrekte Entscheidung! [TV-Bilder – ab 01:30 Minuten]

FC Schalke 04 – Hertha BSC  2:1 (SR: Richard Hempel) 

Szene 7: Nicola Katic ging ins Laufduell mit Reese und packte kurzerhand in bester Volleyballmanier einen Schmetterschlag aus, um den Ball frontal nach vorne zu klären. Dadurch sah der Schalker nur neun Minuten nach seiner ersten Verwarnung von Schiri Hempel die gelb-rote Karte. Regeltechnisch ist diese zweite gelbe Karte für mich eher eine Fehlentscheidung. Zwar spielt Katic hier sehr klar den Ball mit der Hand, allerdings ist dieses Handspiel ein stinknormales Handspiel, bei dem der Angreifer mit dem Rücken zum Tor steht und er keine Ballkontrolle hat. Laut Regel soll es bei einem Handspiel eigentlich nur Gelb geben, wenn er durch das Handspiel einen aussichtsreichen Angriff (sogenanntes „SPA“) unterbunden hätte. Das sehe ich hier aber eher nicht.

Aber dadurch, dass er hier nur eines im Sinn hat, das Spiel zu stoppen, zu zerstören und aufzuhalten, da es nur darum ging, die letzten Minuten zu überstehen. Egal, mit welchen Mitteln , kann man es mit „kein Respekt vor Spiel und Spielern“ begründen und damit ist gelb-rot in Ordnung oder mindest vertretbar. Das ist keine direkte Regel, aber wenn man das dem Spieler unterstellt, ist es eine extreme Unsportlichkeit um nur das Spiel zu zerstören. Und hier ist das Handspiel auch so offensichtlich, dass es auch jeder so akzeptiert und es kann mit einer unsportlichen Handlung begründet werden.

Allerdings hat die Sache hat einen faden Beigeschmack. Katic hätte zu dem Zeitpunkt gar nicht mehr auf dem Platz sein sollen. Kurz zuvor gingen Katic und Ayhan in den Zweikampf als Katic den Fuß des Berliners hart im Gesicht und wurde unglücklich getroffen hatte und benommen stark blutend am Boden liegen blieb. Das Spiel musste natürlich sofort bei Kopfverletzungen unterbrochen werden. Allerdings kam es hierbei zu einem Mannschaftsarzt der Schalker und dem vierten Offiziellen, der Katic nicht weiterspielen lassen wollte, was er gegenüber dem vierten Offiziellen Konrad Oldhafer gesagt hat. Diese fehlende Kommunikation war der Fehler von Oldhafer, da es auch deutlich ausgesprochen wurde. Stattdessen kehrte er schnell wieder auf den Platz zurück. Laut DFL-Statuten muss der Verdacht einer Gehirnerschütterung durch Tests ausgeräumt sein, bevor ein Spieler weiterspielen darf – und dies explizit vom Teamarzt an den Schiedsrichter kommuniziert sein. Wenn ein Arzt deutlich zu einem vierten Offiziellen sagt, ihr dürft den nicht auf den Platz lassen, dann muss das so sein. Das könnte bei einer Gehirnerschütterung ja auch gefährlich werden. [TV-Bilder – ab 05:00 Minuten ]

Arminia Bielefeld – Fortuna Düsseldorf 5:1 (SR: Patrick Alt)

Szene 8: Das Samstagabendtopspiel begann gleich mit zwei großen Aufregern, als der mit Gelb vorbelastete Fortune Tim Oberdorf nach einem Halten vor der Pause mit Gelb-Rot des Feldes verwiesen wurde. Schiri Alt bewertete ein Trikotzupfer  gegen Grodowski vor der Bank als verwarnungswürdig. Dieser Platzverweis war zu hart. Die erste Verwarnung fünf Minuten zuvor kann man geben, weil der Ball gespielt wurde und der Treffer in den Fuß ging. Allerdings war der darauffolgende Platzverweis für Oberdorf ein Gerangel an der Seitenlinie ohne viel Tempo und Bewegung aufs gegnerische Tor. Viel weniger kann man als Spieler kaum machen. Es war ein normales Foulspiel, welches den aussichtsreich  und taktisch verhinderte. Diese kurze Armanlegen ohne Dynamik, welches Grodowski auch sehr gern annahm und leicht zu Boden ging. [TV-Bilder – ab 01:40 Minuten]

Handspielregel Seite 71 „Ein Vergehen liegt vor wenn ein Spieler:

  • den Ball mit der Hand/ dem Arm berührt und seinen Körper aufgrund der Hand-/Armhaltung unnatürlich vergrößert. Eine unnatürliche Vergrößerung des Körpers liegt vor, wenn die Hand-/Armhaltung weder die Folge einer natürlichen Körperbewegung des Spielers in der jeweiligen Situation ist, noch mit dieser Körperbewegung gerechtfertigt sein kann. Mit einer solchen Hand-/Armhaltung geht der Spieler das Risiko ein, dass der Ball an seine Hand/seinen Arm springt und dafür bestraft wird.
Szene 10: Nach der Pause der nächste Aufreger – diesmal ging es um ein vermeintliches strafbares Handspiel. Nach einem Eckball über die rechte Seite konnten die Gäste zunächst in den Rückraum klären. Dort nahm Lannert den Abschluss aus 18 Metern und schoß Alexandropoulos, der im Strafraum herangegrätscht kam, an den abgespreizten Arm. Patrick Alt war sich seiner Meinung sicher und zeigte sofort auf den Punkt. Zwar gibt es im Regelwerk den Punkt, wenn der Ball vom eigenen Körperteil an den Arm springt, soll nicht auf Handelfmeter entschieden werden, allerdings ist es hier regeltechnisch dennoch ein Handspiel, da es hier nicht die klare, eindeutige Richtungsänderung, sondern mehr ein Abfälschen ist.  Dadurch geht der Ball ohne eine Richtungsänderung in die gleiche/ähnliche Richtung. Hier muss man festhalten, dass Sotiris Alexandropoulos schon die Körperfläche mit dem rechten vom Körper abgewinkelten Arm vergrößerte. Zwar ist dieser noch auf Schulterhöhe, was einer natürlichen Armhaltung gleicht, allerdings ist  diese Haltung Torwartähnlich, um den Ball zu blocken. Es war hier ein erwartbarer Ball. Deshalb war es, obwohl der Ball vom eigenen Körper ab, bei dieser Handspielsituation strafbar und korrekt.
Doch was wäre die korrekte Entscheidung in Bezug der persönlichen Strafe? Das Handspiel hätte mit Gelb bestraft werden müssen, da durch das Handspiel ein Schuss aufs Tor verhindert worden ist. Kein rote Karte, da das Handspiel nicht unmittelbar auf der Linie war und somit kein klares Tor verhindert worden ist. [TV-Bilder – ab 02:40 Minuten]

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Helmut Wittiger

    Im Spiel Elversberg gegen 1.FC Nürnberg entscheidet der Sr auf SS. Der Kommentar sagt es regeltechnisch richtig. VAR Pfeifer greift ein und entscheidet, dass das Halten außerhalb des Strafraumes war. Die Bilder zeigen, dass das Loslassen erst im Strafraum erfolgte.
    Für mich eine Konzessionsentscheidung, da der VAR der Meinung war, ein SS wäre eine zu strenge Bewertung(!).
    Das zeigt wieder einmal, dass ein Videobeweis auch keine 100%-ige Lösung ist.

  2. Harry Bomhoff

    Der Strafstoß gegen Düsseldorf (vermeintliches Handspiel) hätte nach meiner subjektiven Bewertung nicht gegeben werden dürfen.
    Erstens fehlt mir die Absicht, zweitens geht der Ball zur Hand und drittens handelt es sich um eine natürliche Körperhaltung beim Versuch, durch eine Grätsche, den Ball zu blockieren. Es ist unmöglich beim grätschen beide Arme am Körper zu halten, somit gehört dieser Ablauf zu einem natürlichen Bewegungsablauf beim Fußball.
    Desweiteren frage ich mich, wie eine Körperfläche vergrößert werden kann? Nach meinem Wissen bleibt, auch wenn ich ein bewegliches Teil eines Körpers verändere, die Gesamtfläche des Körpers physikalisch unverändert. Somit ist die Definition irreführend und realitätsfremd.
    Zusammenfassend halte ich fest, dass es sich nicht um ein strafbares Handspiel handelt, da keine der Voraussetzungen (Absicht, Hand geht zum Ball, unnatürliche Körperhaltung) gegeben waren.

    1. Ralf Giesenkirchen

      Sehr gut beschrieben, zudem ist die Aussage im Text, dass der Ball nach der Beinberührung seine Richtung nicht geändert hätte, völliger Quatsch, da die Richtungsänderung in jeder Wiederholung klar zu sehen ist

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