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Aus kurzer Distanz – Buch-Rezension

Von: Dieter Albrecht

Das Buch „Aus kurzer Distanz“ des Fußball-Schiedsrichters Dr. Felix Brych ist in Zusammenarbeit mit dem Sportkorrespondenten Sven Haist vor zwei Wochen erschienen. Der 1975 in München geborene und dort lebende Autor schildert darin insbesondere den Verlauf seiner langen internationalen Laufbahn, die 2007 begonnen hat und am Jahresende 2021 auf eigenen Wunsch beendet worden ist. Auf nationaler Ebene bleibt Brych der Bundesliga weiter als Aktiver erhalten.

Der Spitzenschiedsrichter kann auf eine herausragende Karriere zurückblicken. Fünfmal wird der promovierte Jurist zum „Schiedsrichter des Jahres“ in Deutschland gewählt. Die FIFA kürt ihn 2017 und im letzten Jahr 2021 zum „Weltschiedsrichter“. In der Liste der besten Schiedsrichter aller Zeiten landet der Münchener auf Platz drei. Hervorzuheben ist sein über den langen Zeitraum stets professionelles Auftreten. Brych hat zahlreiche große und wichtige Spiele geleitet, war bei zwei Welt- und Europameisterschaften und den Olympischen Spielen 2012 in London im Einsatz.

Brychs Schiedsrichterlaufbahn ist geprägt von vielen Höhepunkten, aber auch Rückschlägen, als er nach der Vorrunde bei der WM 2018 die Heimreise antreten musste. Ein strittiger nicht gegebener Elfmeter im Spiel zwischen Serbien und der Schweiz führt zum vorzeitigen Ausschluss. Serbiens Trainer Mladen Krstajic fordert gar seine Überstellung zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, um ihm dort wie einem Kriegsverbrecher den Prozess zu machen. Brych zeigt sich davon tief berührt, benötigt einige Zeit, um diese herbe Enttäuschung zu überwinden. Fachleute äußern sich übereinstimmend, dass es sich um eine politisch motivierte Entscheidung der FIFA gehandelt hat.

Der Autor stellt diese Passage gleich an den Anfang seines Buches. Seine Trotzreaktion auf den Ausschluss, die er mit der Ansage „Ich komme wieder“ kommentiert, setzt er in die Tat um. FIFA und UEFA behalten ihn weiter im Auge. Die wegen der Corona-Pandemie auf das Jahr 2021 verschobene Europameisterschaft, wird zum absoluten Glanzpunkt. Nach zwei gut gelaufenen Spielen in der Gruppenphase hofft Brych auf eine weitere Nominierung. Seine Erwartungen werden dann aber weit übertroffen. Er steigert sich von Spiel zu Spiel, was von der UEFA mit Einsätzen im Achtel-, Viertel- und Halbfinale belohnt wird. Fünf Einsätze bei einer EM, das hatte es zuvor noch nicht gegeben. Felix Brych und seine langjährigen Dauerassistenten Mark Borsch und Stefan Lupp ernten höchstes Lob von allen Seiten.

In seiner ihm eigenen zurückhaltend bescheidenen, zugleich vom Ehrgeiz angetriebenen Art mit dem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, lässt er die großen Ereignisse noch einmal Revue passieren. Dazu gehört das Finale der Champions League, deren Rekordhalter Brych mit 69 geleiteten Spielen ist und ein Endspiel der Europa-League. Der DFB nominiert ihn zweimal für das deutsche Pokalfinale. Das Buch gibt einen guten Einblick in die Gefühlswelt und das Leben des Schiedsrichters, der als Abteilungsleiter beim Bayerischen Fussballverband beschäftigt ist. Brych schildert tiefgründige Details, eigene Befindlichkeiten und Stresssituationen, steht immer selbstkritisch zu seinen Fehlern. Dazu gehört ein Tor, das keines war, weil der Ball durch ein Loch von außen ins Netz rutscht. Das so bezeichnete „Phantomtor“ von Hoffenheim geht 2013 in die Geschichte des Bundesligafußballs ein.

Felix Brych sieht sich als Spielleiter auf dem Platz neben zwei um den Sieg kämpfenden Mannschaften als die dritte unabhängige Partei. Eine absolut lesenswerte, zugleich faszinierende Lektüre.


Das Buch ist zum Preis von 24,99 Euro in allen gängigen Onlineportalen und im gut geführten Buchhandel deines Vertrauens erhältlich. 

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