Die Italiener diskutieren noch, als Joshua Kimmich das Jahrhunderttor des DFB einleitet. Der schnell ausgeführte Eckball des Kapitäns ist maßgeblich für den Treffer von Jamal Musiala. Warum alles korrekt verlaufen ist.
Gianluigi Donnarumma schimpfte erst, dann guckte er ganz doof aus der Wäsche: Während der italienische Torhüter noch sein Team zusammenstauchte, weil die Abwehr bei einem Angriff des DFB-Teams gepennt hatte, und er mit einer Glanzparade das zweite Gegentor verhindern musste, fiel in seinem Rücken schon das 2:0 durch Jamal Musiala.
Dieses Tor im Viertelfinal-Rückspiel der Nations League geht in die Geschichte ein. Kein Italiener bekam mit, dass Joshua Kimmich dank des 15-jährigen Balljungen Noel Urbaniak schnell den Ball für die fällige Ecke zugeworfen bekam. Sie standen um den Elfmeterpunkt herum, diskutierten und gestikulierten. Donnarumma trat hinzu, nachdem er den Kopfball von Tim Kleindienst mit einem Sprung über die Latte abgewehrt und sich anschließend abgerollt hatte.
Da war Kapitän Kimmich längst unterwegs zur Ecke. Einmal Augenkontakt, der Ball kam vom Balljungen, schnell auf die Ecke gelegt und ab damit zu Musiala, der im Rücken von Donnarumma und Co. völlig freie Bahn hatte.
Doch ging es dabei wirklich mit rechten Dingen zu?
Schließlich hatten die Italiener ganz offensichtlich nicht mitbekommen, dass Kimmich die Ecke so schnell ausführte. Das war allerdings ihr eigenes Verschulden. Ein Eckball muss nicht, genauso wie bei einem Einwurf oder einem Abstoß, ist das nicht der Fall. Grundsätzlich kann der Spieler den Eckball ausführen, sobald der Ball ruht und bereit ist. Ein Pfiff des Schiedsrichters ist nur erforderlich, wenn er das Spiel zuvor unterbrochen hat oder eine besondere Verzögerung vorliegt. Hier ist der Ball einfach ins Toraus gegangen, da geht es weiter mit der Ausführung des Eckstoßes.
Ein Strafstoß muss zwingend angepfiffen werden Auch wenn ein Spieler auf dem Spielfeld behandelt worden ist, muss hinterher angepfiffen werden. Das gilt ebenfalls, wenn ein Spieler verwarnt oder gar vom Platz gestellt oder ein Spieler eingewechselt wurde. Doch wenn es keinen Grund für eine Spielverzögerung gibt, geht es bei einer Ecke ohne expliziten Schiedsrichter-Hinweis weiter.
Es gibt aber natürlich dennoch Regeln: Der Ball muss vor der Ausführung des Eckstoßes fest innerhalb der Ecken-Linien auf dem Boden liegen. Zudem muss einer aus dem Schiedsrichterteam die Ausführung mitbekommen. Das kann auch der Assistent sein, dessen Aufgabe es letzten Endes an dieser Stelle ist, weil der Ball von der rechten Ecke kam, wo der Assistent stand.
Beides war in der Szene gegeben. Auch wenn Schiedsrichter Szymon Marciniak einigermaßen unbeteiligt in den Strafraum ging und nicht explizit in Richtung Ecke schaute, nahm er das Tor zur Kenntnis und bestätigte es per Geste: Er drehte sich zum Mittelkreis um, zeigte per ausgestrecktem rechten Arm die Entscheidung an. Tor, Wiederanpfiff mit Ball für Italien. Zudem stand sein Assistent genau neben Kimmich, als dieser den Eckball ausführte. Er hatte die Ecke angezeigt, er hatte freie Sicht, ob der Ball richtig lag, er konnte genauestens beobachten, dass weder Kimmich, noch Musiala einen Fehler begingen.
Ich vermisse erklärende Worte zu der Frage, ob sich Musiala während des Eckstosses nicht im Abseits befand. Ist evtl. die Abseitsregel bei Eckstössen aufgehoben?
Bei einem Eckball gibt es kein Abseits.
Abseits ist bei einer Ecke schon aus zwei Gründen nicht möglich. Zum einen ist beim Eckstoß die Abseitsregel sowieso aufgehoben. Zum anderen wäre es auch ohne die Regel aus praktischen Gründen (fast) unmöglich bei einer Ecke im Abseits zu stehen, da es ja kaum möglich ist, näher an der Torauslinie zu sein als der Ball.
Mir fehlen da fast die Worte! Wie soll denn bei einem direkt ausgeführten Eckstoß bei einem mehrere Meter vor der Torlinie stehenden Mitspieler eine Abseitsstellung entstehen? Haben sie nicht nachgedacht, Herr Klein?
Das Ganze ist absolut regelkonform. Kimmich hat sehr geschickt die Situation genutzt, während die Italiener in gemeinsame Diskussionen verwickelt waren. Alles absolut in Ordnung.
Einzige Ausnahme wäre, wenn der Eckstoß nicht direkt vor das Tor getreten sondern seitlich zu einem Mitspieler abgegeben wird. Dieser schlägt den Ball anschließend vor das Tor. Daraus könnte dann ein Abseits entstehen.
Als kritischer empfand ich die Nachspielzeit. Was ist da passiert ? Auf keinem Bild war auch nur annähernd sicher zu erkennen, dass Mittelstädt mit der Hand am Ball war. Da wollten die polnischen Offiziellen, der VaR und dann der Schiri, offenbar dringend noch einen Elfmeter für Italien einbauen.
Jahrhundertor war es vielleicht nicht. Dazu fehlte Gegenwehr. Den mach ich vermutlich auch rein ! Regeltechnisch war alles in Ordnung.