Es war der Aufreger im Bundesliga-Topspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern München: Ein klares Handspiel von Gladbachs Rocco Reitz wird nicht geahndet, den Bayern bleibt ein Elfmeter verwehrt. Ein Kommentar zur internationalen Regelauslegung des Handspiels:
Eine explizite Regelung zur Schutzhand im Fußball gibt es laut Regelwerk nicht. Dennoch sind die Schiedsrichter bei einem Handspiel, welches aus einem harten Schuss aus kurzer Distanz resultiert, besonders angewiesen auf zwei Merkmale zu achten. Zum einen bewertet der Schiedsrichter, ob das Handspiel ein Reflex des Spielers war, eine natürliche Körperbewegung, die dem Schutz des eigenen Körpers dient.
Dabei ist ganz entscheidend die kurze Entfernung und dass der Ball vom eigenen Spieler kam und dass mit dem Hand überhaupt nichts verhindert wurde, da der Ball aus dem Strafraum geflogen wäre.
Zum anderen spielt die Vergrößerung der Körperfläche eine wichtige Rolle bei der Einordnung eines Handspiels. Schützt sich der Spieler bei einem Handspiel selbst (Reflex) und vergrößert dabei nicht seine Körperfläche, hat der Spieler kein strafbares Handspiel begangen.
In diesem Kontext ist die Entscheidung von Felix Zwayer sehr gut vertretbar.
Nie war der Begriff „Schutzreflex“ treffender, als beim Handspiel von Reitz. Das sind Entscheidungen in Sekundenbruchteilen. Der Ball wäre aus anderthalb Metern mit voller Wucht ins Gesicht geflogen. Er riss blitzschnell seine Arme in die Luft um seinen Kopf zu schützen. Da denkt man nicht wo dir Arme hingehen, da will man nur seinen Kopf schützen. Im Regelwerk steht ‚im Sinne des Spiels“. Es ist nicht im Sinne des Spiels wenn er verletzt ins Krankenhaus. Da ist die Uefa auch sehr vorsichtig mit.
Internationale Regelauslegung
Es gibt bei der UEFA eine Anweisung teammate gegen teammate ( Befreiungsschlag)
Die FIFA gibt es eine Anweisung Hände vor Gesicht zum Schutz des Kopfes, da sind sie eben doch etwas großzügiger. Das alles zusammen macht es für mich korrekt hier nicht zu pfeifen.
Auch wenn es nicht jeden gefällt aber die Entscheidung ist absolut vertretbar.
Schiriboss bestätigt Auslegung
Diese internationale Regelauslegung wurde von Schiriboss Knut Kircher bestätigt. Richtig ist, es steht im deutschen Regelwerk so nicht drin.
Das Hauptproblem ist, dass die UEFA eigene Regeln schafft, das aber gar nicht darf. Zulässig wäre es, das Regelwerk zu konkretisieren. So einen Fall haben wir hier aber nicht. Die Unterscheidung, ob der Ball vom Gegner oder vom eigenen Mitspieler kommt, gibt es im Regelwerk des IFAB schlichtweg nicht.
Die Entscheidung von Zwayer bleibt für mich trotzdem aber gut vertretbar. Wenn man aus kürzester Nähe einen Ball Richtung Gesicht bekommt, ist es „natürlich“ die Hände vor das Gesicht zu nehmen.
Ich hab mich mit verschiedenen Leuten aus DFB- und UEFA-Bereich unterhalten mit der Folge, dass es unauslegbar ist.
Ich habe Knut Kircher im Doppelpass so verstanden, dass man hier die ominöse UEFA-Anweisung auch gar nicht gebraucht hat.
Reflexartige Schutzbewegung gilt nicht als absichtlich im Sinne der Regel. Die Körperfläche (hier der Kopf) wurde auch nicht vergrößert, da der Ball ansonsten ja das Gesicht getroffen hätte.
Streng genommen hätte es auch bei einem Torschuss kein Strafstoß geben dürfen.
Die UEFA würde hier anscheinend nur ebenfalls keinen Strafstoß wollen, wenn die Körperfläche unnatürlich vergrößert wird und der Ball vom eigenen Mitspieler kommt.
Eigentlich die logische Konsequenz, wenn man die Gefahr durch Gehirnerschütterungen reduzieren möchte. Dann kann der Fußball hier doch nicht allen Ernstes einen Strafstoß wollen?
Zusammengefasst: Es gibt diese zwar nicht stehende aber geltende internationale Auslegung der UEFA, der sich hier aus menschlichen Gesichtspunkten angeschlossen wird.
Die besagt, wird ein Spieler von einem Mitspieler bei einer Klärungsaktion aus der Box aus kurzer Distanz und mit voller Wucht angeschossen, ist nicht auf strafbares absichtliches Handspiel nicht zu entscheiden.
Ein solches Handspiel wo mit einem persönlichen Schutzreflex die Gesundheit geschützt wird, ist nicht absichtlich.
Mittlerweile sollte jeder mitbekommen haben, wie schwierig die Bewertung eines Handspiels geworden ist.
Das heißt wenn eine ähnliche Szene nächste Woche komplett anders entschieden wird, ist es auch vertretbar? Ich erwarte jetzt endlich Mal eine einheitliche Linie bei Handspielen und beim Eingriff des VAR. Und ich möchte nicht jede Woche lesen, warum das dann doch vertretbar war, obwohl es sonst immer anders gepfiffen worden ist. Und vielleicht liest man dann hier auf der Seite auch Mal n kritisches Wort über Zwayer, der ja abgesehen von den zwei Eltern insgesamt ne äußerst bescheidene Leistung geboten hat….
Ob die Leistung „äußerst bescheiden“ war, ist subjektiv genauso wenig wie kicker-Noten subjektiv sind und eine eigene Meinung des Redakeurs ist und nicht offiziell sind. Jedenfalls hat er die spielentscheidenden Szenen korrekt und unauslegbar bewertet.
Warum geben denn alle abgesehen von den Eltern ihm eine „äußerst bescheidene Leistung“ als Fazit? 😉
Nö hat er nicht. Beide Situationen sind viel diskutiert worden, weshalb nicht von unstrittig oder unauslegbar gesprochen werden kann. Spätestens nächste Woche werden ähnliche Szenen komplett anders entschieden und dann ist es auch korrekt. Als Kircher am Anfang Mal Entscheidungen im Dopa anders gesehen hat, waren die Entscheidungen zuvor hier auch als korrekt dargestellt worden…. Vor allem Zwayer darf hier nicht ansatzweise kritisiert werden. S
Nach den ständigen Kehrtwendungen in der Beurteilung von Handspielen ist mir der Durchblick abhanden gekommen.
Das ist nachvollziehbar