Schiedsrichter in allen Spielklassen brauchen ein dickes Fell. Sie werden beschimpft, beleidigt oder bespuckt. Neuerdings sogar beklaut. Zurecht reagierte jetzt die DFB-Schiedsrichterführung und die Kollegen gehen gegen Unsportlichkeiten konsequent dagegen vor. Auf der anderen Seite macht er auf gute Schiedsrichter-Mentalität und bietet eine Angriffsfläche. Ein Kommentar:
Der Schiedsrichter auf dem Feld kann nicht immer alles sehen. Da steht bei einer entscheidenden Situation mal einer davor oder man nimmt mal ein Handspiel anders wahr. Der Schiedsrichter entscheidet immer nach besten Wissen und Gewissen aus seiner neutralen Sicht. Beleidigungen wie „Schiri, du bist so blind“, Hurensohn oder Gleichen gehen gar nicht.
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In Leipzig wurde mal ein A-Junioren-Nachwuchsteam gesperrt, weil sie Gegner und Schiedsrichter wiederholt mehrfach massiv wie, „Da steht ein A…loch im Tor“ – „Du bist so blind!“ beleidigten – derartige Beleidigungen bekamen der Hüter der SG Olympia Leipzig II und der Schiedsrichter während eines A-Jugend-Spieles zu hören. Diese Rufe kamen nicht von Zuschauern der Stadtliga-Partie, sondern von einem Betreuer der gastgebenden Spielgemeinschaft Victoria/Nordwest Leipzig. Das Jugendsportgericht des Fußballverbandes der Stadt Leipzig (FVSL) schloss im Dezember 2014 die Mannschaft per Einstweiliger Verfügung bis zum Abschluss des Verfahrens vom Spielbetrieb aus und lehnte einen Einspruch gegen die vorläufige Maßnahme ab.
Ein außergewöhnliches Urteil
Ein schwieriger Fall – zumindest was das Strafmaß betrifft. Teilweise steht Aussage gegen Aussage. In der Halbzeit der Partie, die 0:5 endete, begannen die Beleidigungen. Laut FVSL-Urteilsbegründung machten die von ihrem Betreuer animierten Akteure der Spielgemeinschaft fleißig mit. „War finster Schiri!“, „Du bist behindert“, „Du wurdest bestochen!“… Der Referee gab zudem zu Protokoll, er habe zwischenzeitlich Angst vor Handgreiflichkeiten bekommen. Ein Akteur meinte demnach: „Wir klären das nach dem Spiel!“ und „Ich weiß nicht, ob ich da ruhig bleibe!“
Der vom FVSL gesperrte Betreuer wurde von der Spielgemeinschaft von seinen Aufgaben entbunden. Zudem wurde in den beiden Vereinen ausgewertet, dass für diese Partie entgegen den Vorschriften kein Leiter des Ordnungsdienstes schriftlich festgelegt wurde. Die beiden Vereine wiesen allerdings entschieden zurück, dass der Referee Angst um seine Gesundheit haben musste. Bemühungen des verantwortlichen Trainers, mit dem Schiedsrichter ins Gespräch zu kommen, wurden abgelehnt. In der Stellungnahme wird vor allem auch zurückgewiesen, dass Spieler den Schiedsrichter beleidigt oder bedroht haben.
Schiedsrichter müssen geschützt werden
Keine Frage. Derartige Bedrohungen und Beleidigungen von Spielern oder Teamoffiziellen müssen immer von den Schiedsrichtern mit der glattroten Karte bestraft und ein ausführlicher Sonderbericht geschrieben werden. Der Rest regelt dann das Sportgericht – ganz oft leider mit lächerlichen Strafen – was aber an den Rahmenbedingungen liegt. Man muss aber dann diese Sportgerichtsurteile aber auch akzeptieren. Gerichte entscheiden immer nach Recht und Gesetz und -wie der Schiedsrichter- nach bestem Wissen und Gewissen.
Sachlich kritische Aufarbeitung
Wie der Schiedsrichterbeobachter vor Ort, nehmen sich gewisse Experten und ehemalige Schiedsrichter nach einer Partie die Entscheidungen der Schiedsrichter vor und erklären sachlich aber auch kritisch, wie man etwas sieht und ob die Entscheidung der Unparteiischen richtig oder eher falsch war. Die bekanntesten aus dem Schiedsrichterbereich sind hier „BamS-Schiriexperte“, Sky-Schiedsrichterexperte Alex Feuerferdt, sportbuzzer & liga3online-Experte Babak Rafati oder das Kompetenzteam der IG-Schiedsrichter um Felix Stark, Simon Schmidt die natürlich aktiv in den niedrigen Verbandsspielklassen als Schiedsrichter im Einsatz, aber auch als Lehrwarte in den Verbänden arbeiten. Da ist schon durchaus Kompetenz vorhanden.
DFB redet schön
Da könnte die DFB-Schiedsrichter-Kommission noch viel mehr machen. So müssten nach jeden Spieltag Entscheidungen von offizieller Seite erklärt werden. Doch dies wird a) nur sehr punktuell gemacht, b) meist dann nur die richtigen Entscheidungen der DFB-Schiedsrichter genommen oder c) was öfters kommt, werden die Entscheidungen eher „Pro Schiedsrichter“ gewertet, um diese in ein positives Licht zu rücken, was dann natürlich vom emotionalen Fanvolk mit dicker fetter Vereinsbrille äußerst kritisiert wird.
Beispiele aus jüngster Vergangenheit
Beispiel 1: Im Bundesligaspiel Werder Bremen gegen VfL Wolfsburg gab Schiedsrichter Daniel Siebert bei einem nicht absichtlichen Handspiel von Yannick Gebhardt Handelfmeter für Werder. Aus fußballerischer Sicht spricht einiges für keine unnatürliche Armhaltung, da der Ball aus kürzester Distanz an den Arm prallte. Weil der Arm vom Körper abstand und eine minimale Bewegung des Arms zum Ball erkennbar war, wurde die Entscheidung des Schiedsrichters mitgetragen. Eine Entscheidung, die viele der obigen Experten damals harsch kritisierten.
Sky-Experte Alex Feuerherdt hatte direkt Zweifel an der Argumentation und sprach später in seiner Spieltagskolumne für ntv-Nachrichten davon, dass selbst der VAR-Eingriff falsch war, da der Unparteiische es auf dem Platz korrekt wahrgenommen hat. Dieser Alex Feuerherdt ist zudem im Kompetenzteam des Lehrwesen der DFB-Schiedsrichter-Zeitung. Seine Meinung hat also durchaus einen offiziellen Charakter. Und dann stellte sich Peter Sippel, der sportliche Leiter der Bundesliga-Schiedrichter später hin, dass die Entscheidung mitgetragen wird, weil die Kritierien der Körperflächenvergrößerung und aktive Bewegung des Arms zum Ball gegeben war.
Was mich aufregt
Beispiel 2: Im Bundesligaspiel SC Freiburg gegen Eintracht Frankfurt schaltete sich Video-Assistent Pascal Müller nach einem Nachtreten von Jasper Lindström ein. Am Ende zeigte Schiedsrichter Deniz Aytekin dem Frankfurter die Gelbe Karte. Hierzu muss man wissen, bei Tätlichkeiten ist bereits der Versuch strafbar. Egal ob er ihn getroffen hat oder nicht, ist da zwingend ein Platzverweis auszusprechen. Aber Deniz Aytekin gibt keine Platzverweise mehr…
Deniz Aytekin wollte das Spiel durch Rot nicht kaputt machen.
Die Aussage von Alex Feuerherdt sagt so ziemlich alles aus. Aytekin hat offenbar keine Eier um durchzugreifen, entscheidet meist zu Gunsten der Spieler um als „guter Schiedsrichter“ der auf Platzverweise verzichtet dazustehen. Und wenn dann mal ein Schiedsrichter völlig korrekterweise den Platzverweis ausspricht, wird nach dem falschen Fingerspitzengefühl, welches in keinem Regelwerk zu findet ist, vom emotionalen Fanvolk nach Aytekin gerufen: „Der hat damals keins rote Karte gezeigt“.
Ein anderes Beispiel (3): Aytekin ließ im Bundesligaspiel Gladbach vs. Schalkes Schalkes Belanta „leben“ und zeigte ihm nach wiederholten Foulspiel (Ellenbogeneinsatz, taktisches Foul, Verhinderung eines aussichtsreichen Angriff) nicht Gelb/Rot. Bewertete damit die Zweikämpfe unterschiedlich.
Ist das richtig?
Nein! Damit schadet Deniz Aytekin allen Schiedsrichterkollegen -sei es in der Bundesliga oder der Kreisklasse-. Was Rot ist, muss auch bei ihm Rot bleiben und nach Empathie wird immer nur dann gerufen, wenn es regeltechnisch ganz dünn wird.
Und wenn man das dann kritisiert, wird man von gewissen Schiedsrichtern bzw. Mitarbeitern der offiziellen DFB-Schiedsrichter-Seite kritisiert, wird man als fachlich und menschlich auf ganzer Linie disqualifiziert, dargestellt.
KRITIK NICHT ERWÜNSCHT
Fazit: Beleidigungen gegen Schiedsrichter gehen gar nicht und Unsportlichkeiten von Trainern wie („der soll ein gelbes Hemd anziehen“) gehen gar nicht. Völlig zurecht, wurde hier die rote Karte gegen Christian Streich gegeben, da hier eine Grenze überschritten wurde. Wenn aber dann auch regeltechnische zwingend notwendige Platzverweise nach Tätlichkeiten und wiederholten Foulspiel nicht gezeigt werden, schadet er mit dieser Art von Spielleitung ala „Guter Schiedsrichter Mentalität“ allen Schiedsrichtern, die Rot zeigen. Einerseits möchte er respektvoll behandelt werden, andererseits bietet er Personen gegen ihn eine Angriffsfläche gegen ihn zu meckern und unsportlich zu werden. Das passt nicht zusammen. Da muss er sich anpassen.
(rk)
Schöner wäre es wenn sich die Leistungen von Schröder an die von Aytekin anpassen würde
Deniz Aytekin ist aus meiner Sicht der beste Schiedsrichter in der Bundesliga, da er die Regeln im Sinne des Fußballspiels anwendet und nicht stur nach Regeltext.
Das ist eine Kunst, die man nur über Erfahrung und Persönlichkeit lernen kann. Aytekin ist in seinen Anfangsjahren zum schlechtesten Schiedsrichter in der Bundesliga gewählt worden.
Nun ist er der Beste.
Kritiker gibt es weiterhin, aber es sind weniger geworden.
Pingback: Fröhlich zu Schiedsrichter-Alter: Leistung im Vordergrund – IG Schiedsrichter
Obwohl beide international nicht mehr tätig sind, stehen Felix Brych und Deniz Aytekin in der Bundesliga leistungsmäßig ganz oben.