Das bis dato unspektakuläre DFB-Pokal-Halbfinale zwischen Werder Bremen und RB Leipzig (1:2) hatte kurz vor der Halbzeit seinen ersten großen Aufreger erlebt. Einen zunächst vom Schiedsrichter gegebenen Elfmeter für Werder nahm Manuel Gräfe nach Intervention der Videoassistentin Bibiana Steinhaus-Webb zurück.
Von: Felix Stark; diese Analyse stellte die erlebte Sicht des Autors dar.
Was war passiert?
Davy Selke lief im Leipziger Strafraum vor Nordi Mukiele ein, wartete auf einen Kontakt und ging zu Boden. Schiedsrichter Manuel Gräfe gab Strafstoß für Bremen. Allerdings schaltete sich VAR Bibiana Steinhaus-Webb sofort ein und holte Gräfe an den Bildschirm. Nach eingehendem Videostudium nahm er dann den Strafstoß zurück.
Der Unparteiische stand hier sehr nahe zum Geschehen und in einem äußerst ungünstigen Blickwinkel zum entscheidenden Zweikampf. So sah er nicht, dass Selke das hintere Bein bewusst in Richtung Mukiele durchstreckte, um damit einen Kontakt herzustellen, während der Leipziger völlig passiv blieb.
Damit war die Entscheidung nach VAR-Eingriff eine wirklich gute, jedoch stellte sich mal wieder die Frage, warum Steinhaus-Webb überhaupt eingreifen durfte und bei vergleichbaren Situationen (siehe Strafstoß FC Arsenal in der Analyse zu den vergangenen Europa League-Halbfinals) nicht eingegriffen wurde.
Diese Diskussion ist in solchen Fällen mehr, als nur unzweckmäßig – einmal wird sich in die eine Richtung beschwert, einmal in die andere Richtung. Dabei entscheidet doch der Schiedsrichter selbst und sonst kein anderer!
Die Anwendung des Videobeweises spielt sich einfach zu einem großen Teil zwischen den Ohren der sechs beteiligten Unparteiischen ab. Es geht darum, ob ein für die Bewertung entscheidendes Detail nicht richtig wahrgenommen wurde. Hier nahm Gräfe nicht wahr, dass Selke selbst den Kontakt hervorrief und nicht der Leipziger. Deshalb lief hier alles absolut richtig!
Allerdings nicht beim folgenden Schiedsrichterball
Auf technische Dinge legt Gräfe ja bekanntermaßen nicht allzu viel Wert, aber was auf dieser Ebene nicht passieren darf, ist das Regelwerk hierzu völlig zu ignorieren. Natürlich: Aufgrund seiner persönlichen Präsenz hatte er auch hier die Kontrolle. Jedoch hielten die Leipziger beim ersten Versuch den Abstand von vier Metern nicht ein, während Gräfe kurz darauf wieder abpfiff und nochmal einen Schiedsrichterball durchführte, da er angeschossen wurde. Hierzu lagen aber die regeltechnischen Voraussetzungen, also der Ballbesitzwechsel auf dem Spielfeld, nicht vor.
Wie gesagt, er hatte die Situation auch hier durch Persönlichkeit im Griff. Allerdings sollte man auch als Manuel Gräfe technische Dinge nicht völlig ignorieren!
Bremen erzielt in der Nachspielzeit die Führung für Werder
In der Verlängerung erzielte Leipzig das 0:1. Im Nachhinein gab es hierbei etwas Aufregung, da Yussuf Poulsen Theodor Gebre-Selaisse am Fuß traf, bevor Hee-Chan Hwang den Ball ins Tor schob. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass der Bremer Verteidiger den Ball schon längst – und bereits im Fallen – gespielt hatte, ehe es zum Kontakt mit dem Leipziger kam. Ein Pfiff wäre möglich, aber streng gewesen. Zudem hatte Gräfe freie Sicht und beurteilte das Geschehen seiner Linie entsprechend. Hat der Referee damit also alle zur Bewertung entscheidenden Dinge wahrgenommen, darf VAR Steinhaus-Webb auch nicht eingreifen! [TV-Bilder des Halbfinals]