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Gräfe: Im Zweifel für die mildere Strafe“

Im Studio des „Stahlwerk Doppelpass“ bei Sport 1 war am Sonntagmittag auch Manuel Gräfe. Zu Beginn der Sendung bewertete der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter auch die Szene aus dem gestrigen Topspiel zwischen Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach (4:0), die zum Elfmeter geführt hat. Außerdem nahm er Stellung zum möglichen Regelverstoß im DFB-Pokalspiel Münster gegen Wolfsburg. Wir haben seine Aussagen mitgeschrieben.

Gladbach bot vor der Pause die große Chance zum Anschluss, da es nach Bakkers Foul gegen Lainer (der danach verletzt raus musste) und VAR-Eingriff Elfmeter gab. Doch Stindl schoss schwach, scheiterte an Hradecky und machte die rabenschwarze erste Hälfte perfekt.

Doch war das ein Elfmeter?

Die große Frage war, war das Foul vor oder auf der Linie. Schiedsrichter Aytekin verlegte das Foul zunächst vor den Strafraum und gab Freistoß. Video-Assistent Tobias Welz überprüfte und sendete ein Signal an Aytekin, der sodann seine ursprünglich getroffene Entscheidung korrigierte und Strafstoß gab.

Was ist da maßgeblich? Wo fängt es an, wo hört es auf…?

Gräfe: „Hier entscheidet man in der grundsätzlichen Auslegung zwischen einem Fuß- und einem Haltevergehen. Bei Fußvergehen sagt man immer, der erste Kontakt ist für die Spielfortsetzung entscheidend (das wäre dann hier außerhalb des Strafraums gewesen), beim Halten ist es immer der Endpunkt. Trotzdem gibt es einen Grundsatz im Schiedsrichterwesen des größtmöglichen Nachteils, der er ihn daran hindern möchte, in den Strafraum einzudringen. Hier gibt es zwei Vergehen, insofern kann man den Elfmeter schon begründen, da der zweite Kontakt auf der Linie stattfand.

Doch war es auch Rot für Lainer?

Stefan Effenberg warf die Frage in den Raum, ob das nicht vielleicht mehr als eine Gelbe Karte ist?

Darüber könnte man auch diskutieren„, meinte Gräfe, „aber im Original könnte er mit Gelb auch gut leben und es war nachvollziehbar, aber wenn man es in den Zeitlupenbilder so sieht, kann man sicherlich auch über Rot nachdenken. Von hinten auf die Achillessehne, was eine Gesundheitsgefährdung darstellt.

Auf beiden Seiten möglich

Diese Entscheidung ist für Manuel Gräfe noch im Kann-Bereich, aber er findet Rot auch nachvollziehbar. Für Aytekin war es noch in bisschen zu ungestüm, wo der Ball noch irgendwo spielbar war und deshalb ist es nichts für den Video-Schiedsrichter, da sollte er die Entscheidung stehen lassen.“

Stefan Effenberg geht noch einen Schritt weiter: „Wenn dieser Zweikampf im Mittelfeld geführt wird, kriegt er Rot„.

Ob eine schwere Verletzung aus dem Foul entsteht, soll laut Manuel Gräfe „keine Rolle spielen„.

Profis sind oft gute Schauspieler

Gräfe: „Es gibt oftmals Situationen, wenn zum Beispiel der Stollen im Oberschenkel abgedruckt war, kann man das schon mal als Indizien mit heranziehen, aber grundsätzlich soll man sich davon lösen, denn er hätte auch sein können, der steht auf und spielt weiter. Hier liegt Glück und Pech nah beieinander und hier ist es die Aufgabe des Schiedsrichters den Spieler zu schützen und auch am Anfang der Saison Signale für die laufende Runde zu senden. Insofern wäre Rot die bessere Entscheidung gewesen, aber ich kann auch nachvollziehen, dass Aytekin aufgrund der Gesamtentscheidung auf Gelb ging.

„Wenn man im Zweifel ist, soll man als Schiedsrichter auch die mildere Strafe anwenden und ich kann Gelb noch nachvollziehen.“

Auch wurde er befragt über die wohl heißdiskutierteste Szene des möglichen Wechselfehlers im DFB-Pokal. Der DFB sieht sich in keiner Verantwortung. Wer ist aus deiner Sicht verantwortlich, Herr Gräfe?

Der Schiedsrichter ist verantwortlich

Gräfe: „Für mich haben hier beide einen Fehler gemacht. Eine Woche vor dem Spiel gab es ein Rundschreiben an die Vereine, wo nochmal auf die Durchführungsbestimmungen hingewiesen wurde. Ich kann die Verwirrung verstehen, weil das ist auch bis jetzt in der Mittelrheinliga, im Regionalverband West und wieder anders in der Bundesliga und in der B-Junioren-Bundesliga ist es mit 3 Slots nochmal anders und Anzahl. Es ist kompliziert, trotzdem ist es die Aufgabe des Schiedsrichters sich vor dem Spiel zu dem laufenden Wettbewerb die Bestimmungen durchzulesen. Wolfsburg hätte es in dem Augenblick auch wissen müssen und den Wechsel gar nicht erst anmelden dürfen, aber letztlich ist der Schiedsrichter verantwortlich.

Gräfe: „Das sehe ich auch komplett anders, als es das DFB-Sportgericht entschieden hat, welche auf § 17 Absatz 4 – nicht spielberechtigter Spieler verwiesen haben. Nicht spielberechtigter Spieler ist ein gesperrter Spieler oder der Wechsel war nicht gültig. Aber aus Regel 3 – Zahl der Spieler wissen wir, wir dürfen mit 11 Leuten spielen und wir wissen wir haben so viele Anzahl an Auswechslungen und das legt der Landesverband in den Durchführungsbestimmungen fest. Und bei Ein- und Auswechslungsen ist es explizit so, dass der Spieler nur mit Zustimmung des Schiedsrichters das Spielfeld betreten darf. Und wenn er es sogar irregulärerweise macht, muss man ihn sogar verwarnen. Das heißt, es ist ein klarer Regelverstoß.

Man muss sich auf den Schiedsrichter verlassen können

Gräfe: „Regelverstöße die gravierende Auswirkungen auf das Spiel haben, führt zu einer Wiederholung. Wolfsburg hat einen Fehler gemacht, deshalb können sie das Spiel auch nicht gewinnen. Also es ist nicht die alleinige Schuld des Schiedsrichters, aber die Schiedsrichter/vierter Offizieller/Assistent haben in dem Augenblick/Schiedsrichter als Hauptverantwortlicher sind ihrer Pflicht nicht nachgekommen. Das ist einfach Zahl der Spieler in Regel 3 und die hätten den Wechsel verhindern müssen und dann wäre es dazu gar nicht gekommen.“

Da sind wir sehr gespannt, ob das DFB-Bundesgericht dem Sportgericht folgt, denn eigentlich ist es ein Regelverstoß, der wenn er Auswirkungen hat zur Spielwiederholung führen muss.

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