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Halten als Herausforderung – Die Analyse in der DFB-Schiedsrichter-Zeitung

(red/ss) Im Analyseteil der 6. DFB-Schiedsrichter-Zeitung in diesem Jahr beschäftigen sich die Autoren Alex Feuerherdt und Rainer Werthmann mit dem Haltevergehen anhand von 8 Szenen aus der 1. und 2. Bundesliga. „Halten“ ist eigentlich eindeutig in der Regel mit einem direkten Freistoß als Folge definiert, stellt die Schiedsrichter in der Praxis jedoch immer wieder vor Herausforderungen. Die deutschen Elite-Schiedsrichter wurden auf dieses Thema im letzten Wintertrainingslager von Peter Sippel nochmal aufmerksam gemacht. 

 

1. FC Nürnberg – Holstein Kiel 2:2 (SR: Timo Gerach)

In der ersten Szene geht es um eine Flanke der Kieler von der rechten Seite in den Nürnberger Strafraum. Bei dieser bildeten sich drei Spielerpaare, die in einen Zweikampf gehen. In solchen Fällen ist für den Schiedsrichter die Herausforderung alle Zweikämpfe im Blick zu haben. Der Nürnberger Behrens hält den Kieler Özcan früh schon leicht fest. Als der Ball zu diesem Spieler gelangt zog er Özcan endgültig zu Boden. Hier hatte Gerach gut den Fokus auf die beiden und entschied vollkommend zurecht auf Strafstoß [TV-Bilder].

VFB Stuttgart – Erzgebirge Aue 3:0 (SR: Rene Rohde)

Eine ähnliche Szene gab es in der Partie Stuttgart gegen Aue. Dort hat der Angreifer Pascal Testroet die bessere Position gegenüber dem Stuttgarter Verteidiger Karazor und hält diesen leicht. Karazor hält zunächst nur dagegen. Somit besteht zu diesem Zeitpunkt noch kein Grund einzugreifen. Die Szene geht aber weiter: Testroet kommt an den Ball und geht an Karazor vorbei, der daraufhin dem Angreifer kurz am Trikot zieht. Der Auer Spieler versucht ebenfalls wieder den Gegenspieler auf Abstand zu halten und fällt kurz darauf. Hier ist laut den Autoren Weiterspielen die richtige Entscheidung, da das kurze Ziehen nicht ursächlich für den Sturz gewesen sein kann, ein Strafstoß als härteste Spielstrafe sollte eindeutig sein. Schiedsrichter Rhode bewertete das in der Partie richtig [TV-Bilder].

1. FC Nürnberg – SV Darmstadt 98 1:2 (SR: Patrick Alt)

In dieser Zweitligapartie gelangt der Darmstädter Dursun im Nürnberger Strafraum nach einem Defensivfehler an den Ball und ist gute 7 Meter vor dem Tor von schussbereit. Als der Darmstädter Angreifer abschließen will hält ihn der Nürnberger Verteidiger Sörensen. Die Folge ist, dass der Darmstädter den Ball nicht richtig trifft und zu Boden geht. Der Torwart der Gastgeber kann den Ball schließlich aufnehmen. Schiedsrichter Alt entschied auf Strafstoß, eine korrekter Entscheidung. Bei der persönlichen Strafe wurde aber zunächst nur Gelb ausgesprochen, durch ein VAR-Review korrigierte der Schiedsrichter diese auf Rot für Ansgar Sörensen. Hier ist das kurze Halten laut den Autoren zu ahnden, da das Vergehen effektiv war und seine Wirkung erzielte. Außerdem passte das Fallmuster von Dursun zum Vergehen Sörensens [TV-Bilder].

Borussia Mönchengladbach – Bayer 04 Leverkusen 1:3 (SR: Sören Storks)

In der vierten Szene geht es um eine viel diskutierte Situation in der Bundesligapartie Gladbach gegen Leverkusen. Der Angreifer Thuram der Gastgeber dringt in den Strafraum der Leverkusener ein und wird im Moment des Abschlusses von Dragovic deutlich gehalten. Den Schuss kann der Keeper parieren. Schiedsrichter Sören Storks lässt weiterspielen. Die sei die bessere Entscheidung gewesen, da der Gladbacher Angreifer sein Gleichgewicht halten kann und nicht entscheidend beim Abschluss behindert wird. Somit hatte das Halten von Dragovic keine Wirkung [TV-Bilder].

RB Leipzig – TSG 1899 Hoffenheim 3:1 (SR: Deniz Aytekin)

Hier geht es um ein Haltevergehen bei einer Flanke in der Partie Leipzig gegen Hoffenheim. Als die Flanke in den Strafraum kommt ist der Leipziger Angreifer Werner schneller als der Hoffenheimer Verteidiger Posch. Posch hält Werner daraufhin mit dem Arm an der Brust, sodass Werner schließlich zu Boden geht. Aytekin entschied sofort auf Strafstoß, die einzig richtige Entscheidung laut den Autoren. Hier sei es offensichtlich, dass der Verteidiger durch das Halten nur verhindern will, dass der Angreifer an den Ball gelang. Somit war es effektiv und erzielte seine Wirkung. Auch das Fallmuster von Werner passte zum Halten von Posch [TV-Bilder].

Union Berlin – SV Werder Bremen 1:2 (SR: Tobias Welz)

In der Nachspielzeit der Partie drängt Union auf den Ausgleich. Bei einer Flanke von der rechten Seite hält Marco Friedl Sebastian Polter leicht, der Berliner Angreifer geht daraufhin zu Boden. Schiedsrichter Welz lässt weiterspielen und entscheidet sich gegen einen Strafstoß. Das ist laut den Autoren vertretbar, denn anders als im vorausgegangenen Beispiel ist der Unioner Angreifer nicht in einer besseren Position als die Verteidiger (ein zweiter Bremer Abwehrspieler kommt dazu). Außerdem passt das Fallmuster nicht zum Impuls [TV-Bilder].

Hamburger SV – VFL Osnabrück 1:1 (SR: Dr. Martin Thomsen)

Die letzten beiden Szenen beschäftigen sich jeweils mit Haltevergehen nach Standardsituationen. In der ersten Situation geht es um einen Eckball für den HSV in der Nachspielzeit. Hier hält der Osnabrücker Girth seinen Gegenspieler Letschert bereits vor der Ausführung. Als der Ball anschließend hereinkommt fällt der Hamburger, nachdem er über Meter gehalten worden ist. Schiedsrichter Thomsen nahm die Situation wohl nicht war und pfiff nicht. Hier besteht laut den Autoren eine besondere Schwierigkeit im Beobachten aller „Duelle“ beim Eckball. Bei einer solch eindeutigen Situation sollte allerdings besser auf Strafstoß entschieden werden [TV-Bilder].

SC Freiburg – Bayer 04 Leverkusen 0:1 (SR: Marco Fritz)

In der Partie Freiburg gegen Leverkusen ereignete sich eine ähnliche Situation, ebenfalls bei einem Eckball. Während einem Eckstoß der Freiburger ergreift der Leverkusener Dragovic den Oberarm des Freiburgers Lienhart, der daraufhin stürzt. Ohne seinen Gegenspieler kann der Verteidiger anschließend den Eckstoß ins Toraus kläre. Hier entschied der Schiedsrichter auf weiterspielen bzw. einen weiteren Eckstoß für die Freiburger, die falsche Entscheidung. Hier tritt deutlich die Wirkung des Haltens ein, nur so kommt der Leverkusener anschließend überhaupt an den Ball, außerdem passt das Fallmuster. Auch hier besteht die Schwierigkeit für das Schiedsrichtergespann wieder im Gesamtüberblick der Szene [TV-Bilder].

 

Fazit: In der Praxis ist „Halten“ keinesfalls so eindeutig zu bewerten wie es in der Regel theoretisch definiert ist. Hier hat der Schiedsrichter neben dem eigentlichen Vergehen noch die Spielsituation zu beobachten (War das Halten effektiv und hat damit seine Wirkung erzielt?) und muss das Fallmuster des Spielers bewerten (Passt der Impuls von Spieler A zum Fallen von Spieler B?).

 

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Torsten Schild

    Schade, gerade bei diesem Thema haette mich die Meinung des DFB zum Spiel VFL Wolfsburg – Arminia Bielefeld interessiert. Bei einem Freistoss fuer Wolfsburg bediente Arnold, laut Kicker, den ungedeckten Weghorst der das 1:0 erzielte. Unterschlagen wird im Kicker aber, dass ein Wolfsburger Spieler direkt nach Ausfuehrung des Freistoß zum Bielefelder Spieler Doan rannte und ihn durch Halten daran hinderte in den Raum in dem Weghorst stand zu laufen um den Angriff zu verteidigen. Fuer mich was dies ein klares Stuermerfoul und ich habe mich gewundert wieso dies nirgendwo thematisiert wurde?

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