Der Rechtsstreit zwischen Ex-Schiedsrichter Gräfe und dem DFB zieht sich weiter in die Länge. Die Berufungsverhandlung fällt wegen einer neuen Entwicklung kurzfristig aus.
Die Berufungsverhandlung über eine Schadensersatzforderung des ehemaligen Schiedsrichters Manuel Gräfe gegen den Deutschen Fußball-Bund ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Der am Donnerstag geplante Termin wurde vom Oberlandesgericht Frankfurt kurzfristig abgesagt, nachdem es am Mittwochabend eine „nicht unerhebliche Klageerweiterung“ gegeben habe, teilte das Gericht auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Ein neuer Verhandlungstermin stehe noch nicht fest.
Gräfe hatte seine Bundesligakarriere nach 289 Einsätzen im Sommer 2021 wegen der beim DFB damals gängigen Altersbeschränkung von 47 Jahren beenden müssen. Im November 2022 hatte das Landgericht Frankfurt dem heute 50 Jahre alten Ex-Schiedsrichter im Rechtsstreit mit dem DFB eine Entschädigung in Höhe von 48.500 Euro wegen einer Altersdiskriminierung zugesprochen.
Der Berliner war gegen dieses Urteil dennoch in die Berufung gegangen, weil ihm das Gericht einen darüber hinaus eingeklagten potenziellen Verdienstausfall für die Saison 2021/22 in Höhe von 190.000 Euro nicht zugesprochen hatte. Die Abweisung des Klagepunkts wurde damit begründet, dass Gräfe selbst bei einer Berufung auf die Liste der Bundesliga-Referees „keine Garantie auf eine bestimmte Anzahl von Einsätzen“ gehabt hätte. Wie Gräfe hatte auch der DFB Einspruch gegen das Urteil des Landgerichts eingelegt.
Ich frage mich, wie die Klageerweiterung aussieht und von welcher Seite sie gestellt wurde? In erster Instanz hat Gräfe keinen Sieg, lediglich einen kleinen Teilerfolg verbucht. Das Landgericht Frankfurt hatte ihm nur etwa ein Viertel der geforderten Summe als „kleines Schmerzensgeld“ zuerkannt. Der von ihm geltend gemachte sogenannte Verdienstausfall für die Zukunft wurde dagegen zu Recht abgewiesen.
Es gibt in der Bundesliga keinen Anspruch für einen Schiedsrichter auf eine festgelegte Zahl der Ansetzungen für eine Saison. Wenn es irgendwann eine Berufungsverhandlung geben sollte, dürfte der Ablauf von besonderem Interesse sein. Aus juristischer Sicht sind die Chancen für Gräfe als gering einzustufen.
„Als gering einzustufen“ darüber streiten sich selbst die Juristen. Einige stellen sich auf die Gräfe-Seite, andere dagegen. Man wird abwarten müssen wie das „hohe Gericht“ entscheidet. Ein Pro Gräfe-Urteil könnte allerdings weitreichende Folgen für den gesamten Amateurfußball haben, wird doch das Ehrenamt-Modell in kippen gebracht. Das könnte von ähnlicher Bedeutung wie das damalige Bosmann-Urteil sein.
Das Gräfe-Urteil 1. Instanz ist veröffentlicht. Das LG Frankfurt hat die Klage auf Schadensersatz nicht abgewiesen, weil kein Anspruch auf eine festgelegte Zahl an Einsätzen bestanden hat, sondern weil Gräfe nicht ausreichend dargetan haben soll, dass er ohne Altersgrenze überhaupt auf die Liste der Bundesligaschiedsrichter aufgenommen worden wäre, er mithin besser geeignet war als der Listenschwächste.
https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE230004037
Hier der Link zum Urteil
Das ist absolut richtig, Herr Constantin, und durch das Urteil belegt. Für mich hat Gräfe aber nicht gewonnen, weil ihm lediglich ein kleiner Teilbetrag seiner Forderung zuerkannt wurde. Als Kläger hatte er auch noch 80 Prozent der Gerichtskosten zu tragen, die er möglicherweise, für ihn hoffentlich, mit einer Rechtsschutzversicherung abgedeckt hat.
Ich frage mich allerdings, ob Gräfe überhaupt einen Nachweis erbringen konnte, weil es offiziell keine festgeschriebene Altersgrenze gegeben hat. Für den Kläger gilt in diesem Fall wieder der Umkehrschluss.
Die Schiedsrichter haben keinen Vertrag bis zum Eintritt in das Rentenalter. Zumindest hätte ihn sein Anwalt besser aufklären müssen, falls er den Durchblick in der Sache hatte Das wäre sonst bitter. Seine weitergehend erhobenen Ansprüche gegen den DFB mit einem Verdienstausfall etc. sind aussichtslos.
Ich gehe davon aus, dass er in einem Arbeitsverhältnis steht und nicht nur Gelder und Honorare abgreifen möchte, von wem auch immer, um eine gesicherte Existenzgrundlage zu haben.
Herr Albrecht, Sie haben Recht, den weitaus größten Teil der Klage hat Gräfe verloren, und da sich die Kostenverteilung im Zivilprozess nach dem Verhältnis von Gewinnen und Verlieren richtet, kann man leicht erkennen, wieviel Gräfe meinte einklagen zu können, wenn man weiß, was ihm zugesprochen wurde und dass er am Ende trotzdem noch 80 Prozent der Kosten auferlegt bekommen hat.
Die Klageerweiterung muss von Gräfe ausgehen, denn nur er ist Kläger. Ich kann mir die Erweiterung damit erklären, dass aufgrund der mittlerweile vergangenen Zeit ein weiterer – angeblicher – Schaden durch fehlende Einsätze beziffert worden ist. Das ist aber bislang nur eine Vermutung.
Herr Constantin, es ist völlig richtig, Gräfe ist der Kläger, aber der DFB wehrt sich ja auch gegen das erstinstanzliche Urteil. Fest steht, fehlende Einsätze können nicht eingeklagt werden. Als Schiedsrichter hat Gräfe durchweg seit vielen Jahren die meisten Spieleinsätze in der Bundesliga erhalten. Das hat sich natürlich mit der Streichung von der Liste erledigt.
Ich kann mir nicht vorstellen, mit welchen stichhaltigen Argumenten er in die Berufungsverhandlung vor das Oberlandesgericht ziehen will.
Mir scheint das doch etwas komplizierter zu sein, ohne hier eine juristische Diskussion eröffnen zu wollen. Wenn aber das OLG dem Landgericht bezüglich der Altersgrenze und damit in dem Teil, den Gräfe gewonnen hat, folgt und Gräfe außerdem der Nachweis gelingen sollte, dass er nur wegen des Alters und damit zu Unrecht von der Liste gestrichen wurde (das ist ja ein wesentlicher Streitpunkt), ist ein Schaden durchaus denkbar und auch bezifferbar. Man denke etwa an die Grundvergütung, die den auf der Liste geführten Schiedsrichtern einsatzunabhängig gezahlt wird. Außerdem besteht – in gewissem Rahmen – auch die Möglichkeit einer Schätzung durch das Gericht. Welche Beträge da in Frage kommen könnten und ob Gräfes Vorstellungen auch nur ansatzweise realistisch erscheinen, wird man sehen. Lassen wir uns mal überraschen….
Das sehe ich auch so. Vor Gericht ist vieles möglich.
Gräfe hat schon als aktiver Schiedsrichter seit Jahren einen Kleinkrieg gegen den DFB geführt. Er hat bei den Spielansetzungen alles bekommen, war dennoch nie zufrieden. Darüber ist an anderer Stelle alles gesagt und geschrieben worden.
Fakt ist: Kein Schiedsrichter kann in Deutschland eine Weiterbeschäftigung einklagen, weil es kein Arbeitsverhältnis im arbeitsrechtlichen Sinne gibt. Das ist nur möglich, wenn es sich, wie beispielsweise in England, um Angestellte des Verbandes, also Profi-Schiedsrichter, handelt. Da ist vertraglich alles geregelt. In Deutschland ist das nicht so, obwohl die Bezahlung mit einem Grundgehalt durchaus einer Vollbeschäftigung entspricht.
Ich bleibe bei meiner Auffassung, dass es Gräfe nicht tatsächlich um die Veränderungen im Schiedsrichterwesen sondern ausschließlich darum geht, Gelder für sich zu generieren. Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu: Lassen wir uns mal überraschen, wie das Gericht den Sachverhalt sieht und letztendlich urteilen wird. wenn es irgendwann zu einer Verhandlung kommt.
Ich möchte meine Gedanken in den Raum werfen:
– War Gräfe Student der Sportwissenschaften und nannte sich deswegen Sportwissenschaftler? Oder hat er sein Studium jemals abgeschlossen?
– Kennt irgendjemand einen Kollegen oder eine Kollegin Gräfes, die bestätigen kann, dass er jemals als Angestellter irgendwo gearbeitet hat?
– Sein Haus in Steglitz stand vor einiger Zeit mal im Internet zur Zwangsversteigerung. Lebt er noch in den Haus, oder wurde es versteigert?
– Könnte die wohl nicht unerhebliche Klageerweiterung mit seinem jüngsten Angebot zu tun haben,seine Bundesligakarriere als SR fortsetzen zu wollen?
Zu den ersten drei Fragen kann ich wenig beitragen. Nur so viel: Als Berufsangabe nennt er Sportwissenschaftler. Ob er studiert hat oder irgendwann als Angestellter tätig war, ist mir nicht bekannt. Von einer Zwangsversteigerung seines Hauses habe ich nie etwas gehört.
Klar ist: Sollte es bei der Klageerweiterung um eine Fortsetzung seiner Schiedsrichterlaufbahn in der Bundesliga gehen, hat er absolut keine Chance. Seit dem Ende seiner Karriere sind drei Jahre vergangen. Inzwischen ist er 50 Jahre alt. Er müsste sich ohnehin qualifizieren. Es gibt keine Möglichkeit, durch ein Gerichtsurteil in die Bundesliga eingestuft zu werden.
Das möchte er ja auch nicht mehr. Ihm geht’s ja um die Klarstellung.
Um welche Klarstellung soll es gehen? Gräfe will Geld abgreifen, um seine finanzielle Situation als Lebensgrundlage zu verbessern.