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LEIPZIG - Referee Anthony Taylor calls offside after goal by Xavi Simons of Holland during the UEFA EURO 2024 group D match between the Netherlands and France at the Leipzig Stadium on June 21, 2024 in Leipzig, Germany. ANP MAURICE VAN STEEN (Photo by ANP via Getty Images)

Schiedsrichter-Leistungen besser geworden

In meinem EM-Zwischenfazit nach dem 2. Spieltag der UEFA Euro 2024 finde ich, dass die Schiedsrichterleistungen besser geworden sind. Nur eine kontrovers diskutierte Abseitsentscheidung stand im Fokus. Daniel Siebert musste sich hingegen zweimal vom VAR korrigieren lassen.

Von: Reiner Kuhn 

Schiedsrichter-Experte Reiner Kuhn

Natürlich stehen die Schiedsrichter bei einem großen Turnier im Fokus des Interesses. Weitestgehend zeigten die internationalen Unparteiischen bisher gute Leistungen. Jedoch gab es auch Spiele, die durch kritische Entscheidungen beeinflusst wurden. Bis auf zwei strittige Winzelsituationen habe ich aber nur gute Entscheidungen gesehen.

Szene 1 – aberkanntes Tor für die Niederlande

Am Freitagabend kam es zum vermeintlichen Topspiel zwischen den Niederlande und Frankreich (0:0). Am Ende bleib ein müdes 0:0. Beide Mannschaften gingen nicht an ihr Endlevel und die Franzosen in Form von Antoine Griezmann scheiterten zweimal kläglich vor dem Tor.

Doch ein Tor fiel dennoch in der Partie. Leipzig Xavi Simons traf in der zweiten Halbzeit zum vermeintlichen 1:0 für die Niederlande. Doch das Gespann um Anthony Taylor nahm das Tor zurück. Kurios dabei und lange nicht mehr gesehen, Taylor und sein Assistent besprachen sich kurz und entschieden dann auf Abseits. Ohne in die Revie Area zu gehen.

Was war passiert:

Nach einem Schuss von Depay aus kurzer Distanz holt Xavi hinter dem Fünfer aus und knallte den Abpraller von Keeper Maignan unhaltbar ins rechte Eck. Das Problem: Dumfries stand direkt neben dem französischen Torhüter und schränkte damit den Handlungsbereich von Maigna ein. Es ging hierbei nicht um die Sicht des Torwarts, sondern eine mögliche Behinderung.

Schauen wir auf folgendes Bild

müssen wir uns dann doch die Frage stellen, in wie weit man hier von einer Behinderung sprechen kann.

Dumfries steht etwa anderthalb Meter neben dem französischen Keeper, dieser machte beim Schuss auch keinerlei Anzeichen um noch irgendwie an den Ball zu kommen. Was wieder für Abseits spricht ist ganz klar, das der Ball direkt dort hinkommt, wo Dumfries steht. Am Ende geht’s darum, 100 % auszuschließen, dass keine Behinderung vorliegt. Dies kann nicht gemacht werden. [TV-Bilder – ab 07:43 Minuten]

Lag hier ein „Clear Impact“ vor?

Es geht darum, dass ein „clear impact“ des Angreifers vorgelegen haben muss, damit man auf Abseits entscheiden kann. War das hier der Fall? Es bleibt irgendwie grenzwertig. Nicht umsonst hat der Check recht lange gedauert. Ein „clear impact“ ist eine deutliche Beeinflussung des Gegenspieler.

Dadurch, dass das Team die begründbare Entscheidung auf dem Platz getroffen hat, gibt es für den VAR wenig Spielraum, die Entscheidung anzuzweifeln entsprechend zu korrigieren.

Regeltextauszug:

• einen Gegner beeinflusst, indem er:
• diesen daran hindert, den Ball zu spielen oder spielen zu können, indem er ihm eindeutig die Sicht versperrt,
• mit diesem Gegner einen Zweikampf um den Ball führt, *Massgebend ist der erste Kontakt beim Spielen oder Berühren des Balls.

All das liegt eigentlich nicht vor, weil der Torwart den Ball noch zu bekommen oder der Stürmer den Torwart hätte irritieren können. Es ist aber zumindest sehr grenzwertig.. Ich denke, dass der Video-Assistent jede Entscheidung akzeptiert hätte. Für mich liegt hier keine Fehl-aber eine sehr grenzwertige Entscheidung vor, bei der man hier die Argumente des Schiedsrichterteams akzeptieren kann.

Szene 2 – aberkanntes Tor bei Georgien – Tschechien

Schiedsrichter Daniel Siebert. (Photo by Dan Mullan/Getty Images)

Etwas aus der Rolle der guten Leistungen fiel der deutsche Unparteiische Daniel Siebert, der seine neun Verwarnungen „to much“ gesetzt hat und speziell beim Handelfmeter klar falsch entschieden hat, sodass ihn der Video-Assistent korrigieren musste.

Die Anfangsphase spielte sich fast ausschließlich in der Hälfte der Georgier ab. So kam es in der 23. Minute zum 1:0 für Tschechien. Doch der VAR hatte was dagegen.

Nach Hlozeks Schuss flog der Ball von Mamardashvilis Kopf an Hlozeks Hand. Von dort aus prallte der Ball direkt ins Tor. Nach kurzen Studium der Bilder und Rücksprache mit dem VAR Marco Fritz nahm Siebert das Tor schließlich zurück. Daniel Siebert‘ Stellungsspiel war in der Szene denkbar schlecht, weshalb er die Aktion nicht wahrnehmen konnte. Unmittelbar hinter zwei Spielern stand der deutsche Unparteiische und verdeckte sich so selbst die Sicht auf die Aktion. Wichtig bei Handspielen ist, ob der Ball unmittelbar vor dem Tor an der Hand war. Dies war hier der Fall, der dieser sofort von der Hand ins Tor rollte. [TV-Bilder – ab 02:00 Minuten]

Szene 3 – Handelfmeter für Georgien 

In der Nachspielzeit der ersten Hälfte konterte sich Georgien in den Strafraum der Tschechen. Kvaratskhelia brachte von der rechten Außenbahn einen Freistoß lang in den Strafraum, wo Kashia aus kurzer Distanz an Stanēk scheitert. Doch kurz vor dem Abschluss sprang der Ball an den weit abgespreizten Arm von Hranac. VAR Fritz meldete sich zum zweiten Mal und schickte Siebert in die Review Area. Nach einer schnellen Review gab es dann den berechtigten Strafstoß. Ein so deutliches Handspiel muss der Unparteiische auf dem Platz sehen. [TV-Bilder – ab 02:08 Minuten]

Die Begründung des Handelfmeter wurde ausführlich auf der Anzeigetafl bekanntgegeben. (Photo by Joosep Martinson – UEFA/UEFA via Getty Images)

Erstmals bei der Fußball-Europameisterschaft werden in den Stadien VAR-Erklärungen eingeblendet. Das im Paket der zusätzlichen technischen Hilfe für die Schiedsrichter führt zu mehr Akzeptanz. Es wäre gut, wenn der DFB diese auch in der Bundesliga einsetzen würde, um die Vorgänge noch schneller abhandeln zu können. Die angekündigte Regeländerung“ Meckerer strigent zu verwarnen, hält sich in Grenzen. Das nur noch der Kapitän mit dem Schiedsrichter sprechen kann, wird akzeptiert. Insgesamt macht die EM bisher aus Schiedsrichtersicht großen Spaß.

Szene 4 – aberkannter Treffer Belgien – Rumänien

Nach einem schönen Steckpass von Kevin De Bruyne brachte Romelu Lukaku den Ball im Tor unter. Doch er stand Millimeter im Abseits, was der Video-Assistent mit halbautomatischen Abseitstechnik überprüft hat und den Treffer zurückgenommen hat. [TV-Bilder – ab 06:36 Minuten]

Türkei – Portugal 0:3 (SR: Felix Zwayer)

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Dieter Albrecht

    Felix Zwayer gehört in seinen Gruppenspielen zu den besten Schiedsrichtern. Er hat auch psychisch dem andauernden Druck von außen standgehalten, obwohl er sich immer noch starken Anfeindungen vieler unbelehrbarer Kritiker ausgesetzt sieht.
    Gestern war das ZDF mit den Übertragungen dran. Ich frage mich was passiert wäre, wenn der sogenannte Experte Gräfe im Spiel von Zwayer zu einer Entscheidung befragt worden wäre? Eine äußerst delikate Angelegenheit, die zuvor vielleicht vom Sender bereits ausgeschlossen wurde?

  2. Alon

    Zwayer hat in einem eindeutig NICHT leicht zu leitenden Speil (wer hätte in diesem Hexenkessel mit ihm tauschen wollen?) eine berliner-bärenstarke Leistung abgeliefert, die nur noch ein Manuel G. hätte toppen können… Kleine Fehler haben weder Gesamtleistung noch Ergebnis beeinflussen können. Zudem gibt er auch einfach ein gutes Bild ab. Nicht so Daniel Siebert. Es läuft einfach nicht bei ihm. Es fehlt das Glück und dazu der Druck der verkorksten WM. Ihn werden wir vermutlich bei dieser EM nicht mehr sehen. Zwayer sollte zwischendurch schon mal zum Wäschewechsel nach Hause. Er wird noch eine Weile bleiben. Und es wäre doch schade, wenn das goldene Trikot dann nicht mehr glänzen würde. 🙂

    1. Dieter Albrecht

      Deine Meinung zu Daniel Siebert sehe ich ähnlich. Er hat im Gegensatz zu Zwayer in seiner Spielleitung nicht souverän gewirkt. Einige der neun gelben Karten hätten nicht unbedingt sein müssen. Die Gefahr, dass es sein einziges EM-Spiel bleiben wird, ist gegeben. Wahrscheinlich ist sein Leistungsabfall auf die WM 2022 mit den Vorkommnissen der Mannschaft aus Uruguay zurückzuführen.

      Ich bin sicher, Felix Zwayer wird seinen dritten Einsatz im Achtelfinale bekommen. Was danach passiert, hängt auch von der deutschen Mannschaft ab.

  3. Dieter Albrecht

    Glückwunsch! In seinem zweiten Spiel hat Daniel Siebert voll überzeugt. Er hat bewiesen, nicht zu Unrecht nominiert worden zu sein. Ein dritter Einsatz liegt für ihn, wie auch für Felix Zwayer, im Bereich der Möglichkeit.

  4. Dieter Albrecht

    Der Rumäne Istvan Kovacs hat gerade im Spiel Tschechien gegen Türkei einen absolut neuen EM-Rekord aufgestellt. 1x Rot, 1x Gelb-Rot und 17 (!) Gelbe Karten, davon elf gegen die Türkei, wenn die Statistik bei dem Durcheinander auf dem Platz nach dem Abpfiff überhaupt alles erfassen konnte.
    Die angezeigte Nachspielzeit von sechs Minuten ist längst vorbei. Er lässt aber (warum?) immer noch weiterlaufen und bereitet sich dadurch selbst die größten Probleme. So kann sich ein Schiedsrichter auch von einer EM verabschieden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass UEFA-SR-Chef Roberto Rosetti für diese Vorstellung Verständnis aufbringt, obwohl er ja hartes Durchgreifen angeordnet hat. Zu viel ist zu viel.

  5. Dieter Albrecht

    Eine zu erwartende Maßnahme: Die UEFA hat Istvan Kovacs von der weiteren Teilnahme der EM ausgeschlossen. Der Rumäne hat am Ende des Spiels zwischen Tschechien und der Türkei völlig die Kontrolle über das Geschehen verloren und auf dem Platz nur wild mit den Karten zwischen beiden Mannschaften und den Spielerbänken herumgewedelt. Die bislang einmalig traurige Kartenbilanz ist ein Negativbeispiel dafür, dass ihm jegliche Souveränität gefehlt hat und er mit der Spielleitung total überfordert war. Eine Überprüfung der Karten hat ergeben, dass es nicht 17 sondern 18 Gelbe, neben einmal Gelb-Rot und einmal Rot, gegeben hat.
    Bei der WM 2022 in Katar war Kovacs ebenfalls nominiert worden, kam dort aber nicht zum Spieleinsatz, lediglich als 4. Offizieller. Nun ist sein erstes großes Turnier gleichzeitig auch sein letztes, was zudem das vorzeitige Ende seiner internationalen Laufbahn bedeuten wird. Dabei hatte er seine EM-Nominierung zuletzt mit guten Leistungen durchaus gerechtfertigt.

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