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Diebstahl – Schiedsrichter bleibt auf 2600 Euro Schaden sitzen

Fussballkreis Aachen. Ein ganz normales Fussballspiel am 07. Oktober 2021, denkt man sich, wenn da nicht…… Heimverein Borussia Brand, Spielort: Schulzentrum Rombachstrasse, 52078 Aachen und Schiedsrichter Bernd E. wäre.

Dem Schiedsrichter wird vom Heimverein, wie es bei vielen Tausend Schiedsrichtern und Spielen üblich ist, eine Kabine zur Verfügung gestellt. Der Schiedsrichter bittet darum die Kabine abzuschliessen und nur zur Halbzeit bzw. nach Spielende diese zu öffnen. Das ist der reguläre Standard bei einem Fussballspiel auf dem Sportplatz. Die Platzanlage in der Rombacher Straße verfügt über ein Schließsystem. Der Eigentümer der Platzanlage ist die Stadt Aachen.

Nach dem Umziehen verlässt der Schiedsrichter diese Kabine und lässt seine Sachen in der abgeschlossenen Kabine.

Die Sporttasche des Schiedsrichter beinhaltete die Fahrzeugschlüssel von zwei verschiedenen Fahrzeugen, zwei Haustürschlüssel von zwei verschiedenen Objekten, Ein Lederarmband, sowie eine Herrenuhr, Personalausweis, Führerschein, Mobiltelefon, Navigationsgerät, Bargeld und Schiedsrichterutensilien wie z. B. Schiedsrichtertrikots.

Nach dem Spiel findet der Schiedsrichter die Kabine nicht abgeschlossen und nicht aufgebrochen vor und ihm wurde seine Tasche samt Inhalt aus der vormals abgeschlossenen Kabine geklaut. Ganz offenbar hat jemand während des Spiels mit Schlüssel vom Schließsystem die Kabine geöffnet.

Jetzt beginnt für den Schiedsrichter der Gang nach Canossa, der Bitt- / und Bußgang, den er allein gehen muss.

Obwohl jede Menge Beteuerungen zum Vorfall vorgebracht werden (Schriftverkehr ohne Ende), fühlt sich offenbar niemand von Schiedsrichter-Ausschuss, Kreisvorstand, Fußball-Verband Mittelrein, Verein oder Stadt Aachen zuständig. Versicherung für gestohlene Sachen = Fehlanzeige. Hoch interessant sind im Schriftverkehr (welche IG-Schiedsrichter vorliegen) funktionäre Äußerungen das auf ein schwebendes Verfahren verwiesen wird und man selbst ja kein Richter ist. Daher könnte man sich nicht äußern, müsste man den Fachleuten überlassen.

Der Schiedsrichter stellte bei der Staatsanwaltschaft Aachen, Az. 77 UJs 7221/21 Strafanzeige wegen Diebstahl. Das Verfahren wurde mangels Hinweisen auf den Täter eingestellt. Es konnte jedoch ermittelt werden, dass die Umkleide nicht aufgebrochen, sondern mit einem berechtigten Schlüssel geöffnet wurde.

Keiner will zahlen.

Der Schiedsrichter wurde gezwungen selbst Klage auf Schadenersatz gegen den Heimverein zu erheben, vorläufiger Gegenstandswert: 2.679,29 € zuzüglich außergerichtliche Kosten in Höhe von 394,60 €. Die Kosten wurden nachgewiesen. Man glaubt gar nicht wie schnell ein solcher Betrag zusammen kommt. Autoschlüssel neu anlernen, Schließsystem Wohnung, Handy, Sperrung Handykarte, Dokumente usw.. Einfach nur Unsummen !

Glücklicherweise war der Schiedsrichter privat bei der „ARAG“ rechtsschutzversichert.  Selbstbeteiligung = 150,00 Euro. Die ARAG erteilte Deckungszusage, aber die 150,00 Euro Selbstbeteiligung kommen auch noch hinzu.

Aus der Klageschrift:

„Die Beklagte veranstaltete am 07.10.2021 auf ihrem Vereinsgelände ein Fußballspiel, welches der Kläger als Schiedsrichter leitete. Vor dem Spiel wurde dem Kläger zum Umkleiden und für die Lagerung seiner persönlichen Wertgegenstände der Umkleideraum 4 der Turnhalle der Gesamtschule Brand zugewiesen, den der Kläger auch benutzte. Es war abgesprochen, dass die

Umkleiden des Schiedsrichters und die der Spieler während des Spiels abgeschlossen werden sollten. Sie sollten lediglich zur Pause und nach dem Spiel wieder ausgeschlossen werden. So wurde dann auch in der Pause verfahren. Als der Kläger nach dem Spiel gegen 20:45 Uhr zur Umkleide ging und wartete, dass ihm jemand aufschließt, stellte er fest, dass die Tür zwar geschlossen, jedoch nicht verschlossen war. Als der Kläger die Umkleide betrat, stellte er fest, dass seine Sporttasche samt Inhalt entwendet worden war. In dieser befanden sich neben Kleidungsstücken ein Haustürschlüssel, zwei Autoschlüssel, ein Handy, eine Uhr, ein Schmuckarmband und ein Navigationsgerät!“

Die Klage des Schiedsrichter unter Az. 2 S 166/22 – 111 C 17/22 – Amtsgericht Aachen  (Urteil_Abschrift_20220727_45703c5e3a344ad0) wird abgewiesen. Der Schiedsrichter geht beim Landgericht Aachen in Berufung. Mit einer  Stellungnahme Landgericht Aachen zur Berufung vom 29.09.2022 empfiehlt das Landgericht Aachen aus Kostengründen die Berufung zurück zu nehmen, weil man beabsichtigt richterlicherseits die Berufung abzuweisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat. >>>Der Schiedsrichter ist gezwungen die Berufung zurück zu nehmen<<<. 

Kommen wir zum Fazit:

Das Ehrenamt-Schiedsrichter wird immer unattraktiver. Für 19.00 Euro Spesen pro Spiel beim FVM (seit 2019) darf man sich als Schiedsrichter beim FVM auch noch beklauen lassen und bleibt auf dem Schaden sitzen. Geht den Gang nach Canossa, bittet und bettelt, aber niemand möchte helfen, geschweige denn zahlen. Eine Versicherung hat der FVM offenbar auch nicht. Hätte der Schiedsrichter nicht privat eine Rechtsschutzversicherung gehabt, dann dürfte er diese Kosten (Anwalts-/ und Gerichtskosten) auch noch tragen.

Hätte man noch vom Verbandsschiedsrichter-Ausschuss des FVM erwartet, dass er nach diesem Diebstahl = Präzedenzfall aus 2021/ 2022 mit einer nicht unerheblichen Summe eine Warnung an seine Schiedsrichter heraus gibt = Fehlanzeige. Dafür kommt eine Mail des VSA für ein wichtiges Formular für Auslandseinsätze, was unbedingt beachtet werden muss! Sonst kommen nur Mails für Schiedsrichter-Freikarten für Köln und Leverkusen, wo man sich beim FVM auch noch für registrieren muss, und diese Mails kommen noch nicht mal vom VSA.

Tätliche Angriffe auf Schiedsrichter und Assistenten. Restriktive Verschärfungen einer Rechts-/ und Verfahrensordnung bei Tätlichkeiten gegen Schiedsrichter würde man auch noch erwarten = Fehlanzeige!

Mitgliedschaft in der VBG berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherung (4,70 Euro p.a.) = Fehlanzeige!

Rechtsschutz bei Tätlichkeiten gegen Schiedsrichter??? Straf -/ und Zivilrechtsschutz??? Wer geht denn auch den Gang nach Canossa, zur Polizei oder Rechtsanwalt, wenn er tätlich angegriffen wird? Wegstecken??? Und schön weiter pfeifen……

Noch vom ehemaligen FVM-Vorsitzenden und heutigen DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf versprochenes Deeskalationstraining für Schiedsrichter = Fehlanzeige.

Dann kommt der letzte Hammer: Seit 2019 = 19,00 Euro Spesen pro Senioren Kreisligaspiel. Aus >>>>>> Attraktivitätsgründen <<<<<< wird eine Spesenerhöhung von sage und schreibe 5,00 Euro pro Spiel, auf 24,00 Euro, aber erst zum 01.07.2023 vorgeschlagen. Im Vergleich zu anderen Verbänden ein Almosen. Wertschätzung wird auch in Spesen ausgedrückt. Respekt und Fairness gegenüber Schiedsrichtern, wo finden wir dieses? Beim Verband offenbar nicht.

Ich weiß nicht, ob der Schiedsrichter aufgrund des Diebstahles und den Kosten inzwischen aufgehört hat. Es wäre verständlich. Bei den Spesen beim FVM pfeift der den Schaden nie mehr rein.

Muss ja als Amateur Schiedsrichter sowieso alles alleine bezahlen. Bleibt ja noch nicht mal Geld für ein Abo der DFB-Schiedsrichterzeitung für 15.00 Euro p.a. übrig. Im Falle des Falles Rückendeckung von oben zu erwarten ist ein Traum.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Timo K.

    Einfach skandalös. Ich würde mein Amt als Schiedsrichter definitiv sofort niederlegen. Für sowas sollte die Versicherung des Verbandes aufkommen. Auch würde ich hier Solidarität der Schiedsrichterkollegen erwarten, die bei diesem Verein kein Spiel mehr leiten sollten oder ggf. der ganze Kreis solange streikt bis der Kollege entschädigt wurde. So mit dem Ehrenamt umzugehen ist unter aller Sau.

    1. Anton Dinslaken

      Der Kollege hat wirklich alles versucht. Mir lag bei Abfassung des Artikels umfangreicher Schriftverkehr vor. Man gewinnt den Eindruck als das sowas „oben“ gar nicht interessiert. Der Kollege hat sich auch frei stellen lassen, interessiert offenbar niemand.

      Das Einzigste was wohl gefürchtet wird, ist das sowas öffentlich gemacht wird. Daher hat der Kollege sich ja auch an die IG gewandt. Damit wir das öffentlich machen.

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