Im Fußball-Bezirk Baden-Baden konnte der letzte Spieltag der Kreisligen B aus Personalmangel nicht mit Schiedsrichtern besetzt werden. Semih Kalay sorgte in Neuweier für eine bemerkenswerte Ausnahme.
Stellen Sie sich vor, Sie spielen die entscheidende Partie umden Aufstieg und es kommt kein Schiedsrichter. So geschehenam vergangenen Samstag in der Kreisliga B des Fußballbezirks Baden-Baden. Einfluss auf den Ausgang hatte diese Problematik am Ende glücklicherweise nicht – auch wegen desbemerkenswerten freiwilligen Engagements eines anderweitigeingesetzten Unpartaiischen
„Der Bezirksschiedsrichterausschuss hat beschlossen, dassam Wochenende keine Schiedsrichter in den Kreisligen B1 und B2 eingeteilt werden.“ Mit dieser kurzen und knappen Mailinformierte der Bezirksvorstand am vergangenen Freitag, nurgut 24 Stunden vor dem Anpfiff, die Vereine. Begründung: Fehlanzeige.
Zeichen gegen Gewalt?
Sofort machten Gerüchte die Runde, der Bezirk wolle ein Zeichen setzen, nachdem in den letzten Wochen gleich drei Spiele wegen tätlichen Attacken auf Schiedsrichterabgebrochen werden mussten. „Natürlich müssen Schiedsrichter in Schutz genommen werden. Aber diese Aktion geht zu weit“, lautete einer der unzähligen Kommentare auf Instagram. Zumal es in drei Partien der Kreisliga B2 noch um den Aufstieg ging.
Auf Nachfrage sorgte Bernhard Zerr, der Schiedsrichter-Obmann des Bezirks, für Aufklärung.„Alle Spiele im Herrenbereich wurde am Samstagnachmittag angesetzt, hinzu kommt die Ferienzeit. Mir standen schlichtweg zu wenig Schiedsrichter zur Verfügung. Und dann muss man eben in den unteren Ligen anfangen mit Nichtbesetzung“, so der langjährige Bundesliga-Schiedsrichter aus Ottersweier, der am Donnerstag seinen 60. Geburtstag feiert.
Damit widersprach er auch der Theorie, der Bezirk reagierte mit dem Verzicht auf Schiris auf die Vorkommnisse der letzten Woche. „Nein, das ist nicht der Fall“, stellt Zerr klar, „aber die Gewaltbereitschaft auf den Sportplätzen ist absolut beängstigend. Das geht bis runter in den Jugendbereich und ich kann die Schiedsrichter gut verstehen, wenn sie sich nach so einem Vorfall abmelden. Da müssen wir gemeinsam mit den Vereinen an Lösungen arbeiten.“
Zwei Spiele hintereinander gepfiffen
Wird kein Schiedsrichter angesetzt, ist der Heimverein verantwortlich, einen Spielleiter zu stellen. Ob das dann der Vorstand oder der Platzwart ist, spielt keine Rolle – selbst wenn es um den Aufstieg geht wie im direkten Duell zwischen dem FC Neuweier und der SG Lauf/Obersasbach am Samstag. Diese Partie ging am Ende ohne Probleme über die Bühne –auch weil Semih Kalay von der Problematik gehört hatte und Eigeninitiative ergriff.
Der Schiedsrichter vom FV Baden-Oos hatte um 15 Uhr die Bezirksliga-Partie Rastatter SC/DJK gegen FV Muggensturm geleitet und hatte sich danach ins Auto gesetzt, um freiwillig um 18 Uhr auch die Spielleitung in Neuweier zu übernehmen. „Sein Engagement ist absolut beeindruckend. Er hat das grandios gemacht“, lobte Lauf/Obersasbach-Trainer Alexander Hassenstein, der durch das 7:2 mit seinem Team den Aufstieg klar machte. Und auch Zerr war erfreut: „Er hat das aus freien Stücken gemacht und es ist toll, dass es Leute wie ihn gibt. Aber man kann nicht generell von einem Schiedsrichter verlangen, dass er zwei Spiele an einem Tag pfeift. Auch ein Spieler will nicht zweimal hintereinander spielen.“ Da es auch auf den anderen Plätzen mit„Heimschiedsrichtern“ keine Vorfälle gab, hatte die ganze Problematik zumindest sportlich am Ende keine Konsequenzen.
Quelle: Baden-Online