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Sind Schiedsrichter-Assistenten nur Statisten?

Dieter Albrecht – Redakteur IG Schiedsrichter

Was war denn in Aachen los? Da führt die Alemannia in der 90. Minute 1:0 und verliert in der Nachspielzeit 1:2 durch eine Fehlentscheidung. Wo war denn da der Assistent? Unglaublich!  Das hätte in der Zusammenarbeit des Gespanns niemals passieren dürfen. Der Assistent muss sich bemerkbar machen.

Ich habe mal nach einem Foul in einem Pokalhalbfinale aus meiner Wahrnehmung auf Strafstoß entschieden. Die Spieler der betroffenen Mannschaft protestierten bei mir sachlich mit dem Argument, das Foul sei aber außerhalb des Strafraums passiert. Ein bei der Absprache vereinbartes Handzeichen meines Linienrichters machte mir bei einem kurzen Blickkontakt sofort klar, dass etwas nicht stimmte.

Daraufhin habe ich nach einem kurzem Dialog auf direkten Freistoß knapp einen Meter vor der Strafraumlinie entschieden. Ich war anschließend sauer auf mich, die Sache falsch erkannt zu haben. Der Beobachter hat mich in der Kabine ausdrücklich dafür gelobt, eine falsche Entscheidung korrigiert zu haben.

Zwischen dem Schiedsrichter und seinen Assistenten gibt es neben den Fahnenzeichen aus dem DFB Regelheft – die allgemein bekannt sind – weitere Absprachen. Nun gab es zu meiner aktiven Zeit keinen Funk und keine Headsets. Umso bedeutender waren also die Absprachen.

Beispiel: Bei einem Strafstoß-Pfiff des Schiedsrichters signalisiert der Assistent in zwei Versionen, wie er den Pfiff erkannt hat.

  • Version 1: Der Assistent läuft Richtung Eckfahne, damit bestätigt er, er hätte auch auf Strafstoß erkannt.
  • Version 2: Der Assistent bleibt auf Höhe der vorderen Strafraumlinie an der Seitenlinie stehen, das bedeutet, er hätte nicht auf Strafstoß erkannt. 
  • Version 3: Der Schiedsrichter erkennt aus irgendeinem Grund die abgesprochene Absprache nicht. Der Assistent betritt auf Höhe der vorderen Strafraumlinie, ohne die Fahne zu heben, einige Meter Richtung Strafraum das Spielfeld.
  • Version 4: Der Assistent hebt die Fahne, bleibt an der Linie stehen oder und betritt das Spielfeld in Richtung Strafraum, dann wird es allerdings auch Zuschauern, Trainern und Spielern klar, dass etwas nicht stimmt. 

Nachzulesen auch in der SRA-Broschüre „Spielleitung im Team – Ein Leitfaden für neue Schiedsrichter-Assistenten“ von Hilco Paulsen, 3. Auflage 2013 auf Seite 30. Nicht mehr ganz aktuell, aber bestimmt sehr hilfreich für Assistenten Starter. Copyright beachten.   SRA-Broschüre-digital 

Vermutlich gab in es Aachen auch Proteste?! Schiedsrichter mit Blick auf den Assistenten……? Es sollte jedem Schiedsrichter-Team klar sein, dass der Funk, den ich damals nicht hatte, auch mal nicht funktionieren kann. Der Assistent lief in Richtung Eckfahne und sogar auf seine Position bei der Ausführung eines Strafstoßes. In meiner damaligen Absprache hätte dieses bedeutet, er hätte auch auf Strafstoß entschieden. Eine weitere Rücksprache des Schiedsrichters mit dem Assistenten hätte sich damit erledigt. Aber hatte das Team eine solche uralte Absprache zwischen Schiedsrichter und Linienrichter – jetzt Assistenten – oder verließ man sich nur auf den Funk?

Kommen wir auf die Aufgaben der Assistenten, um darzustellen, dass diese eben keine Statisten sind. Bei einer besseren Aufgabenverteilung im Team hätte man sich nach dem Spiel nicht entschuldigen müssen. Allerdings lief der Assistent auch Richtung Eckfahne, aber war das so abgesprochen?

Die Aufgaben von Assistenten sind im DFB Regelheft 2023/2024 ausdrücklich erwähnt.

„Ein Video-Schiedsrichterassistent (VAR) ist ein Spieloffizieller, der den Schiedsrichter ausschließlich bei klaren und offensichtlichen Fehlentscheidungen oder schwerwiegenden übersehenen Vorfällen im Zusammenhang mit Toren, Strafstößen, direkten roten Karten (nicht bei zweiten Verwarnungen) oder Spielerverwechslungen (Verwarnung oder Feldverweis für den falschen Spieler) anhand von TV-Bildern bei der Entscheidungsfindung unterstützen kann!“

Aber einen VAR gab es beim Spiel in  Aachen nicht.

„Zusätzliche Erläuterungen des DFB

2. Die Schiedsrichter-Assistenten sind Helfer des Schiedsrichters. Auf keinen Fall darf der Schiedsrichter dem Eingreifen eines Schiedsrichter-Assistenten stattgeben, wenn er selbst den Vorfall gesehen hat und auf Grund seiner Stellung im Spielfeld diesen besser beurteilen kann. Mit diesem Vorbehalt und vorausgesetzt, dass der Schiedsrichter-Assistent neutral ist, kann der Schiedsrichter die Meldung des Schiedsrichter-Assistenten berücksichtigen.

3. Vor dem Spiel findet zwischen Schiedsrichter und Schiedsrichter- Assistenten eine Absprache statt, bei der die Aufgaben und die Zeichengebung der Schiedsrichter-Assistenten durchgesprochen werden, um einen reibungslosen Spielablauf zu sichern!

5. Der Schiedsrichter-Assistent soll das Spielfeld nur betreten,
a) um einen Regelverstoß des Schiedsrichters zu verhindern,
b) wenn der Schiedsrichter bedroht wird,
c) wenn sich der Schiedsrichter verletzt hat,
d) bei größeren Tumulten auf dem Spielfeld und
e) um den Mauerabstand in seiner Nähe herzustellen!“

Der Assistent in Aachen hätte also regelkonform das Spielfeld betreten dürfen, um eine Fehlentscheidung des Schiedsrichters zu verhindern.  Da dieser in Richtung Eckfahne lief war eigentlich klar, er hätte ebenfalls auf Strafstoß entschieden. Ob etwas im Funk kommuniziert wurde ist nicht bekannt.  

Ich kann nur an alle Kollegen appellieren, vor einem Spiel eindeutige Absprachen festzulegen, auch für den Fall, dass der Funk ausfällt. Schiedsrichter-Assistenten sind im Fussball keine Statisten.

Weiteres Youtube Video mit Blick auf den Assistenten.

Dieter Albrecht

41 Jahre freier Mitarbeiter beim Stader Tageblatt und Sport-Informations-Dienst, Köln, als Journalist. 20 Jahre aktiv als Schiedsrichter bis zur 5. Liga.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Helmut Wittiger

    Der Schiedsrichter in Aachen wurde gleich bedrängt von den Spielern. Hierzu ganz aktuell eine Information aus England.

    Spieler dürfen sich nicht mit den Spieloffiziellen anlegen, in deren persönlichen Raum eindringen oder mit ihnen in Körperkontakt treten. Umringen zwei oder mehr Spieler den Schiedsrichter verteilt dieser mindestens eine Gelbe Karte und meldet den Fall der FA, die vor allem Wiederholungstäter künftig mit höheren Geldstrafen belegen will. Von allen Kapitänen wird erwartet, „dass sie Verantwortung für ihre Teamkollegen übernehmen, sie zu einem fairen Spiel ermutigen sowie den Spieloffiziellen und deren Entscheidungen gegenüber Respekt zeigen“.

    In diese Richtung sollten auch wir, besonders im Jahr des Schiedsrichters, dieAufmerksamkeit lenken.

  2. Reiner Kuhn

    Ein Spiel zwischen Alemannia Aachen und dem Wuppertaler SV als Saisoneröffnung der Regionalliga West ist der absolute Kracher. Zwei Traditionsvereine, die schon bessere Zeiten gesehen haben. Aachen war mal Bundesligist. Eine Rekordkulisse von mehr als 27.000 Zuschauern lassen viele Zweitligisten vor Neid erblassen.
    Der Schiedsrichter ist zwar nicht unbekannt, stand aber schon mal bei einem Aachen-Spiel im Mittelpunkt.

    Denken wir mal zurück an den 29.10.2022. Aachen im Angriff und Schmitt trifft in der 25. Min das Tor. Der Ball ist klar hinter der Linie. Der einzige der hier kein Tor sieht ist der Assistent Martin Ulankiewicz.

    Denken wir nochmal an Freitag. Jeder sieht kein Elfmeter aber wer entscheidet auf Elfmeter? Schiedsrichter Martin Ulankiewicz.

    Zufall?

    Ich möchte anfügen, dass ein derartiges Spiel von einem erfahrenen Drittliga-Schiedsrichter besser Zweitligaschiri geleitet werden muss. Das erfordert von dem zuständigen Ansetzer auch Fingerspitzengefühl.

  3. Sven Schlickmann

    Reiner Kuhn grabt sowas aus im Bezug auf ein ganz anderes Spiel?
    Ist ja Zwayer-Bellingham-Manier. Traurig sich mit sowas zu schmücken.

    Wir eh gelöscht, aber inzw. summieren sich socleh subjektiven Wahrnehmung in einem Portal, dass an sich neutral werten sollte und sachlich die Ansichten wir im Text per se mit Fakten und Know-How wiedergeben sollte.
    Eine Schande solche Vergleiche zu ziehen.

  4. Sven Schlickmann

    Das ist kein Journalismus, sondern Selbstdarstellung, was in der heutigen Zeit mit x Vorfällen gegen Spieler oder SR nicht ins Bild passt. Hier sollte eher auf klare Aussagen wert gegeben werden, als Click-Zahlen im Vordergrund zu haben.

    1. Anton Dinslaken

      Der Artikel von Dieter Albrecht war durchaus gut und lesenswert. Und vor allem hilfreich und sachlich für Schiedsrichter und Assistenen, denke ich mir mal. Er konnte ja auch aus eigener Erfahrung als Schiedsrichter berichten. Der Schiedsrichter hat auch immer den Beobachter im Rücken……… wo er nicht weiss, was der beurteilt. Bei Dieter Albrecht lief es wohl sogar sehr positiv.

      Manche Kommentare in der IG sind in der Tat unter der Gürtellinie. Da solltest Du lieber nicht die Kommentare in den Alemannia Aachen Gruppen gelesen haben.

  5. Michael Forschelen

    Mein Platz im Stadion war im
    Block O3. In dieser Szene also knapp hinter der Mittellinie in der anderen Spielhälfte positioniert.
    Nachdem der Schiedsrichter auf Elfmeter erkannt hatte habe ich sofort zu meinen Begleitern gesagt, dass dieses alles gewesen sein könnte, aber ganz gewiss kein Elfmeter.
    Was befähigte mich diese Aussage spontan zu treffen und ich keine Zweifel hatte mich sofort festlegen zu können das DAS eine Fehlentscheidung war?
    Nein, es war nicht der Fakt das ich das Spiel durch die „schwarzgelbe Brille“ gesehen habe. Ich bin auch nie aktiv als Schiri gewesen.
    Ich schaue aber seit 5 Jahrzehnten gerne und häufig Fußballspiele. Auch viele Spiele in denen andere Teams und nicht meine Lieblingsvereine involviert sind.
    Ja, ich habe auch viele Entscheidungen in Erinnerung in denen ich anderer Meinung war als das Schiri-Gespann. Ja, okay, da waren auch einige Situationen dabei, welche strittig sind bzw waren und über diese man auch heute noch diskutieren könnte.
    Aber eine solche Fehlentscheidung wie in diesem Fall, eine solche habe ich noch niemals erlebt. Möchte ich im Sinne dieser Sportart auch niemals wieder erleben (müssen)!!!

    Wie kann es sein das weder Schiri, noch sein Assistent an der Linie in dieser Szene so eklatant falsch entscheiden?

    Es ist ganz sicher nicht mein Job darüber zu urteilen oder Mutmaßungen jeglicher Art anzustellen. Aber der WDFV und seine Funktionäre sollte in diesem Fall wirklich mal kritisch „nachfassen“ und dabei auch nicht versäumen alle denkbaren Eventualitäten in Erwägung zu ziehen.

    Denn eines ist mal ganz klar:
    So etwas darf sich zukünftig niemals mehr wiederholen wenn man „fair play“ ganz oben auf seiner Agenda hat.

    Absolutes „no go“ für den Verband in einem Saisoneröffnungsspiel vor dieser Kulisse mit 27300 Zuschauern ein Schiri-Gespann anzusetzen, welches „so blind“ ist. Wie immer auch es zu dieser „Erblindung“ von gleich ZWEI maßgeblich Beteiligten gekommen sein mag?!?!?!

    Wäre ich neutraler Beobachter würde ich ganz gewiss die gleiche Meinung vertreten.

    Unter hunderten von Millionen anderer Fußballfans, welche auch nur ein wenig Ahnung von dieser Sportart und seinem Regelwerk haben, wird sich nicht ein einziger finden, der nicht sieht das der Kontakt mindestens einen ganzen Meter außerhalb des Strafraumes stattfindet. Warum also sehen diese beiden Herren das nicht???

    Und was kann ein Verband nun machen um dem fair play nachzukommen und sich selber nicht der Lächerlichkeit preiszugeben?

    Ich bin eindeutig der Meinung, dass man das „so“ nicht einfach durchwinken kann. Man kann und darf im Interesse und Sinne dieser Sportart nun nicht einfach zum nächsten Tagesordnungspunkt übergehen.

    Man stelle sich vor, dass hätte in einem OK-Spiel stattgefunden…
    Am besten noch im DFB Pokalendspiel…

    Auweiha

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