Erst das Schiedsrichter-Beben im Südbadischen Fußball-Verband, dann zahlreiche Rücktritte von Funktionären im Bezirk Schwarzwald. Nun hat das Verbandsgericht des SBFV einer Beschwerde eines Landesliga-Schiedsrichters stattgegeben und entschieden, dass dieser auch in der kommenden Saison in der Landesliga pfeifen darf.
In der Angelegenheit zwischen Schiedsrichter Jan B. gegen den Verbandsschiedsrichterobmann (VSO) Ralf B. hat das Verbandsgericht des Südbadischen Fußballverbandes (SBFV) nun entschieden. Es hat festgelegt, dass der Beschwerde des Schiedsrichters Erfolg zuerkannt wird und somit wurde bestätigt, dass die Benachteiligungen durch den VSO – die nach einer vom Schiedsrichter eingereichten Verbandswechselanfrage erfolgten – aufgrund der nicht rechtmäßigen Sperre und dem damit einhergehenden Abstieg nicht rechtmäßig und korrekt waren. Der Schiedsrichter behält somit seinen Anspruch auf einen Landesligaplatz zunächst im SBFV. Die Bestätigung des Wechsels zum Badischen Fußballverband ist mit der noch ausstehenden Entscheidung des dortigen Verbandsgerichts noch offen, sollte aber zeitnah folgen. Der erste Meilenstein ist jedoch erfolgreich getan.
Disziplinarverfahren gegen den Schiedsrichter wg. öffentlicher Äußerungen
Aufgrund öffentlichkeitswirksamer Äußerungen von Jan B. wurde ein Disziplinarverfahren gegen diesen eingeleitet. Wie dem Schiedsrichter durch ein Präsidiumsmitglied heute telefonisch mitgeteilt wurde, wurde das Disziplinarverfahren gegen den Schiedsrichter eingeleitet, weil er im Zuge des Verfahrens öffentlichkeitswirksam Wortlaute wie „Capo“ oder auch „mafiaähnliche Strukturen“ mit Bezug zum Verbandsschiedsrichterobmann und auch dem Präsidium verwendet haben soll. Im Gespräch mit uns streitet dies der Schiedsrichter auch nicht ab. Allerdings merkt er ebenfalls an, dass das Wort „Capo“ im süddeutschen Raum als Synonym für eine chefähnliche Funktionsbezeichnung geläufig ist und auch als solche in dieser Form Anwendung fand. Dass der Schiedsrichter dem Verband mafiaähnliche Strukturen unterstellte, ist unsererseits dahingehend mehr als nachvollziehbar, da nachweislich lange Zeit auf die Vorwürfe, Benachteiligungen als auch weitere Diskriminierungen nicht eingegangen bzw. die Äußerungen seitens des Schiedsrichters nicht ernst genommen worden sind. Darüber hinaus wurde das Vorgehen von vielen Stellen – teilweise auch Funktionären des Verbandes – sogar noch als korrekt dargestellt und gedeckt. Erst als öffentlichkeitswirksam Druck aufkam und auch erste Medien berichteten, wurden seitens des Verbandes erste Maßnahmen in die Wege geleitet und ein Verfahren überhaupt erst zugelassen. Hinzu kommt ebenso, dass der Schiedsrichter mit seinen Aussagen hinsichtlich der Benachteiligungen und Vorgehensweisen Recht erhalten hatte, wie das Verbandsgericht mit dessen Urteil auch bestätigte. Dies ist definitiv zu berücksichtigen und spielt daher eine entscheidende Rolle.
Heutige Pressemitteilung des SBFV
In der heutigen Pressemitteilung des SBFV wird die Entscheidung des Verbandsgerichts zunächst bestätigt. Neben der Hinweise zu dem voran genannten Disziplinarverfahren äußerte sich der Präsident des SBFV – Dr. Reinhold Brandt – auch zum Sachverhalt:
„Das Urteil des Verbandsgerichts in der Beschwerdesache hat gezeigt, dass unser Verband über ein funktionierendes und wirksames Rechtssystem verfügt. Die über die Beschwerde hinausgehenden Vorwürfe des Schiedsrichters nehmen wir ebenfalls sehr ernst. Wir haben diese gründlich geprüft und dem Vorstand zur abschließenden Beurteilung vorgelegt. Es steht außer Frage, dass wir uns ein Schiedsrichterwesen wünschen, in dem Fairplay nicht nur diskutiert, sondern von allen Beteiligten, sowohl intern als auch extern, gelebt wird. Enttäuscht sind wir jedoch vom Verhalten des Schiedsrichters in der Öffentlichkeit. Natürlich steht es jedem frei, die Öffentlichkeit zu informieren und den Dialog zu suchen. Dabei muss jedoch die Sache im Vordergrund stehen und der gesetzliche Rahmen darf nicht überschritten werden. Leider war dies im vorliegenden Fall nicht immer der Fall, weshalb der Verbandsvorstand ein Disziplinarverfahren eingeleitet hat.“
Auch hierzu haben wir ein Statement vom Schiedsrichter erhalten:
„Der Präsident bemängelt die Austragung in der Öffentlichkeit:
Dann frage ich mich jedoch als Schiedsrichter, warum vorab der Einbindung der Medien der Verband nicht auch schon tätig geworden ist? Dies genau bestätigt eben die Strukturen und Vorgehensweisen, welche ich zu Beginn der Auseinandersetzung mehrfach bemängelte und an unterschiedlichen Anlaufstellen wie der Kontrollstelle, dem Präsidium als auch der DFB-Ethikkommission und Offiziellen von Bezirk, Verband und sogar beim DFB platzierte – lange zunächst ohne Erfolg. Ohne den derartigen medialen Druck wäre es nie dazu gekommen, dass es überhaupt zu einem derartigen Verfahren kommt. Dies spiegelte sich alleine dahingehend bereits wieder, dass es mehrere Wochen benötigte, bis ein Verfahren mit steigendem Druck der Öffentlichkeit erstmals zugelassen/eingeleitet wurde. Traurig ist es, dass trotz dem Präsidium und der Vorstandschaft vorliegender Nachweise über Diskriminierungen, Drohungen, Benachteiligungen und Informationen über unsachgemäßen Umgang kein Disziplinarverfahren im Gegenzug gegen den Verbandsschiedsrichterobmann eingeleitet bzw. dieser Antrag abgelehnt wird. Meinem Erachtens nach ist dies nicht nachvollziehbar, wie im ganzen Vorstand eine derartige Entscheidung getroffen werden kann. Die Nachweise reichen scheinbar nicht aus und es wurden auch keine Rückfragen gestellt. Ist das ein Vorgehen, dass der Präsident als „Ernstnehmen“ bezeichnet? Für mich fraglich… Es wird wohl auch hier wieder nur eine Seite ernst genommen. Dies bedeutet im Umkehrschluss für mich jedoch nur, dass ich noch mehr Diskriminierungen, Benachteiligungen und unsachgemäße Handlungen offenlegen und auch belegen muss, damit auch gleichbehandelnd ein Verfahren gegen den Verbandsschiedsrichterobmann wegen des Fehlverhaltens eingeleitet wird. Gleichbehandlung ist anders! In eine Richtung ging es wegen „hämischer Bemerkungen“ schnell, aber was muss in die andere Richtung passieren, damit gehandelt wird, wenn derartige Vorwürfe schon angemerkt wurden? Spannende Frage…
Für mich ist dies wieder ein klares Zeichen dafür, dass Funktionäre eben nicht gleichgestellt werden, wie es lt. Satzung des SBFV sein sollte, sondern einen Sonderstatus genießen – aus welchen Gründen auch immer.
DIE ENTTÄUSCHUNG IST GANZ UNSERERSEITS – MEIENRSEITS ALS AUCH VIELER SCHIEDSRICHTERKOLLEG*INNEN – GEGENÜBER DER VERBANDSSPITZE FÜR DEREN MEHR ODER WENIGER UNTÄTIGKEIT!
Ich denke und habe auch seit der Herausgabe der Pressemitteilung auch von vielen Schiedsrichterkolleg*innen gleiches mitgeteilt und geschrieben bekommen, dass die Spitze des Verbandes mit dieser Entscheidung (kein Verfahren gegen die Gegenseite einzuleiten) mehr als nur an Wertschätzung und Glaubhaftigkeit verloren hat.
Die Annahme bzw. die Entscheidung des Verbandsgerichts des Badischen Fußballverbands zur Wechselanfrage in den dortigen Verband steht noch aus. Jedoch unabhängig eines perspektivischen Verlassens des SBFV finde ich es unverantwortlich, die erfolgten Handlungen kommentarlos so stehen zu lassen – insbesondere auch für die weiterhin im SBFV tätigen Mitglieder*innen und Schiedsrichter*innen.“