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Florian Badstübner nahm den Leipzigern einen regulären Treffer zurück.

Darum hätte das aberkannte Tor für Leipzig zählen müssen

Am 32. Spieltag der Bundesliga haben die Schiedsrichter auch etwas „Spielglück“: Diskussionswürdige – aber keineswegs falsche – Entscheidungen nehmen keinen wesentlichen Einfluss auf den Ausgang ihrer Partien. In Stuttgart liegt der Unparteiische richtig.

Von: Alex Feuerherdt 

An den vergangenen beiden Wochenenden wurde überaus hitzig über spielrelevante Entscheidungen der Schiedsrichter diskutiert, ganz besonders in den Partien VfL Bochum – Borussia Dortmund (1:1) und 1. FSV Mainz 05 – FC Schalke 04 (2:3). Diesmal dagegen ging es für die Unparteiischen ruhiger zu – auch deshalb, weil potenziell kontroverse Entscheidungen am Ende keinen wesentlichen Einfluss darauf hatten, wie die jeweilige Begegnung ausging. Es liegt nun einmal in der Natur der Sache, dass die Aufregung umso größer ist, je stärker sich eine Entscheidung auf den Verlauf und das Ergebnis eines Aufeinandertreffens auswirkt. So etwas wie „Spielglück“ brauchen manchmal auch die Referees. Das hatten sie an diesem Spieltag.

Im einseitigen Spiel zwischen Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach (5:2) gab Schiedsrichter Daniel Schlager, der mit der Partie insgesamt wenig Mühe hatte, auf beiden Seiten je einen Strafstoß, den man im englischen Sprachraum als „soft penalty“ bezeichnen würde, als „weichen Elfmeter“ also, der auf einer strengen Auslegung der Regeln beruht. Sowohl beim Einsatz von Florian Neuhaus gegen Sébastien Haller im Gladbacher Strafraum in der 17. Minute als auch beim Einsatz von Giovanni Reina gegen Ramy Bensebaini im Strafraum des BVB nach 73 Minuten kam es zu leichten Kontakten im Beinbereich, nach denen die ballführenden Angreifer zu Boden gingen.

Darüber, ob diese nicht sehr klaren Impulse ausschlaggebend dafür waren, dass der jeweilige Gegner zu Fall kam, lässt sich streiten. Weiterspielen zu lassen, wäre in beiden Situationen jedenfalls ebenso vertretbar gewesen – und angesichts von Schlagers insgesamt nicht sonderlich kleinlicher Linie bei der Bewertung von Zweikämpfen sogar die passendere Option. Dass Video-Assistent Tobias Reichel nicht eingriff, war gleichwohl angemessen, denn die Entscheidungen waren nicht klar und offensichtlich falsch. Und da sich die beiden Fälle ähnelten, war es zumindest konsequent, sie auch gleich zu bewerten.

Badstübner in Leipzig vor Qual der Wahl

Wenn RB Leipzig die Begegnung gegen den SV Werder Bremen nicht durch einen späten Treffer noch mit 2:1 gewonnen hätte, wäre vermutlich auch dort über eine Entscheidung des Unparteiischen intensiv debattiert worden. Schiedsrichter Florian Badstübner hatte nach 68 Minuten im Anschluss an ein On-Field-Review das vermeintliche Führungstor der Gastgeber durch Christopher Nkunku annulliert, weil er einen Einsatz von Mohamed Simakan gegen Leonardo Bittencourt in der vorangegangenen Angriffsphase nach dem Betrachten der Bilder am Monitor als Foulspiel bewertet hatte. Der Leipziger hatte seinem Gegenspieler bei dessen Ballannahme in der Mitte der Leipziger Hälfte einen leichten Schubser in den Rücken versetzt, Bittencourt war daraufhin zu Boden gegangen. Der Ball gelangte zu den Hausherren, die schnell umschalteten und schließlich trafen.

Leichtes aber bewusstes Schieben, dann Ballbesitz 

Der Impuls gegen den Rücken des Bremers war einerseits rein gegnerorientiert, andererseits nur von minderer Intensität, weshalb es fraglich ist, ob er ursächlich dafür war, dass Bittencourt fiel. Trotzdem hätte eine sofortige Freistoßentscheidung für Werder im Mittelfeld wohl für den geringsten Gesprächsbedarf gesorgt. Der gut postierte Referee Badstübner ließ jedoch weiterspielen – was ebenfalls keineswegs abwegig war – und sah sich schließlich nacheinander Protesten beider Teams ausgesetzt: erst denen der Bremer nach der Torerzielung, dann denen der Leipziger nach dem On-Field-Review. Dadurch, dass Nkunku traf, bekam Simakans Armeinsatz nachträglich eine Bedeutung, die wesentlich größer war als der Einsatz selbst.

Wenn man davon ausgeht, dass der Schiedsrichter, der den Zweikampf im Blick hatte, den Kontakt auf dem Feld wahrgenommen und bewertet hat, dann war der Eingriff des VAR nicht angebracht, weil es nicht eindeutig falsch war, weiterspielen zu lassen, sondern eine Ermessensfrage. In der Review Area hatte Florian Badstübner schließlich die undankbare Aufgabe, die Situation neu bewerten und sich in einem Graubereich festlegen zu müssen. Dabei stand er vor der Wahl, sich hernach entweder von den Leipzigern fragen zu lassen, warum er einen leichten Kontakt 13 Sekunden vor dem Tor ahndet, oder von den Bremern, warum er ein klares Stoßen, in dessen Folge ein Gegentor fällt, nicht bestraft.

In Stuttgart sind beide Strafstöße vollauf berechtigt

Auch in der Begegnung VfB Stuttgart – Bayer 04 Leverkusen (1:1) kam es zu einer Intervention des Video-Assistenten, die jedoch für weniger Kontroversen sorgte. Nach 67 Minuten schlugen die Gäste eine hohe Flanke in die Mitte des VfB-Strafraums, dort klärte der Stuttgarter Verteidiger Dan-Axel Zagadou per Kopf. Das hatte Torwart Fabian Bredlow anscheinend so nicht erwartet – er war aus seinem Tor geeilt, um den Ball aus dem Strafraum zu fausten. Doch statt des Balls, den Zagadou erreichte, traf er den Kopf des Leverkuseners Edmond Tapsoba, der daraufhin liegen blieb und behandelt werden musste.

Schiedsrichter Frank Willenborg hatte den Vorgang offenbar nicht wahrgenommen oder als Zusammenprall von Bredlow und Tapsoba bewertet, er ließ jedenfalls weiterspielen. VAR Günter Perl empfahl ihm jedoch ein On-Field-Review, danach entschied der Unparteiische richtigerweise auf Strafstoß für die Gäste, außerdem verwarnte er den Keeper. Bereits in der 55. Minute hatte Willenborg auf der anderen Seite einen Elfmeter gegeben, auch das zu Recht und in diesem Fall ohne Konsultation des VAR: Als Exequiel Palacios im Leverkusener Strafraum zu spät kam und Wataru Endo durch ein Beinstellen zu Fall brachte, war ein Pfiff unausweichlich, und er kam auch sofort.

Ebenfalls korrekt vom Referee war es, in der Nachspielzeit nach einem Zweikampf zwischen Tapsoba und Serhou Guirassy kurz vor dem Strafraum der Gäste nicht auf Freistoß für den VfB in zentraler Position zu entscheiden. Ein Freistoßpfiff hätte zudem die Rote Karte für den Leverkusener zur Folge gehabt, denn dann hätte die Vereitelung einer offensichtlichen Torchance vorgelegen. Doch weder die leichte Berührung an der Schulter von Guirassy noch der geringfügige Kontakt am Oberschenkel waren ausschlaggebend dafür, dass der Stuttgarter Angreifer zu Fall kam. Er verlor vielmehr von sich aus das Gleichgewicht – was Frank Willenborg wiederum gut erkannte. Die „Big Points“ gingen damit sämtlich an den Schiedsrichter.

Quelle: ntv.de

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