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DFB-Schiedsrichterchef räumt Fehler ein


Im Dialog über einen Elfmeter, der keiner war: Schiedsrichter Christian Dingert (r.) entschied nach einem vermeintlichen Handspiel von Jerome Boateng auf Elfmeter
Quelle: dpa/Angelika Warmuth

Viele Fußballfans ärgern sich über die unterschiedliche Auslegung bei Handspielen im Strafraum. Schiedsrichter-Chef Fröhlich spricht offen über Versäumnisse. Er sei selbst irritiert und kündigt Veränderungen an.

Der Frust war groß. Und zwar in vielen Stadien, in denen am Samstag Fußball gespielt wurde. Das Dauerärgernis Handspiel erlebte am Wochenende einen neuen Höhepunkt. Für Irritationen und Unmut sorgt vor allem die Auslegung des Handspiels. Lutz Michael Fröhlich, Chef der deutschen Schiedsrichter, räumt ein, dass Handlungsbedarf besteht.

Herr Fröhlich, aufgrund einiger Fehlentscheidungen gab es am Samstag viele erhitzte Gemüter. Die Auslegung der Handregel, bemängeln viele, sei mittlerweile völlig willkürlich.

Lutz Michael Fröhlich: Wichtig ist erst einmal, dass man die Vorgänge voneinander trennt. Das Vergehen in Berlin ist kein Auslegungsproblem. Da handelt es sich, wenn man so will, um eine Unaufmerksamkeit des Videoassistenten, der diese Szene schlichtweg nicht wahrgenommen hat. Obwohl es unser Anspruch ist, so etwas zu erkennen. Bei den Situationen in Bremen und München stellt sich das anders dar.

Sie meinen das nicht geahndete Handspiel des Dortmunders Götze in Bremen und das geahndete von Boateng in München.

Fröhlich: Ja. Die Situation in Bremen ist aus unserer Sicht korrekt bewertet worden. Der Arm ist dicht am Körper, keineswegs abgespreizt, und der Ball fällt runter an diesen Arm. Das ist kein strafbares Handspiel. Diese Entscheidung sollte als Orientierung für eine richtige Auslegung stehen. In München ist der Arm ebenfalls dicht am Körper und nicht abgespreizt und dreht eher noch aus der Flugrichtung des Balles heraus. Die richtige Auslegung wäre gewesen, das nicht als strafbar einzuordnen. Die unterschiedliche Handhabung in diesen vergleichbaren Situationen sollte es nicht geben, das irritiert.

Was?

Fröhlich: Bei den letzten beiden Schiedsrichter-Seminaren haben wir das Handspiel intensiv besprochen – und zwar ohne Graubereiche. Es wurde ganz klar gesagt, was strafbar ist und was nicht. Wir haben ungefähr 35 Szenen analysiert, und es gab eigentlich keine offenen Fragen. Deshalb sind wir nun irritiert und auch etwas enttäuscht über die unterschiedlichen Entscheidungen in vergleichbaren Situationen. Aber offenbar scheint es den Beteiligten noch immer nicht klar zu sein, was ein Handspiel ist. Uwe Hünemeier, Spieler vom SC Paderborn, twitterte am Samstag: „Die Arme kannste mittlerweile besser vor dem Spiel abschrauben oder hinter dem Rücken anbinden, um kein Handspiel mehr zu machen.“

Fröhlich: Natürlich soll es so nicht sein.

 Aber wie dann?

Fröhlich: Noch mal, weder in Bremen noch in München handelte es sich um ein strafbares Handspiel. Der Arm ist jeweils nur minimal rausgegangen. Auch ist es nicht strafbar, wenn ein Spieler reingrätscht und den Ball an den Arm bekommt, auf den er sich abstützt. Das Vergehen in Berlin ist dagegen ein Paradebeispiel für ein strafbares Handspiel. Klar ist, wir müssen mit den Schiedsrichtern noch einmal reden. Sie müssen das, was wir mit ihnen besprechen, auch auf den Platz bringen. Nicht jeder Schiedsrichter setzt es gerade konsequent um.

Offenbar besteht aber Handlungsbedarf, für alle Beteiligten noch einmal klar zu formulieren, was ein Handspiel ist.

Fröhlich: Die Handspielauslegung und auch der Videoassistent werden die Schwerpunktthemen für die Saisonvorbereitung sein. Diesbezüglich müssen wir zielgerichteter an die Schiedsrichter ran, die das Handspiel falsch auslegen und somit negative Referenzfälle liefern, sodass das ganze System in der Öffentlichkeit immer wieder infrage gestellt wird.

[Welt/SID]

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