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Nur einmal fehlt der Platzverweis

Am achten Spieltag der laufenden Bundesliga-Saison war es insgesamt ruhig um die DFB-Schiedsrichter. Im Freitagsspiel nahm Schiedsrichter Stieler einen Treffer von Mane zurecht nach On-Field-Review zurück. In Köln wartete man jedoch nach einem üblen Foul von Duda gegen Özcan vergeblich auf den Gang von Osmers zum Bildschirm.

FC Bayern München – Bayer 04 Leverkusen 4:0 (SR: Tobias Stieler)

In der 56. Minute treffen die Bayern zum ersten Mal zum 4:0, doch der Treffer von Sadio Mane wird nach einem VAR-Review von Schiedsrichter Stieler aberkannt. Und das vollkommend zurecht. Den nach einem Eckball der Bayern kommt es zum Luftzweikampf zwischen de Ligt und Kossounou. Der Leverkusener trifft den Ball, während der Münchner seinen Kopf wuchtig gegen den des Gegenspielers stößt. Klar will de Ligt hier zum Ball gehen und diesen vermutlich auch spielen, am Ende ist es aber einfach ein Foulspiel, welches geahndet werden muss. Den Treffer deshalb abzuerkennen ist die einzig nachvollziehbare Entscheidung in dieser Szene. [TV-Bilder ab Minute 3:44]

 

1. FC Köln – Borussia Dortmund 3:2 (SR: Harm Osmers)

In der ersten halben Stunde ging es im Duell zwischen dem FC und dem BVB ganz schön zur Sache. Erst sah der Köllner Hübers für ein absolut rücksichtsloses Foul an Modeste die gelbe Karte, dann kam es zu einem zweiten harten Foul vom Köllner Duda an Özcan. Osmers greift auch hier in die vordere Hosentasche und zückt Gelb. Während ich bei der ersten Verwarnung für Hübers grundsätzlich noch mitgehe, ist das Foul von Duda drüber und für mich als brutales Foulspiel mit einer roten Karten zu ahnden. Aber wie so oft im Fußball handelt es sich hier nicht um eine faktische Entscheidung. Es gibt sowohl Argumente für eine Verwarnung als auch für einen Feldverweis.

Ohne Chance, an den Ball zu kommen, springt Ondrej Duda seinem Gegenspieler von hinten in die Kniekehle. (Bild: Screenshot DAZN)

In der Szene verliert der Köllner zunächst den Ball gegen den Dortmunder. Der legt sich diesen etwas vor und in dem Moment springt Duda ihm von hinten recht rüde in die Beine. Das alleine ist kein pauschales Argument für eine rote Karte, die Kombination aus Trefferbild und Intensität sorgt auf alle Fälle für eine starke Begründung. Gegen einen Platzverweis spricht, dass es sich hier nicht um einen Volltreffer handelt. Der Treffer ist zwar in der Kniekehle und der Wade da, er trifft ihn aber zunächst eher nur mit der Fußspitze. Der Ball ist außerdem zwar ein Stück weit weg, aber auch nicht komplett abseits des Spielgeschehens (was eine Tätlichkeit oder Nachtreten in der Szene mal ausschließt, ein grobes Foulspiel als Grund für einen Feldverweis auf Dauer jedoch nicht). In der Summe spricht hier aber deutlich mehr für die rote Karte. Das grundsätzliche Einsteigen des Spielers ist in dieser Szene nicht dem Ball, sondern nur dem Gegenspieler gerichtet. Er trifft diesen, wenn auch nicht voll, locker 20cm über dem Boden in der Kniekehle und oberen Wade. Die Verletzungsgefahr ist hier bei Özcan absolut gegeben.

Ist die Entscheidung von Harm Osmers klar und offensichtlich falsch? Vermutlich nein, dennoch ist Rot für mich die deutlich bessere Entscheidung. Und mittlerweile sollen Eingriffe ja auch getätigt werden, wenn es eine klar nachvollziehbarere Entscheidung gibt. Das ist für mich hier der Fall. Besonders wenn Osmers hier auf dem Feld nicht die volle Wahrnehmung der Szene hatte, wäre ein On-Field-Review doch eine gute Empfehlung von VA Marco Fritz gewesen. Denn am Ende wäre hier in der öffentlichen Meinung Rot die akzeptiertere Entscheidung gewesen. Genau auflösen lässt sich das aber nur vom DFB selber mit dem Funkverkehr zwischen Köln-Müngersdorf (Stadion 1. FC Köln) und Köln-Deutz (VAC). [TV-Bilder ab Minute 1:23]

Fazit: Insgesamt mal wieder ein besseres Wochenende für die DFB-Schiedsrichter in der 1. Bundesliga. Die Spiele wurden ruhig geleitet, ein absoluter Großteil der spielentscheidenden Szenen wurde korrekt bewertet. Einziges Manko am achten Spieltag ist der fehlende Platzverweis für Duda, aber auch hier gibt es einen Ermessensspielraum für Schiedsrichter Osmers.

Simon Schmidt

Sportjournalist Simon Schmidt aus Bayern stieg 2020 bei IG Schiedsrichter ein. Seither ist er Mitglied des Kompetenzteams. In seiner Freizeit engagiert er sich als Fußball-Schiedsrichter und ist leidenschaftlicher Fußball-, Formel 1- sowie Technik-Fan.

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