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Verwarnung für Becherwerfer vom Tivoli

Als Werner Melzer zu seinem großen Wurf ausholte, bekamen das etwa 6900 Zuschauer mit. So viele Zuschauer waren jedenfalls im Tivoli an jenem herbstlichen Tag, als Alemannia Aachen gegen Borussia Mönchengladbach II spielte.

Die Anklage lautet Körperverletzung

Als der Becherwerfer jetzt wieder in der Öffentlichkeit erschien, waren nur ein paar Zuschauer gekommen, sie verfolgten die juristische Nachspielzeit, die am Amtsgericht Aachen stattfand. Der 28-Jährige war dort wegen Körperverletzung angeklagt. Der Familienvater hatte sich bereits im Vorfeld mit dem betroffenen Schiedsrichter auf ein Schmerzensgeld von 800 Euro verständigt, zudem erstattete er auch dessen Arbeitgeber den Lohnausfall. Der Linienrichter war einige Tage wegen Schwindelanfällen und Prellungen arbeitsunfähig.

Trotz Privatinsolvenz hatte der Angeklagte den vierstelligen Betrag zusammengetragen. Felix Weller teilte zudem mit, er habe kein Interesse mehr an einer gesonderten Strafverfolgung. Schon im Januar hatte er dem Angeklagten seine E-Mail-Adresse zukommen lassen, die schriftliche Entschuldigung stand aber noch aus, als jetzt die Verhandlung „angepfiffen“ wurde.

Melzer leistet längst auch bei der Alemannia unbefristet Sozialstunden ab, um den Schaden zu kompensieren. Fans hatten zudem für den Becherwerfer Becherpfand gesammelt und die Summe von 6400 Euro gespendet, Melzer selbst hat zudem einen kleinen Zahlungsplan mit dem Verein vereinbart. „Wir haben es hier sicher mit keinem Schwerstkriminellen zu tun, er wollte niemanden treffen“, stellte seine Verteidigerin Tanja Tomasso fest. Melzer kündigte jedenfalls an: „So etwas wird mir nie wieder passieren.“

Richterin Astrid Kässens war milde gestimmt. Der nicht vorbestrafte Beschuldigte hatte nach anfänglichem Leugnen den Wurf eingeräumt, er bereue die Tat, habe sich beim Opfer gemeldet. Das alles waren Pluspunkte vor Gericht. Kässens jedenfalls könne sich eine Einstellung des Verfahrens gegen entsprechende Auflagen vorstellen, überlegte sie laut.

Dagegen regte sich der Widerstand der Staatsanwaltschaft. So ein Stadion sei kein rechtsfreier Raum, bei aller Emotion müssten Schiedsrichter geschützt werden. Zudem hatte der Anklagevertreter nach entsprechendem Videostudium erhebliche Zweifel, ob Melzer nicht doch gezielt in Richtung Linienrichter geworfen hätte. Er plädierte für eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen a 40 Euro.

Rechtsanwältin Tomasso hielt das geforderte Strafmaß für völlig überzogen. „Er hat einen Fehler gemacht, aber abweichend von vielen anderen Menschen stellt er sich den Folgen.“ Sie hielt eine Verwarnung mit Strafvorbehalt für angemessen. Und so fiel dann später auch das Urteil aus. Die Geldstrafe von 1500 Euro wird nur fällig, wenn Melzer während der einjährigen Bewährungszeit wieder auffällig wird. Ansonsten endete die juristische Nachspielzeit nach 30 Minuten mit einer Strafe, die der Sport kennt: Mit einer Verwarnung. Das Urteil wurde schnell rechtskräftig.

Alemannia-Fan Melzer kündigte an, den getroffenen Linienrichter noch um Entschuldigung bitten zu wollen.

Quelle: Aachener Zeitung 

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